Umweltfreundlichere Talsperren

Erster Postdoc-Klimaschutzstipendiat der Humboldt-Stiftung an der TU

21.11.2023 von

Auch die Bewirtschaftung von Talsperren hat Auswirkungen auf die Umwelt, und ihre Betreiber müssen sich auf den Klimawandel einstellen. Wie eine nachhaltigere und schonendere Wasserentnahme-Strategie in Zukunft aussehen könnte, daran arbeitet Dr. Mohsen Dehghani Darmian.

Dr. Mohsen Dehghani Darmian und Professorin Britta Schmalz

Der iranische Wasseringenieur Dr. Mohsen Dehghani Darmian ist der erste Postdoc-Klimaschutzstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der TU Darmstadt. Im Fachgebiet Ingenieurhydrologie und Wasserbewirtschaftung von Professorin Britta Schmalz forscht er seit April am Beispiel der Rappbode-Talsperre im Harz an klimafreundlicheren Managementstrategien.

Über neun Kilometer Länge schlängelt sich die Rappbode-Talsperre entlang der Täler und Berge im Harz. Der Brocken ist nicht weit entfernt. Rund 113 Millionen Kubikmeter Wasser fasst der Stausee, der als das größte Trinkwasser-Reservoire Deutschlands gilt. Doch selbst so etwas vermeintlich Harmloses wie Talsperren können das Klima schädigen – durch Emissionen. Das Wasser von Stauseen, erklären Dr. Mohsen Dehghani Darmian und Professorin Britta Schmalz, enthält Phosphor- und Stickstoffverbindungen.

„Emissionen entwickeln sich aufgrund der langfristigen Schichtung der Wassertemperatur und steigender Konzentrationen chemischer Elemente. Einher geht das mit der Zersetzung abgestorbener Algen, mit Sauerstoffmangel in der Wassersäule und einer Verschlechterung der Wasserqualität“, sagen die Forschenden. „Effiziente Strategien der Talsperren-Bewirtschaftung können diese Emissionen jedoch kontrollieren und verringern“, betont Wasseringenieur Mohsen Dehghani Darmian. „Daran arbeiten wir.“ Eine Möglichkeit zur Erhaltung des Ökosystems von Gewässern besteht in der Kontrolle der thermischen Schichtung.

Optimale Strategie

Die Wasserentnahme in Talsperren wird durch Auslässe in unterschiedlichen Höhen der Staudämme vorgenommen. Unterschiedliche Höhen bedeuten – abhängig auch von der jeweiligen Jahreszeit – unterschiedliche Wassertemperaturen und auch verschiedene Wasserqualitätsindizes wie die Konzentration von Sauerstoff und anderen chemischen Substanzen. In seinem Forschungsprojekt will Mohsen Dehghani Darmian daher analysieren, welche Auswirkungen eine gezielte Wasserentnahme aus verschiedenen Talsperren-Auslässen auf die Wassertemperatur und Wasserqualitätsindikatoren hat. Er will bestimmen, wie eine optimale Strategie aussehen muss, damit sich Talsperren-Bewirtschaftungen an den Klimawandel anpassen und die Folgen abschwächen können.

Mohsen Dehghani Darmian ist der erste Internationale Postdoc-Klimaschutzstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der TU Darmstadt. Er ist einer von derzeit nur fünf Postdocs an Universitäten, die von der Stiftung aus Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative Deutschlands gefördert werden. Angesiedelt ist die Initiative beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Netzwerk erweitern

Dr. Mohsen Dehghani Darmian, Postdoc-Klimaschutzstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung
Dr. Mohsen Dehghani Darmian, Postdoc-Klimaschutzstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung

Der junge Wissenschaftler, der an der University of Sistan & Baluchestan in Zahedan im Iran Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Wasser studiert und sich 2020 dort auch promoviert hat, hat die TU Darmstadt bewusst für seinen ersten Auslandsaufenthalt als Forscher ausgewählt. „Ich möchte in Deutschland neue Erfahrungen sammeln. Das ist eine große Chance für mich, meine wissenschaftliche Karriere zu erweitern“, freut sich der 32-Jährige, der zwei Jahre lang an der TU forschen wird. Und auch Professorin Schmalz schätzt den wissenschaftlichen Austausch und die unterschiedlichen Ansätze und Sichtweisen, die internationale Forscher wie Mohsen Dehghani Darmian in ihr Team am Fachgebiet Ingenieurhydrologie und Wasserbewirtschaftung einbringen. „Wir können so unser internationales Netzwerk erweitern und auch künftige Kooperationen aufbauen“, betont sie.

„Solide Datenbasis“

Eine neue Kooperation ist bereits entstanden und auch vertraglich besiegelt – mit den Betreibern des Rappbode-Stausees. Die Talsperre haben der Klimaschutzstipendiat und die TU-Professorin für das Projekt ausgewählt, „weil hier bereits eine solide Datenbasis vorhanden ist“, berichtet Britta Schmalz. Die kann der junge iranische Wissenschaftler nutzen, um Modelle für klimafreundliche Strategien für Talsperren zu entwickeln. Geplant ist, berichtet er, die Datentools und hydrodynamischen Modelle zur Wasserqualitätsmodellierung mit Künstlicher Intelligenz zu kombinieren. Ein neuer Weg, von dem die Forschung, das Wassermanagement und hoffentlich auch das Klima profitieren können.