So geht energieeffiziente Produktion
Forschung am Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen
18.03.2021 von Uta Neubauer
Eigentlich beschäftigen sich Andreas Wächter und Lukas Kluy mit Titanlegierungen für Zahnimplantate. Quasi nebenbei entwickelten sie ein Modell zur Steigerung der Energieeffizienz von Produktionsprozessen.

Künstliche Zähne werden mit Schrauben aus Titan im Kiefer befestigt. „Das Implantat wächst aber oft nicht gut im Knochengewebe an“, erklärt , Doktorand am Lukas Kluy. Bei etwa acht Prozent der Patienten hält die Verankerung keine zehn Jahre. Im Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der TU Darmstadt wollen Kluy und seine Kollegen das Problem mit einer nanostrukturierten Titanlegierung lösen. Sie besitzt eine feinkörnige Oberfläche, auf der die körpereigenen Knochenzellen besser haften. Projekt IdentiTi
Den neuen Schraubenwerkstoff stellen die TU-Ingenieure mit einem speziellen Verfahren aus einer grobkörnigen Titanlegierung her. Das Ausgangsmaterial wird dafür in einer Maschine bei 300 Grad Celsius so verzerrt, dass die innere Struktur aufbricht und sich ein neues Feingefüge bildet. „Der Prozess benötigt allerdings viel Energie“, sagt Kluy. Das sehe man schon an den dicken Stromkabeln der Maschine.
Allein in Deutschland werden jährlich über eine Million Dentalimplantate eingesetzt. Wolle man sie alle aus dem nanostrukturierten Material herstellen, wäre der zusätzliche Energiebedarf erheblich. Zusammen mit , damals noch Maschinenbau-Student auf der Suche nach einem Thema für die Masterarbeit, wollte Kluy die Herstellung der Nano-Legierung daher energieeffizienter gestalten. Andreas Wächter
Eine bessere Idee
Üblicherweise wird ein Prozess energetisch optimiert, wenn die einzelnen Schritte feststehen. Dann wird hier und da zum Beispiel Abwärme genutzt, ein Bauteil isoliert oder die Steuertechnik optimiert. Doch Wächter hatte eine bessere Idee: „Unser Prozess steckte noch in der Entwicklung. Da kann man doch von Beginn an auf die Energieeffizienz achten.“ In der Anfangsphase sei die Gestaltungsfreiheit noch groß, erklärt er, Maßnahmen zur Energieeinsparung ließen sich daher relativ einfach und kostengünstig umsetzen.
In diesem Fall etwa benötigt das Aufheizen der Legierung besonders viel Energie. „Allein durch eine Verkürzung der Form, in der das Material erhitzt wird, konnten wir die Aufheizzeit halbieren“, erklärt Wächter. Insgesamt reduzierte sich der Stromverbrauch dadurch um zwölf Prozent.
Unser Prozess steckte noch in der Entwicklung. Da kann man doch von Beginn an auf die Energieeffizienz achten.
Kluy und Wächter entwickelten ein Computermodell, das die Wertschöpfungskette digital abbildet. Mit dem Modell wird die Energieeffizienz des gesamten Prozesses simuliert. Das Beste daran: Es lässt sich auf andere Produktionsverfahren übertragen. Ein Institutskollege optimiert mit dem Modell gerade einen Prozess des Rollformens. Mit der Technik werden Metallbänder zurechtgebogen, etwa im Fahrzeugbau oder bei der Herstellung von Fensterrahmen.
Für ihre Methodik gewannen Wächter und Kluy im vergangenen Jahr den zweiten Preis des . Da sie sich eine schnelle Verbreitung ihrer Idee wünschen, denken sie gerade über eine Open-Access-Veröffentlichung des Modells nach. Kluy betont: „Der gesellschaftliche Nutzen ist uns wichtiger, als dass wir damit Geld verdienen.“ Das Modell sei einsatz- bereit, ergänzt er: „Wer Interesse daran hat, kann sich gerne melden.“ Hessischen Staatspreises für innovative Energielösungen
Der gesellschaftliche Nutzen ist uns wichtiger, als dass wir damit Geld verdienen.
IdentiTI: Verbesserte Dentalimplantate
Das vom Bundesforschungsministerium geförderte wurde von AdvantIQx aus dem bayerischen Gersthofen initiiert. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Zahnimplantate. Projektpartner sind die TU Darmstadt, die TU Braunschweig und die Schweizer Feinwerktechnik, ein Auftragshersteller von medizinischen Komponenten. Projekt IdentiTi