Internationales Team recycelt E-Auto-Batterien

Start-up reLi im Gründerporträt

12.01.2023 von

Akkus von Elektroautos halten etwa acht bis zehn Jahre – danach sinkt ihre Ladekapazität auf unter 80 Prozent, was für den E-Auto-Betrieb zu wenig ist. Die verbliebene hohe Leistung nutzt ein junges Gründerteam als Stromspeicher, etwa für Photovoltaikanlagen. Dafür entwickelten sie ein intelligentes Batterie-Managementsystem, das die Nutzung um weitere acht bis zehn Jahre verlängert. reLi, der Name ihres Start-ups, ist Programm: recycling von Lithium-Batterien – und das noch „reLiable“, zuverlässig.

Ashish Baskar und Laura Laringe, zwei der Gründer von reLi, möchten E-Auto-Batterien sinnvoll und zuverlässig recyceln.

Als internationales Team verwirklichen drei Studierende diese Idee gemeinsam: Die Italienerin Laura Laringe (24) studierte in Neapel, Barcelona und in Stockholm, wo sie ihren Master in „nachhaltiger Energietechnologie“ machte. Dort lernte sie 2019 Krishna Rathinam (25) aus Indien kennen, der in den Niederlanden und in Schweden studierte und nun seine Masterarbeit in einem Stockholmer Unternehmen schrieb. Ein Jahr später stieß Ashish Baskar (26), ebenfalls aus Indien, hinzu.

Die drei stellten fest, dass sie dieselbe Idee hatten: „Wir empfanden es als Problem und Verschwendung, eigentlich noch leistungsfähige Batterien aus E-Autos zu entsorgen“, sagt Laura. Um die in Schweden entstandene Vision zu verwirklichen, entstand nach einer Marktanalyse der Wunsch, nach Deutschland zu kommen: „Da ist der Markt einfach größer“. Dank des Netzwerks Unite!, einer europäischen Tech-Uni-Allianz, knüpften sie von der Stockholmer Königlichen Technischen Hochschule (KTH) Kontakte zur TU Darmstadt.

Unterstützung durch TU-Gründungszentrum HIGHEST

„Sabine Remmert von HIGHEST war uns eine große Hilfe“, betont Laura. Sie organisierte im Start-up-Knoten HUB31 in Darmstadt einen Arbeitsplatz, unterstützt vom Verein Lab3: „Das war alles andere als selbstverständlich, denn die drei waren anfangs ja keine Studierende mehr, aber auch noch keine Gründer mit Förderung“, so Remmert. Das Gründungsmanagement der TU Darmstadt unterstützte bei Expertenkontakten, der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und der Bewerbung für die EXIST-Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bis hin zu den komplizierten Visa-Anträgen. Schließlich konnte das Team posten: „Wir sind stolz, dass wir ab August 2022 mit einem EXIST-Gründerstipendium gefördert werden“. Für ein Jahr stehen ihnen 125.000 Euro zu Verfügung.

Intelligentes Steuerungssystem

Das von reLi entwickelte Steuersystem nutzt die verbliebenen Kapazitäten von ausrangierten Akkus optimal und sicher.
Das von reLi entwickelte Steuersystem nutzt die verbliebenen Kapazitäten von ausrangierten Akkus optimal und sicher.

Ausrangierte E-Auto-Batterien seien noch viel zu gut, um sie zu entsorgen, erklärt Ashish: „Wir haben ein intelligentes Steuerungssystem entwickelt, das die verbliebenen Kapazitäten optimal und sicher nutzt“. Er schraubt den Prototypen auf, einen Getränkekasten-großen Container, der mehrere Platten enthält – einzelne Batterie-Bausteine. Leider verwenden alle Fahrzeughersteller eigene Batterietypen unterschiedlicher Größe und chemischer Zusammensetzung, sodass reLi bislang bevorzugt Zellen einer einzigen Autofirma einsetzt, auch wenn das System für alle Batterietypen funktioniert.

Die eigentliche Erfindungsleistung verbirgt sich in den unscheinbaren Schaltelementen um die Batterieplatten herum: Sie kontrollieren den Ladestatus der Akku-Elemente und nutzen damit die Speicherkapazität optimal. Das kleine Einsteigermodell eignet sich, um die Energie aus privaten Photovoltaikanlagen zwischenzuspeichern. „Wir können aber problemlos auch größere Einheiten bauen und steuern, die für große PV-Anlagen geeignet sind und vor allem auch schwankende Energiepreise ideal ausnutzen“, erklärt Ashish. Solche Speicher bekommen zunehmende Bedeutung, ist er sicher, um im Rahmen der Energiewende das Stromnetz optimal auszulasten. Ähnliche Ansätze gibt es auch anderswo – „aber unser System ist schlauer als andere“, zeigt sich Laura selbstbewusst. Die Soft- und Hardware erlaube eine optimale Nutzung und Steuerung.

reLi-Speicher kosten nur 60 Prozent einer entsprechenden neuen Batterie. Gleichzeitig sind die CO2-Emissionen 90 Prozent geringer, weil die Materialien weitergenutzt werden. „Wir verlängern die Lebenszeit um weitere zehn Jahre – ein Zeitraum, der hoffentlich genutzt wird, um bis dahin ein wirkliches Kreislaufsystem von Batterien zu ermöglichen“, so Ashish.

Große Zukunftspläne

Im nächsten Schritt will das Team Testspeicher in Haushalten installieren. Später wollen sie auch größere Anlagen für spezifischere Anwendungen bauen und ihre Aktivitäten nach und nach auf ganz Europa ausdehnen. Aber erstmal muss nun das Team vergrößert werden: „Wir benötigen Ingenieur:innen, Kaufleute – und dringend Deutschkenntnisse“, schmunzelt Laura.

reLi sei ein tolles Team, lobt Remmert: international, interkulturell, interdisziplinär, offen, engagiert und umtriebig. Den schwierigen Anfang, die gemeinsame Ortswahl und die vielen Ungewissheiten zum Aufenthaltsstatus haben sie dank Unterstützung gut gemeistert, findet Ashish. Laura ergänzt, dass sie viel gelernt habe – und: „Ich weiß jetzt, dass ich genau das machen will: selbständig arbeiten, mit einem sinnvollen Ziel“. Allen drei liegt der Mehrwert ihrer Arbeit für die Gesellschaft am Herzen.