Nachhaltigkeit ganz konkret

TU Darmstadt und Merck wählen gemeinsame Forschungsprojekte aus

29.07.2021

Die TU Darmstadt und das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck haben auf ihrer kürzlich gebildeten gemeinsamen Forschungsplattform zum Zukunftsthema Nachhaltigkeit die ersten Projekte an den Start gebracht: Der „Sustainability Hub“ wird Vorhaben zum Abbau von Kunststoffen, zu Bio-Printing, energieeffizienten Computerarchitekturen sowie zur Analyse des Lebenszyklus und Ressourceneinsatzes von Produkten fördern.

Vier Projekte aus verschiedenen Fachbereichen der TU Darmstadt werden im „Sustainability Hub“ gefördert.

Aus 27 Projektvorschlägen aus der TU Darmstadt hat der Lenkungsausschuss der Kooperationsplattform von TU und Merck in einem strengen wettbewerblichen Verfahren vier Projekte ausgewählt, die in den kommenden Jahren finanziell unterstützt werden. An der Ausschreibung hatten sich insgesamt 31 Arbeitsgruppen aus neun Fachbereichen beteiligt. Diese Vorhaben konnten sich durchsetzen:

Sustainable Platform Technology for Enzyme-Mediated Recycling of Plastic

Plastikabfall ist weltweit eine große Herausforderung. Um Kunststoffe zurück in den Stoffkreislauf zu führen, werden unterschiedliche Strategien verfolgt – vom klassischen Recycling bis zum chemischen oder biologischen Abbau der Kunststoffe in ihre Grundbausteine. Im Bereich des biologisch-enzymatischen Abbaus gibt es bereits Fortschritte etwa bei Polyester-Kunststoffen. Wichtige Klassen von Kunststoffen jedoch wie Polypropylen oder Polyethylen wurden aufgrund ihrer chemischen Konstellation bisher wenig in den Blick genommen. Das Projekt-Team um die Professoren Nico Bruns, Harald Kolmar und Markus Biesalski (Fachbereich Chemie) arbeiten an Methoden zum Abbau dieser Kunststoffe durch neu entwickelte Enzyme.

Generation of vascularized human liver tissue by integrating 3D-bioprinting and cellular self-assembly

Während der Entwicklung neuer Medikamente und toxikologischer Untersuchungen sind unterschiedliche in-vitro Zellkulturmodelle, aber auch Tierversuche, unumgänglich, um die Wirksamkeit und die Sicherheit der Wirkstoffe zu bewerten. Der Einsatz von Zellkulturmodellen und organähnlicher Strukturen ist derzeit aber begrenzt, da die Systeme an kein Blutgefäßsystem angeschlossen sind, das sie mit Sauerstoff versorgt. Diesem Problem stellt sich das Team um Professorin Ulrike Nuber (Fachbereich Biologie) und Professor Andreas Bläser (Fachbereich Maschinenbau, Biomedical Printing Technology). Es will humane Lebergewebe entwickeln die an ein Blutgefäßsystem gekoppelt sind. Hierzu will das Team in 3D-Leberzellkulturen die Bildung von Blutkapillaren induzieren, die sich anschließend mit gedruckten Makro-Blutgefäßen aus dem 3D-Drucker verbinden. Das Ergebnis wäre ein menschliches 3D-Lebermodell, das mit Sauerstoff versorgt werden kann. Das Modell wäre in Wirksamkeits- und Toxizitätsstudien dem menschlichen Organismus deutlich ähnlicher als bisherige 3D-Zellkulturmodelle. Ein weiterer Vorteil: Tierversuche könnten künftig reduziert oder gar vermieden werden.

Energy Efficient Simulation of Energy Efficient Storage (EES)² for Neuromorphic Computing

Moderne Rechenzentren verbrauchen gigantische Mengen an Energie. Entwicklungen rund um Neuromorpic Computing – also Computerarchitekturen, die sich an neuro-biologischen Netzwerken orientieren – haben das Potential, diesen Energiebedarf dramatisch zu senken. Das Team von Professor Lambert Alff (Fachbereich Material- und Geowissenschaften) und Professor Christian Hochberger (Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik) hat sich zum Ziel gesetzt, energieeffiziente Simulations-Tools zu entwickeln, die es erlauben, Materialeigenschaften in energiesparenden neuromorphen Computerarchitekturen vorherzusagen. Die erfolgreiche Simulation hilft, die Produktentwicklungszyklen deutlich zu verkürzen und die Energieeffizienz der Systeme zu steigern.

„Faster, easier, better? Life Cycle Modelling in the Information Age

Die detaillierte Analyse des Lebenszyklus‘ (Life Cycle Assessment, LCA) von Produkten, also die systematische Auswertung der Umwelteinwirkung und der Energiebilanz ab der Entwicklung bis zur Entsorgung, ist eine herausfordernde Aufgabe, um die Nachhaltigkeit von Produkten und damit das Wirken eines Unternehmens zu bewerten. Das Projekt von Professorin Liselotte Schebek (Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften), Professor Carsten Binnig (Fachbereich Informatik) und Professor Markus Lederer (Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften) verfolgt einen interdisziplinären Ansatz des Life Cycle Modelling: Neueste Methoden IT-gestützter Datenerhebung und -auswertung werden mit politischen Rahmenbedingungen verknüpft, um wichtige Indikatoren zu erhalten. Daraus können konkrete Maßnahmen für nachhaltigere Produktlebenszyklen und Handlungsempfehlungen für Unternehmen abgeleitet werden.

feu/Merck