Wärmenetze der Zukunft intelligent geregelt

Verbundprojekt „EnEff:Wärme – MeFlexWärme“

21.03.2024 von

Das Verbundforschungsprojekt „EnEff:Wärme – MeFlexWärme“ unter der Leitung von Professor Florian Steinke, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (etit) der TU Darmstadt wurde im Dezember 2023 nach vier Jahren Projektlaufzeit abgeschlossen. Das Projekt beschäftigt sich mit dem Thema, wie sich zukünftige Fernwärmenetze im Rahmen der Energiewende optimal betreiben lassen.

In privaten Haushalten entfällt mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs auf das Heizen der Wohnräume. Ein wichtiger Schritt in Richtung einer klimaneutralen Zukunft ist deshalb die Bereitstellung von CO2-neutraler Wärme. Da erneuerbare Wärmequellen wie Solarthermie, Geothermie oder Abwärme begrenzt verfügbar sind, wird CO2-arme Wärme zukünftig oftmals durch die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung (Power-to-Heat) bereitgestellt werden. Da sich Wärme verhältnismäßig einfach und preisgünstig speichern lässt, spielt Power-to-Heat auch im Stromsektor der Zukunft eine relevante Rolle, denn es entsteht ein großes Flexibilitätspotential bei der Stromnachfrage.

„Wärmespeicher sind sehr kostengünstig, sie lassen sich in beliebigen Größen herstellen. Wenn wir ohnehin immer einen großen Teil des Stroms für Wärme verbrauchen und die Wärme speichern, dann könnten etwa in Zeiten mit viel Wind, große Mengen Wärme erzeugt und gespeichert werden, die in Zeiten mit wenig Wind zur Verfügung ständen“, beschreibt Steinke. „Das Thema Wärme, das Speichern und Elektrifizieren von Wärme, das Zusammenschalten mit natürlich bestehender Wärmeerzeugung und Wärmenetze sind überaus wichtig für den Erfolg der Energiewende.“

Das Thema Wärme, das Speichern und Elektrifizieren von Wärme, das Zusammenschalten mit natürlich bestehender Wärmeerzeugung und Wärmenetze sind überaus wichtig für den Erfolg der Energiewende.

Wärmenetze gibt es schon länger. In Darmstadt entsteht beispielsweise bei der Verbrennung von Abfall im Müllheizkraftwerk (MHKW) neben Strom auch Fernwärme. „Typischerweise wird ein Kraftwerk, etwa ein Müllheizkraftwerk oder Kohlekraftwerk, für die Wärmeerzeugung genutzt. Damit noch mehr Menschen mit umweltfreundlicher Wärme versorgt werden können, müssen weitere Quellen dazukommen, etwa Abwärme von Fabriken, Solarthermie oder Wärmepumpen“, sagt Steinke. „Statt einem großen Einspeiser gibt es dann viele, flexibel funktionierende Einspeiser mit unterschiedlichen Temperaturen. Deshalb heißt unser Projekt ‚Methoden für flexible Wärmenetze‘.“

Um einen flexiblen Ausgleich zwischen Wärmeerzeugern, Speichern und Verbrauchern zu ermöglichen, entwickeln und erproben die Beteiligten im Projekt EnEff:Wärme – MeFlexWärme neue Konzepte und Methoden für die Forschungsbereiche „Netztransparenz“ und „Flexibilitätsteuerung“ in Bezug auf Wärmenetze.

Professor Florian Steinke, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (etit) (li.)
Professor Florian Steinke, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik (etit) (li.)

Netztransparenz ist der Schlüssel für einen flexiblen Netzbetrieb und die Sicherstellung der Versorgung aller Kunden. „Da Messungen in Fernwärmenetzen nur an manchen Stellen praktikabel sind – überall Messstellen mit schneller Kommunikation wäre auch zu teuer – müssen wir schätzen. Für diese Zustandsschätzungen setzen wir statistische Methoden und Ansätze des maschinellen Lernens ein“, sagt Steinke.

„Ein großer Forschungsbereich, an dem viele Menschen im Verbundprojekt gearbeitet haben, ist das Thema Einsatzplanung. Also, wer erzeugt und wer entnimmt, zu welcher Zeit Wärme. Sind es, wie aktuell, nur einzelne Kraftwerke, entscheiden diese alleine. Im Wärmenetz der Zukunft sind aber sehr viel mehr Beteiligte eingebunden. Der Einfluss der Kunden, die selbst Speicher betreiben sowie flexible Erzeuger und Verbraucher wächst stark weiter. Deshalb ist ein weiterer bedeutsamer Bereich im Projekt, wie man zukünftig Märkte für Fernwärmenetze entwickelt, auf denen sich alle auf ein netzverträgliches Verhalten einigen“, erklärt Steinke.

Der Einfluss der Kunden, die selbst Speicher betreiben sowie flexible Erzeuger und Verbraucher wächst stark weiter. Deshalb ist ein weiterer bedeutsamer Bereich im Projekt, wie man zukünftig Märkte für Fernwärmenetze entwickelt, auf denen sich alle auf ein netzverträgliches Verhalten einigen.

„Das validieren wir mit detaillierten Simulationen für ein Szenario, wie das Fernwärmenetz der Stadt Darmstadt im Jahr 2030 aussehen könnte. Ebenso prüfen wir, dass die markt-basierte, dezentrale Entscheidungsfindung nicht zu stark erhöhten Kosten im Vergleich zu einer globalen mathematischen Optimierung der Einsatzpläne führt.“

„EnEff:Wärme – MeFlexWärme“ ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu intelligenten, flexiblen und kohlenstoffarmen Fernwärmesystemen. Nicht nur für die kommunale Wärmeplanung in Darmstadt, sondern auch darüber hinaus.

Am Projekt beteiligt waren neben Steinkes Fachgebiet „Energy Information Networks & Systems“ (EINS) vier weitere Fachgebiete der TU Darmstadt:

  • OPT von Professor Marc Pfetsch und Professor Stefan Ulbrich (FB 4)
  • MMES von Professor Stefan Niessen (FB 18)
  • TTD von Professor Peter Stephan (FBFB 16)
  • PTW von Professor Matthias Weigold (FB 16)

Außerdem gehörten zwei Kooperationspartner aus der Industrie zum Konsortium: Die Entega AG aus Darmstadt als lokaler Fernwärmenetzbetreiber sowie Siemens, Abteilung „Technology, Energy Systems” aus Erlangen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) förderte das Projekt insgesamt 2,35 Millionen Euro. Die TU Darmstadt hat eine Förderung von 1,3 Millionen Euro erhalten.

Bott, A., Janke, T., & Steinke, F. (2023). Deep learning-enabled MCMC for probabilistic state estimation in district heating grids. Applied Energy, 336, P. 120837, 2023