50 Jahre 68er-Bewegung: Studentenproteste in Darmstadt

Ausstellung im karo 5 bis zum 15. Februar 2019

10.12.2018 von

Die Studentenrevolte oder „68er“-Bewegung ist jedem ein Begriff. Ab Mitte der 1960er-Jahre gingen europaweit Studierende auf die Straße und forderten eine Reform der hierarchisch strukturierten Ordinarien-Universitäten. Das Motto der „68er“-Generation: „Unter den Talaren Muff von tausend Jahren!“ Ziel war unter anderem mehr Mitbestimmung in hochschulpolitischen Fragen.

Proteste gegen die Notstandsgesetze 1968 vor dem Alten Hauptgebäude. Bild: Universitätsarchiv TU Darmstadt
Proteste gegen die Notstandsgesetze 1968 vor dem Alten Hauptgebäude. Bild: Universitätsarchiv TU Darmstadt

Die aktive Teilnahme in den Gremien der Universitäten wurde gefordert. Die Studierenden demonstrierten außerdem gegen Vietnamkrieg und Notstandsgesetze, für eine allgemeine Demokratisierung der Gesellschaft, für mehr soziale Gerechtigkeit und gleiche Bildungschancen. Die Städte Frankfurt und Berlin stehen sinnbildlich für die gesamtdeutsche Studentenbewegung. Der Tod Benno Ohnesorgs im Juni 1967, das Attentat auf Rudi Dutschke im April 1968 und die anschließenden Osterunruhen waren prägende Ereignisse der „68er“-Bewegung.

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Studentenbewegung präsentieren Studierende und Beschäftigte des Universitätsarchivs der TU Darmstadt eine Ausstellung zu den Studentenprotesten in Darmstadt in den 1960er- und 1970er-Jahren im Foyer des karo 5. Die Ausstellung zeigt, dass die damalige Technische Hochschule Darmstadt eine Vorreiterrolle in der studentischen Mitbestimmung auf universitärer Ebene einnahm. Auch wenn die Darmstädter Studentenproteste nicht mit Frankfurt oder Berlin vergleichbar sind, gab es doch auch in Darmstadt eine Reihe von Protestaktionen der Studierenden.

Lebhafte Diskussionen

Dichtgedrängt in den Hörsälen debattierten sie in lebhaften Diskussionen insbesondere über die zukünftige Hochschulsatzung der TH Darmstadt. Auslöser für diese Debatten war das Hessische Hochschulgesetz (HHG) von 1966. Angesichts steigender Studierendenzahlen hatte die hessische Landesregierung die Notwendigkeit von Studienreformen erkannt. Die TH Darmstadt verabschiedete daraufhin im Jahr 1967 eine neue Hochschulsatzung, die im März 1968 in Kraft trat.

Im Rahmen dieser Satzungsdebatte versuchten die Studierenden der TH, ihre Forderung nach mehr Mitbestimmung durchzusetzen. Eine Verfassungsreformkommission, der sogenannte Godesberger Ausschuss, wurde eingesetzt, um die Satzung zu prüfen und Änderungsvorschläge auszuarbeiten. Im Mai 1969 wurde an der TH die bundesweit erste drittelparitätische Hochschulsatzung verabschiedet. Die Zusammensetzung des Großen Senats erfuhr gravierende Veränderungen.

Diesem gehörten 36 Professoren, 36 Assistenten, 36 Studenten sowie 12 nichtwissenschaftliche Mitarbeiter an. Die Euphorie darüber währte jedoch nur kurz. Im Januar 1970 erklärte der Hessische Verwaltungsgerichtshof die TH-Satzung für ungültig. Im Mai 1970 trat das neue Hessische Universitätsgesetz (HUG) in Kraft, das die Einführung der Präsidialverfassung zur Folge hatte. Der Drittelparität wurde ein Ende gesetzt.

Verschiedene Ausprägungsformen der Darmstädter Proteste

Besetzung der Materialprüfungsanstalt (MPA) im November 1969. Bild: Universitätsarchiv
Besetzung der Materialprüfungsanstalt (MPA) im November 1969. Bild: Universitätsarchiv

Die Debatte um die Hochschulreformen gegen Ende der 1960er-Jahre bildet den Ausgangspunkt der Ausstellung. Den Besucherinnen und Besuchern wird ein Einblick in die verschiedenen Ausprägungen der Darmstädter Protestformen geboten, wie „Sit-ins“, „Go-ins“ oder „Teach-ins“; außergewöhnlich waren „Sleep-ins“ oder „Spiel-ins“. Ein Schwerpunkt der Proteste war die Auseinandersetzung um mögliche Kriegsforschung an der TH Darmstadt. Im Zuge dessen kam es zu Institutsbesetzungen in der Physik und der Materialprüfungsanstalt (MPA) im November 1969.

Wiederkehrende Themen des Protests waren auch Mensapreiserhöhungen und fehlender bezahlbarer Wohnraum für Studierende. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Mensa-Boykotte und Hausbesetzungen erstreckten sich bis in die 1970er-Jahre, weshalb der zeitliche Rahmen der Ausstellung auch diese Zeit umfasst.