60 Jahre Lichtwiese

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07.05.2024 von

Der heutige TU-Campus „Lichtwiese“ als Stätte für universitäres Lehren und Lernen zeugt von einem Phänomen des 20. Jahrhunderts – der Universität als Lehrinstitution für die breitere Bevölkerung.

Blick auf dem Campus Lichtwiese Anfang der 1970er-Jahre

In den 1950er Jahren stieg die Zahl der Studierenden an der damaligen Technischen Hochschule Darmstadt stark an. Dies führte zu Überlegungen, welche Maßnahmen gegen einen Platzmangel auf dem Campus in der Darmstädter Stadtmitte getroffen werden könnten. Vor mehr als 60 Jahren, am 28. Oktober 1963, legten die Stadt Darmstadt, das Land Hessen und die TH Darmstadt fest, auf der Lichtwiese ein neues Areal für die Hochschule zu erschließen.

Mit dieser Nutzung begann ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte des zwischen Nieder-Ramstädter Straße und der Odenwaldbahn-Trasse gelegenen Gebietes. Aus dem mittelalterlichen Waldgebiet auf Bessunger Gemarkung war in der Frühen Neuzeit durch Rodung ein großes Wiesengebiet entstanden. Im nördlichen Bereich, der „Nachtweide“, ließen damals Bessunger Bauern nachts ihr Vieh weiden. Der Name „Lichtwiese“ für den südlichen Teil soll auf die für den Pachtzins geforderten „Lichter“ in Form von Kerzen zurückgehen.

Maulbeerbaum-Anpflanzungen, Sportfelder und Verkehrsflugplatz

Das Gelände wurde vielfältig genutzt: Es gab zeitweise Maulbeerbaum-Anpflanzungen für eine Seidenraupenzucht. Ein Schützenverein fand hier seine Heimat, bevor von 1826an der städtische Friedhof angelegt wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts folgten Sportfelder für die Hochschule und den SV Darmstadt 98. Zwischen 1924 und 1934 war ein Verkehrsflugplatz in Betrieb. In dieser Zeit wurde die Lichtwiese auch als Flugwiese bezeichnet – und noch zwischen 1950 und 1962 fanden hier Wettbewerbe für Modellflugzeuge statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Georg-Büchner-Schule an der Nieder-Ramstädter Straße und ein Studentendorf am Lichtwiesenweg gebaut.

Von Juli 1967 an wurden die neuen Hochschulgebäude im Darmstädter Bausystem errichtet, einem vom Staatlichen Hochschulbauamt Darmstadt entwickelten modularen Fertigbauteil-System. 1969 wurde zunächst das Architekturgebäude fertiggestellt. Es folgten das Gebäude des Bauingenieurwesens (1970) sowie das Chemiequartier für die Physikalische und die Organische Chemie (1973) mit einem eigenen Hörsaalgebäude (1976). Zusätzlich entstanden Neubauten für den Maschinenbau (1974) mit dazugehörigen Versuchshallen (1976). Schon 1971 wurde die Lichtwiese ein weiterer Standort für die damalige Hochschul- und Landesbibliothek (HLB). Als letzter Teil des ersten Bauabschnitts wurde 1978 die Mensa fertiggestellt.

Seit 2013 Hörsaal- und Medienzentrum (HMZ)

Auch in den vergangenen Jahrzehnten wurde auf der 113 Hektar großen Fläche weitergebaut. Neben der Mensa steht seit 2013 das Hörsaal- und Medienzentrum (HMZ). Aktuell werden ein neues Institutsgebäude für die Mathematik errichtet sowie Neubauten beispielsweise für das Additive Manufacturing Center und für das Center for Reliability Analytics. Die Lichtwiesenbahn verbindet seit 2022 den Darmstädter Hauptbahnhof und die Innenstadt mit dem Campus Lichtwiese. Im Mai 2023 wurde die Fahrradwerkstatt „Radschlag“ eröffnet.

Die Lichtwiese ist ein TU-Standort, der aus dem heutigen Darmstädter Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist. Nicht nur befinden sich auf dem Campus die Fachbereiche Architektur, Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, Chemie, Maschinenbau sowie Material- und Geowissenschaften und das HMZ, sondern in unmittelbarer Nähe unter anderem auch ein Studierendenwohnheim und das Hochschulstadion. Ästhetisch ergänzt wird die Lichtwiese durch einen Skulpturengarten. Auch die Funktion als Naherholungsgebiet für die Darmstädter Bevölkerung erfüllt die Lichtwiese bis heute.

Der Autor ist studentische Hilfskraft im Universitätsarchiv der TU Darmstadt und studiert hier Geschichte M.A.

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