Elektromagnetische Sensoren treffen Biomedizin
Schwerpunktprogramm ESSENCE erforscht neuartige Sensorkonzepte
11.03.2016 von Hildegard Kaulen
Sie öffnen Türen, parken Autos ein und ermitteln Füllstände – elektromagnetische Sensoren. Warum sollten sie nicht auch Moleküle, Zellen oder Tumore detektieren, untersuchen oder behandeln können? Das deutschlandweite Schwerpunktprogramm ESSENCE klärt diese Frage in zehn Teilprojekten.
Hinter den Professoren Rolf Jakoby, Christian Damm und Ulrich Göringer liegen drei anstrengende Jahre. Den drei Koordinatoren des ist es gelungen, Dutzende von Projektpartnern zu gewinnen und die Deutsche Forschungsgemeinschaft davon zu überzeugen, in den kommenden sechs Jahren bis zu zehn Millionen Euro in die Erforschung elektromagnetischer Sensoren für die Biomedizin zu stecken. Schwerpunktprogramms ESSENCE
Die Forscher betreten damit Neuland. Die beteiligten Wissenschaftler werden untersuchen, wie sich elektromagnetische Wellen im Mikro-, Millimeter- und Terahertz-Wellenbereich auf einzelne Moleküle, Zellen oder Zellverbände auswirken und welche Verwendungsmöglichkeiten sich daraus für die Lebenswissenschaften ergeben. Die Ideen reichen von der schnellen und berührungslosen Diagnostik am Krankenbett bis zur Therapie von Krebs- und Gefäßerkrankungen. leitet an der TU Darmstadt das Institut für Mikrowellentechnik und Photonik, Professor Rolf Jakoby Schwerpunkt am Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik sind Terahertz-Sensoren, Professor Christian Damms gehört zum Fachbereich Biologie. Professor Ulrich Göringer
Die Idee entstand vor drei Jahren. Damals untersuchten Professor Damm, Dr. Martin Schüßler und Dr. Margarita Puentes, wie die elektromagnetischen Wellen spezieller Sensorstrukturen mit künstlichen Geweben wechselwirken. Und sie registrierten messbare Unterschiede zwischen den verschiedenen Geweben. „Wir haben uns natürlich sofort gefragt, ob ein elektromagnetischer Sensor auch Krebszellen, resistente Bakterien oder Biomoleküle zuverlässig erkennen kann“, sagt Jakoby. „Das Potenzial wäre enorm“. Den Elektrotechnikern war aber auch von Anfang an klar, dass dieses Potenzial nur in enger Kooperation mit Medizinern und Biologen ausgelotet werden kann. Deshalb ist das Schwerpunktprogramm grundsätzlich interdisziplinär ausgerichtet.
Im Gespräch mit Professor Thomas Vogl
ist Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Gemeinsam mit Professor Rolf Jakoby und dessen Team an der TU Darmstadt entwickelt Professor Vogl einen dualen Mikrowellen-Applikator, der Tumore in der Leber erkennen und behandeln soll. Professor Thomas Vogl
Herr Professor Vogl, warum beteiligen Sie sich an dem Projekt?
Wir haben uns an diesem innovativen Projekt beteiligt, weil die Mikrowellentechnologie eines der spannendsten Zukunftsprojekte sein wird, auch für die Biomedizin. Für die transnationale Forschung ist zudem das Ineinandergreifen von Grundlagenforschung und präklinischer und klinischer Evaluation ungeheuer wichtig.
Wie erleben Sie die Kooperation mit den Kollegen der TU Darmstadt?
Wir haben bereits im Vorfeld und bei der gemeinsamen Antragstellung exzellent zusammengearbeitet – durch Teamgeist und durch die überzeugende und nachhaltige Bereitschaft zur Kooperation auf beiden Seiten. Jakoby und sein Team bestechen durch Ideenreichtum, Expertise und ihre enorme Erfahrung in der Mikrowellentechnologie.
Welche Ergebnisse erwarten Sie während der Förderung durch die DFG?
Wir erwarten die stufenweise Weiterentwicklung der bisherigen Basisapplikation hin zu einem experimentell und klinisch einsetzbaren System. Wir werden unsere Expertise in der In-Vivo-Charakterisierung von normalem und pathologischen Gewebe und der bildgestützten minimal-invasiven Therapie in diese Kooperation einbringen.
Wann könnte der neuartige Mikrowellen-Applikator in die Klinik kommen?
Wir erwarten, dass wir in drei Jahren erste klinischen Untersuchungen und Therapien starten können.