Leidenschaftlich für digitale und gedruckte Medien

Direktor der ULB Darmstadt in den Ruhestand verabschiedet

20.09.2017 von

Der Leitende Bibliotheksdirektor der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Dr. Hans-Georg Nolte-Fischer, ist nach 18 Jahren Amtszeit feierlich in den Ruhestand verabschiedet worden. Sein Nachfolger ist Professor Dr. Thomas Stäcker, bisher Stellvertretender Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Er zählt zu den profiliertesten Persönlichkeiten unter den Leiterinnen und Leitern von Universitätsbibliotheken in Deutschland. Dass sich der Europäische Gerichtshof im Jahr 2014 mit der Praxis der Digitalisierung von Lehrbüchern befasste und ein wegweisendes Urteil zum Urheberrechtsgesetz fällte , ist maßgeblich ihm zu verdanken: Dr. Hans-Georg Nolte-Fischer, 1999 als Leiter der damaligen Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek, heute Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Darmstadt, berufen, ist mit einer akademischen Feier und einer Festschrift in den Ruhestand verabschiedet worden.

Hohe Service-Standards waren für Nolte-Fischer von Anfang an wichtig: Bereits nach vier Monaten Amtszeit ließ der neue Bibliotheksdirektor die Öffnungszeiten der Ausleihe in der damals im Residenzschloss beheimateten Bibliothek verlängern. Schritt für Schritt integrierte er die ULB in die TU Darmstadt und baute sie zu einer dienstleistungsorientierten, modernen und stark frequentierten wissenschaftlichen Bibliothek aus.

In seine Amtszeit fallen die Einführung der Sonntagsöffnung und später der 24-Stunden-Öffnung im Neubau sowie der Bezug zweier neuer Bibliotheksgebäude. „Wegweisend war auch der kontinuierliche Auf- und Ausbau des Angebots elektronischer Medien“, hob die Vizepräsidentin der TU Darmstadt für wissenschaftliche Infrastruktur, Professorin Andrea Rapp, in ihrer Rede hervor. „Sowohl das breite Sortiment an eBooks und E-Journalen als auch die Anzahl der innovativen internen digitalen Eigenentwicklungen wie TUfind oder TUkart sind beeindruckend“, so Rapp. Gleichzeitig stärkte der Bibliotheksdirektor die Bestandserhaltung für das historisch wertvolle Material aus den Zeiten der früheren Landesbibliothek und großherzoglichen Bibliothek.

Leistungsfähiges, funktional einschichtiges Bibliothekssystem

Im engen Zusammenspiel mit dem Präsidium der TU Darmstadt setzte Nolte-Fischer mit seinen 135 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Plan um, das traditionelle zweischichtige Bibliothekssystem der TU Darmstadt mit einer Zentralbibliothek und einer Vielzahl kleiner und kleinster Bibliotheken in den Fachbereichen und Instituten zu konzentrieren und zu einem leistungsfähigen, funktional einschichtigen Bibliothekssystem zu entwickeln.

Die beiden Neubauten Magdalenenstraße (Campus Innenstadt) und Hörsaal- und Medienzentrum (Campus Lichtwiese) ermöglichten es, die verteilt aufgestellten Bestände und das bibliothekarische Personal der Fachbereiche zu bündeln. Durch die Einführung von fachlich für alle Bereiche der Medienbearbeitung zuständigen Teams behielt das wissenschaftliche Personal der Fachbereiche seine bekannten Ansprechpersonen für Anschaffungswünsche und andere Anfragen zu den Angeboten der ULB.

Die juristische Auseinandersetzung um die Auslegung des Paragraphen 52b Urheberrechtsgesetz, die Nolte-Fischer für die beklagte TU Darmstadt erfolgreich führte, beschäftigte den Bundesgerichtshof und schließlich den Europäischen Gerichtshof; dessen Entscheidung erlangte aufgrund seiner Bedeutung für Wissenschaft und Forschung bundesweite Aufmerksamkeit.

„Es ist unverkennbar, dass die Rechtsprechung in die Novellierung des am 1. März 2018 in Kraft tretenden neuen Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetzes eingeflossen ist“, betonte TU-Vizepräsidentin Rapp. „Dem scheidenden Bibliotheksdirektor ist die Durchsetzung der elektronischen Leseplätze in wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland zu verdanken, auch damit hat er sich höchste Anerkennung von den Kolleginnen und Kollegen aus den Bibliotheken in Deutschland erworben“, so Rapp, die auch Nolte-Fischers Gutachtertätigkeit in der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie dessen Engagement als Sektionsvorstand im Deutschen Bibliotheksverband hervorhob.

„Dr. Nolte-Fischer übergibt ein sehr gut bestelltes Haus an seinen Nachfolger, der weiterhin im Schulterschluss mit der Forschung die Digitalen Services für die Nutzerinnen und Nutzer weiterentwickeln wie auch den Altbestand erschließen kann“, sagte Professorin Rapp.

1999-2017: Leitender Bibliotheksdirektor der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt (ab 2004 Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt)

1993-1999: Stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek Marburg, Leiter der Teil-Bibliothek Physik.

1984-88 nach Abschluss des Studiums der Physik, Politik- und Erziehungswissenschaften: bibliothekarische Berufslaufbahn in Marburg, wissenschaftlicher Betreuer der Bibliothek des Instituts für Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität, Ausbildung zum höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken, 1988 Promotion im Fach Erziehungswissenschaften.

2009-2017: Stellvertretender Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Leiter der Abteilung Neuere Medien, Digitale Bibliothek

seit 2017: Nebenamtlicher Professor für Digital Humanities an der Fachhochschule Potsdam

1998-2017: Bibliothekar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Abteilung Alte Drucke und Digitalisierung)

1997-1998: Bibliothekar an der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden

1983-94: Studium der Philosophiegeschichte und Latein an der TU Braunschweig, der University of Essex und der Universität Osnabrück, Promotion 1994

Bisherige Tätigkeitsschwerpunkte: Organisation und strategische Entwicklung Integrierte Medienbearbeitung, Digitale Bibliothek; Digital Humanities; Akquise und Betreuung von Digitalisierungs- und Erschließungsprojekten

Forschungsinteressen: Digitalisierung des kulturellen Erbes; Digitale Editionen; Digitale Publikationen; Semantic Web; Buch- und Bibliotheksgeschichte

  • 1,3 Millionen Besucherinnen und Besucher
  • 575.800 Nutzerinnen und Nutzer des Lesesaals
  • 586.350 Ausleihen
  • 20.900 Auskunfts-Anfragen
  • ca. 4,5 Millionen Zugriffe auf einzelne Seiten der digitalen Sammlungen
  • ca. 1 Million Zugriffe auf den Publikationsservice der Bibliothek (TUprints)

Bestand:

  • 4,6 Millionen Druckwerke, davon 2,27 Millionen Bücher und Zeitschriften
  • 493.000 Elektronische Medien (ohne Zeitschriften)
  • 28.550 fortlaufend erscheinende Zeitschriften, davon 25.800 elektronisch
  • 13.694 Handschriften
  • 4,05 Millionen Euro Ausgaben für Erwerbungen, davon fast drei Viertel für elektronische Medien
  • 213 Bücher und 171 Graphiken restauriert