#9 – Strömungsimulation im KI-Zeitalter
Wie zähmen wir Künstliche Intelligenz?
In der Podiumsdiskussion sprachen unsere Gäste darüber, ob klassische, mathematisch fundierte Methoden künftig unverzichtbar bleiben – oder ML die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens so tiefgreifend verändert, dass sich selbst zentrale Ingenieursdisziplinen neu erfinden müssen?
#9 – Strömungssimulation im KI-Zeitalter
Brauchen wir noch numerische Methoden oder können KI-Modelle die klassische Simulation ersetzen?
Strömungssimulationen sind seit Jahrzehnten ein zentrales Werkzeug in Wissenschaft und Technik – und unverzichtbar für die Energiewende. Die Computational Fluid Dynamics (CFD) liefern präzise Einblicke in komplexe Strömungen, ermöglichen die Auslegung effizienter Windkraftanlagen, unterstützen die CO₂-Reduktion in Industrieprozessen und tragen zu verlässlichen Klimavorhersagen bei. Mit dem Aufstieg datenbasierter KI-Methoden steht dieses klassische Vorgehen jedoch vor neuen Fragen: Wie verändert KI die Modellierung? Welche Rolle spielen numerische Verfahren künftig noch? Und was entsteht, wenn man beide Welten miteinander verbindet?
Der E+E Diskurs zeigte eindrucksvoll, dass sich die Zukunft weder aus reiner Physik noch aus reiner KI erklären lässt. Stattdessen wurde deutlich, dass hybride Modelle zum Schlüssel werden: Sie vereinen die strukturelle Verlässlichkeit physikalischer Gesetze mit der Flexibilität moderner Datenverfahren und schaffen so einen neuen Möglichkeitsraum für Forschung und Anwendung.
Gleichzeitig rückte der Abend die entscheidende Frage in den Mittelpunkt, wie wir mit den Unsicherheiten wissenschaftlicher Modelle umgehen – in einer Welt, in der Ingenieur:innen Verantwortung für Sicherheit tragen, Mathematik Grenzen sichtbar macht und KI nur so gut sein kann wie die Daten, aus denen sie lernt.
Im Dialog wurde sichtbar, dass Erkenntnis nicht aus Geschwindigkeit entsteht, sondern aus Verständnis, Erklärbarkeit und gemeinsamen Kriterien für Verlässlichkeit. KI kann dabei unterstützen, Muster aufzudecken, Hypothesen zu generieren und neue Probleme sichtbar zu machen – doch ihre Ergebnisse brauchen die physikalische Einordnung, die mathematische Überprüfung und die ingenieurwissenschaftliche Erfahrung.
Genau hier zeigte der E+E Diskurs, was Think.Link.Do. bedeutet: unterschiedliche Denkweisen zusammenbringen, gemeinsame Bezüge herstellen und daraus Impulse für verantwortliches wissenschaftliches Handeln entwickeln.
Unsere Gäste an diesem Abend
- Prof. Dr. Rupert Klein
Freie Universität Berlin
Er gehört zu den profiliertesten angewandten Mathematikern Deutschlands. In seiner Forschung verbindet er die Analyse atmosphärischer Strömungen mit der Entwicklung mathematischer Modelle und numerischer Verfahren. Seine Arbeit bewegt sich an den Schnittstellen von Meteorologie, Ingenieurwissenschaft und Mathematik – mit Stationen u. a. an der RWTH Aachen, dem Potsdam-Institut für Klimaforschung und der Princeton University. Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde er 2003 mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis ausgezeichnet.
- Prof. Dr. Tabea Tscherpel
Technische Universität Darmstadt
Sie ist Professorin für Numerische Mathematik und Scientific Computing. In ihrer Forschung entwickelt sie neue mathematische Ansätze, um komplexe Strömungsprozesse präzise, effizient und zuverlässig zu simulieren – von Wasserwellen bis hin zu Gaspipelines. Damit macht sie die Mathematik zu einem Schlüsselwerkzeug für die Welt von morgen. Für ihre herausragenden Beiträge zur Strömungssimulation wurde sie nun mit dem Dr. Hans Messer Stiftungspreis ausgezeichnet.
- Prof. Dr. rer. nat. Oliver Weeger
Technische Universität Darmstadt
Er ist Professor für Cyber-Physical Simulation. In seiner Forschung verbindet er numerische Methoden, maschinelles Lernen und digitale Zwillinge, um mechanische Systeme effizient zu simulieren und zu optimieren. Mit seinem interdisziplinären Ansatz treibt er die Entwicklung intelligenter Simulationslösungen an der Schnittstelle zwischen klassischer Modellierung und datengetriebener Technik maßgeblich voran.
- Dr.-Ing. Martin Küssner
IANUS Simulation GmbH
Er arbeitet bei IANUS an der Schnittstelle von Simulation, Künstlicher Intelligenz und technischer Kundenentwicklung. Er promovierte an der TU Darmstadt im Bereich Finite Elemente, lehrte als Senior Lecturer an der Universität Kapstadt und hat sein gesamtes Berufsleben in den USA und Deutschland in verschiedenen führenden Simulationsrollen verbracht. Sein Anspruch: moderne Technologien der digitalen Wertschöpfung so zu übersetzen, dass sie im industriellen Alltag echten Nutzen stiften.
Der E+E Diskurs dient dem offenen, kritischen und fundierten Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Es werden Lessons-Learned geteilt, Methoden und Technologien kritisch diskutiert und der Mensch in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt.
Dabei folgt der E+E Diskurs unserem Selbstverständnis: