Prächtiger Bilderschmuck und ein goldenes Siegel

Film gibt seltene Einblicke in die Schätze der ULB

22.08.2013

Dunkel muss es sein, die Luftfeuchtigkeit muss stimmen und die Temperatur zwischen 16 und 18°C liegen – alte Dokumentenschätze werden in der Universitäts- und Landesbibliothek sorgfältig gelagert und gepflegt. Unter ihnen der Gero-Codex und die Goldene Bulle, die von der UNESCO zum Weltdokumentenerbe erklärt wurden.

2013 wurde die Goldene Bulle von der UNESCO als Weltdokumentenerbe ausgezeichnet. Die Urkunde in Buchform beinhaltet das Reichsgesetz des Heiligen Römischen Reiches von 1356, das auch die Wahl des Kaisers durch die Kurfürsten regelt. Weltweit gibt es noch sieben Exemplare.

Die Aufnahme in das UNESCO-Programm betrifft in Hessen neben dem Frankfurter Exemplar auch das in der Darmstädter ULB aufbewahrte ehemalige Kölner Exemplar. 2003 wurde der Gero-Codex, eine Sammlung von Evangelientexten für die Messe, zum Weltdokumentenerbe erklärt. Das Buch aus dem 10. Jahrhundert ist mit ganzseitigem Bilderschmuck und viel Gold und Purpur prächtig gestaltet.

Vollständig digitalisiert und online verfügbar sind sowohl Goldene Bulle wie Gero-Codex. Somit müssen die Stücke nur selten aus den Magazinen geholt werden, z.B. wenn Kunsthistoriker sich die Farben im Original anschauen müssen. Dann werden die alten Dokumente 24 Stunden lang an die klimatischen Bedingungen außerhalb der speziellen Magazine gewöhnt – sie machen Zwischenstation in einem extra dafür gebauten Klimaraum.

Bulle und Codex werden jedoch immer wieder von Museen angefragt und bei Ausstellungen gezeigt. Ganz aus der Nähe und in Ruhe kann man sich die Stücke im Film anschauen:

Der Gero-Codex, bereits seit 2003 Teil des Weltdokumentenerbes. Bild: Paul Glogowski
Der Gero-Codex, bereits seit 2003 Teil des Weltdokumentenerbes. Bild: Paul Glogowski

Film: Schätze der Bibliothek



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Die Goldene Bulle

Die Goldene Bulle von 1356 ist das von Kaiser Karl IV. erlassene Reichsgesetz, das bis 1806 gültig war. Seit 1803 ist es in Darmstadt und wurde 1987 von der ULB restauriert.

Die Goldene Bulle von 1356 ist eine Urkunde in Codexform, das heißt sie ist eine aufgrund ihrer Bedeutung und ihres Umfangs als Buch gebundene Urkunde. Sie enthält das von Kaiser Karl IV. erlassene Reichsgesetz, in dem unter anderem die Wahl des Kaisers durch die sieben Kurfürsten geregelt wurde. Dieses Reichsgesetz war bis 1806 gültig. Die Bezeichnung stammt von dem anhängenden Goldsiegel, der kaiserlichen Bulle.

Von der Goldenen Bulle sind heute sieben Exemplare erhalten. Das Exemplar für den Erzbischof von Köln befindet sich seit 1803 in Darmstadt. Es wurde im Juni 2013 zusammen mit den anderen erhaltenen Exemplaren in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.

Auf der ersten Seite des Darmstädter Exemplars befindet sich ein zusätzlicher Eintrag, der bezeugt, dass es sich um das Exemplar für den Kölner Erzbischof handelt: „… pro Archiepiscopo Coloniensi originaliter expedita“.

Das Dokument gelangte über das Kloster Wedinghausen (Arnsberg), heute Hochsauerlandkreis, damals kurkölnisches Westfalen, nach Darmstadt, wo es Ende des 18. Jahrhunderts mit weiteren wertvollen Dokumenten aus der Kölner Dombibliothek bzw. dem Domarchiv vor den napoleonischen Truppen in Sicherheit gebracht worden war. Darmstadt wurde nach diesem Krieg das kurkölnische Westfalen zugesprochen und somit nach der Säkularisation auch dessen Klosterbesitz.

Die Handschrift wurde 1987 in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB) fachgerecht restauriert und ist aufgrund ihres hohen Wertes und demzufolge seltenen Benutzung sowie der klimatisch optimalen Aufbewahrung in sehr gutem Zustand. Sie wird, wie alle Handschriften der ULB, in einem gesicherten Magazin gelagert, zu dem nur wenige Mitarbeiter Zutritt haben.

Das Magazin ist alarmgesichert und verfügt über eine Argon-Löschanlage. Das Klima ist auf die Materialien alter Bücher (Pergament, Leder, Hadern- u. Holzschliff-Papiere) eingestellt mit 16 bis 18°C und 50 bis 55 Prozent relativer Feuchte. Bei Bereitstellung für Nutzung oder eine Vorführung muss die Handschrift zuvor 24 Stunden in einem speziellen Klimaraum liegen, um dem Klima im Nutzungsbereich (22°C/46 bis 50 Prozent relat. Feuchte) angepasst zu werden.

Der Gero-Codex

Der Gero-Codex enthält Evangelientexte für die Heilige Messe und ist eine um 968 angefertigte Handarbeit von der Insel Reichenau. Trotz der langen Zeit ist der Originaleinband noch erhalten geblieben.

Der Gero-Codex ist eine äußerst wertvolle und prächtige Handschrift aus der Buchmalerschule des Klosters Reichenau. Sie wurde um 968/969 vermutlich vom Mönch Anno für den späteren Kölner Erzbischof Gero angefertigt.

2003 wurde der Gero-Codex gemeinsam mit weiteren mittelalterlichen Handschriften aus dem Skriptorium des Klosters Reichenau in die Liste des Weltdokumentenerbes der UNESCO aufgenommen.

Der Gero-Codex ist ein Evangelistar. Es beinhaltet eine Zusammenstellung von Evangelientexten für die Heilige Messe und wurde während der Liturgie genutzt. Der kostbare Bilderschmuck folgt dem im Früh- und Hochmittelalter üblichen Kanon der Bildreihenfolge der vier Evangelisten mit jeweils einer Schmuckseite, goldener Schrift auf purpurnem Grund und des thronenden Christus.

Hinzu kommen hier zwei Widmungsbilder, welche die symbolische Überreichung des Buches – als geweihter Gegenstand der Kirche – einmal durch Gero an Petrus und ein zweites Mal durch den Schreiber Anno an Gero darstellen. Ebenfalls hinzu kommen wertvolle Schmuckelemente mit hohem Goldanteil, die sich in Gestalt von Initialen (überdimensionalen ausgeschmückten Anfangsbuchstaben) durch die gesamte Handschrift hindurchziehen. Es gibt kaum eine Seite, die keinen Schmuck aufweist.

Der Codex wurde im Kloster Wedinghausen (Arnsberg) aufbewahrt. Nach Darmstadt kam er 1803, da das Kloster, heute Hochsauerlandkreis, damals kurkölnisches Westfalen, nach dem napoleonischen Krieg Darmstadt zugesprochen wurde.

Die Handschrift wird heute in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt unter der Signatur Hs. 1948 aufbewahrt.

Die Handschrift besitzt noch ihren originalen Einband, was bei mittelalterlichen Codices aus dieser frühen Zeit eher selten ist. Aufgrund ihres hohen Wertes und ihrer Einschätzung als besondere Kostbarkeit, woran sich gegenüber ihrem früheren Gebrauch in der Liturgie nicht viel geändert hat – amals einem Sakrament vergleichbar, heute ein Schatz der Bibliothek – ist der Codex trotz seines hohen Alters in gutem Erhaltungszustand. Er wird buchstäblich immer mit Samthandschuhen angefasst!

Wie alle Handschriften der ULB wird er in einem gesicherten Magazin gelagert, zu dem nur wenige Mitarbeiter Zutritt haben. Das Magazin ist alarmgesichert und verfügt über eine Argon-Löschanlage. Das Klima ist auf die Materialien alter Bücher (Pergament, Leder, Hadern- u. Holzschliff-Papiere) eingestellt mit 16 bis 18°C und 50 bis 55 Prozent relativer Feuchte.

Bei Bereitstellung für Nutzung oder eine Vorführung muss die Handschrift zuvor 24 Stunden in einem speziellen Klimaraum liegen, um dem Klima im Nutzungsbereich (22°C/46 bis 50 Prozent relativ. Feuchte) angepasst zu werden.

Weitere Schätze: Gladbacher u. Seligenstädter Evangeliar, Stundenbuch aus Gent

Das Gladbacher Evangeliar wurde um 1130 verfasst und 1805 an Großherzog Ludwig I vermacht, ebenso wie das Stundenbuch. Das mittelalterliches Gebetbuch wurde um 1520 in Gent verfasst. Das Seligenstädter Evangeliar wurde um 830 geschrieben und liegt seit 1811 in Darmstadt.

Das Gladbacher Evangeliar stammt aus der Benediktinerabtei St. Vitus, Mönchengladbach. Es wurde um 1130/1140 verfasst. Der Buchschmuck ist in kräftigen Farben ausgeführt, er besteht aus einer Majestas domini (thronender Christus), vier Evangelistenbildern, zwei Initialseiten sowie Kanontafeln. Der Einband des Gladbacher Evangeliars stammt aus dem Spätmittelalter (spätes 15. Jahrhundert). Ein besonderes Merkmal der Handschrift sind die Signaturen aus der Klosterzeit auf dem Buchschnitt.

Das Evangeliar kam in der Sammlung des Kölner Barons von Hüpsch nach Darmstadt. Von Hüpsch vermachte 1805 über 1000 Handschriften und viele Inkunabeln an Großherzog Ludwig I.

Das Seligenstädter Evangeliar stammt aus der Sakristeibibliothek des Klosters der Heiligen Marcellinus und Petrus in Seligenstadt am Main und wurde vermutlich um 830 in Lorsch geschrieben. Es wurde in karolingischen Minuskeln verfasst und ist ein eindrucksvolles Beispiel für die von Karl dem Großen verordnete, gut lesbare „Reichsschrift“.

Anders als die reich illustrierten Handschriften der Zeit ist das Seligenstädter Evangeliar als Texthandschrift gestaltet, allerdings in hoher kalligraphischer Qualität mit einigen schlichten Initialen. Berühmt ist der Einband aus dem 16. Jahrhundert mit einem Metallrelief mit drei vergoldeten Figuren – Christus umgeben von zwei Heiligengestalten.

Vor 200 Jahren (1811) wurde die einstige Klosterbibliothek von Seligenstadt in die Großherzogliche Bibliothek nach Darmstadt transferiert. Heute gehört das Seligenstädter Evangeliar zu den Beständen der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt

Das Stundenbuch stammt aus Gent und wurde um 1520 verfasst. Es ist ein spätmittelalterliches Gebetbuch mit reichem Bilderschmuck, der zum Teil von dem bekannten Maler Simon Bening (1483–1561) stammt. Das Stundenbuch ist sehr aufwändig gearbeitet: Jede Seite ist mit vergoldeten Initialen verziert.

Das Stundenbuch kam in der Sammlung von Hüpsch nach Darmstadt.

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