Denken am Computer abbilden

Internationale K0GW1S-Tagung 2018

22.08.2018 von

Wahrnehmen, Denken, Handeln – wie funktioniert das? Und lassen sich diese Prozesse am Computer nachbilden? Vom 3. bis zum 6. September treffen sich rund 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fachgebiete an der TU Darmstadt, um Fragen aus dem Bereich der Kognitionswissenschaft nachzugehen.

Die kognitive Alltagsaufgabe „Marmeladenbrot zubereiten“ im Rahmen einer Computer-Modellierung: Abgebildet ist die Blickverfolgung beim Ausführen der Aufgabe aus der Ich-Perspektive. Bild: AG Psychologie der Informationsverarbeitung
Die kognitive Alltagsaufgabe „Marmeladenbrot zubereiten“ im Rahmen einer Computer-Modellierung: Abgebildet ist die Blickverfolgung beim Ausführen der Aufgabe aus der Ich-Perspektive. Bild: AG Psychologie der Informationsverarbeitung

Die Kognitionswissenschaft ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Sie entstand in den späten fünfziger Jahren gleichzeitig mit der Künstlichen Intelligenz (KI), deren Zwillingswissenschaft sie seither ist. Während die KI intelligente Maschinen und Computerprogramme entwickelt, so benutzt die Kognitionswissenschaft Prinzipien der Informationsverarbeitung und deren algorithmische Implementationen in Computerprogrammen, um menschliche Intelligenz zu verstehen und zu erklären. Diese Beziehung bildet auch das zentrale Thema der diesjährigen K0GW1S-Konferenz: „Computational Approaches to Cognitive Science“.

Wir haben vorab mit dem wissenschaftlicher Leiter des Centre for Cognitive Science (CCS) und Verantwortlichen der K0GW1S 2018, Professor Constantin Rothkopf, gesprochen.

Warum ist die TU Darmstadt ein attraktiver Standort für eine Kognitionswissenschafts-Konferenz?

Das CCS an der TU Darmstadt versammelt Experten, die in ihrer Forschung besonders die Computer-Modellierung intelligenten, adaptiven Verhaltens in den Vordergrund stellen – sowohl in technischen Systemen als auch beim Menschen. Insbesondere trägt hierzu die internationale Forschungsstärke der KI in Darmstadt bei. Auch deshalb wird es ab kommendem Jahr neue Bachelor- und Master-Studiengänge „Cognitive Science“ an der TU geben.

Die Kognitionswissenschaft deckt ein breites Spektrum an Fachgebieten ab. Was ist das verbindende Element der sehr verschiedenen Konferenzteilnehmer?

Zu der Konferenz versammeln sich Forscher, die traditionell unterschiedlichen Disziplinen zugerechnet werden, so unter anderem der Psychologie, der Informatik, der Biologie, der Linguistik und der Philosophie. Diese beschäftigen sich wissenschaftlich mit Vorgängen des Wahrnehmens, Denkens und Handelns, des Verstehens, des Erinnerns und anderer Tätigkeiten des Gehirns. Sie untersuchen, wie Menschen diese mentalen Leistungen vollbringen (experimentelle Psychologie), wie kognitive Leistungen auf einem Rechner simuliert werden können (kognitive Modellierung), welche Vorgänge im Gehirn daran beteiligt sind (Neurowissenschaft), wie Phänomene des Bewusstseins oder der Selbstreflektion erklärbar sind (Philosophie), wie sich dieses Wissen bei der Gestaltung und Optimierung von Mensch-Maschine-Systemen nutzen lässt (kognitive Ergonomie) oder wie Computer ähnlich intelligente Leistungen vollbringen können (künstliche Intelligenz). Das verbindende Element ist, dass mentale Leistungen den Prinzipien der Informationsverarbeitung folgen müssen.

Welche Ergebnisse und Erkenntnisse können wir von der Konferenz erwarten?

Wir erwarten eine breite wissenschaftliche Auseinandersetzung, die unter anderem durch die internationale Beteiligung an der Konferenz getragen wird. Exemplarisch sei ein aktuelles Thema in Wissenschaft und Gesellschaft angesprochen: die KI. Wir haben Beiträge auf der K0GW1S, die aufzeigen, in welchen Domänen Menschen neuesten Algorithmen der KI noch immer weit überlegen sind, und wie wir verstehen können, warum dies so ist.

Sie arbeiten daran, Denk- und Wahrnehmungsprozesse am Computer zu modellieren. Wohin führt diese Forschung in der Zukunft?

Zuallererst zu einem besseren Verständnis unserer selbst, also unserer mentalen Vorgänge. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Kognitionswissenschaft eine ganze Reihe psychologischer Phänomene durch Prinzipien der Informationsverarbeitung modellieren und erklären können. Aber die Auswirkungen sind, wie bei Wissenschaft immer, sehr weitreichend, und die Anzeichen haben sich in den letzten Jahren verdichtet, dass intelligente technische Systeme ohne ein besseres Verständnis menschlichen adaptiven, intelligenten Verhaltens, schwer zu erreichen sind.

Professor Constantin Rothkopf. Bild: Daniel Enders
Professor Constantin Rothkopf. Bild: Daniel Enders