„Erhöhtes Bewusstsein hat großen Einspareffekt“

Dr. Axel Sielaff ist Energiebeauftragter im Fachbereich Maschinenbau und Ansprechpartner für Beschäftigte und Verwaltung

11.12.2023

Als Spezialist für Energietechnik und Wärmeübertragung betreut Axel Sielaff am Institut für Technische Thermodynamik das Versuchsfeld Sieden und Verdampfen und leitet eine von drei Forschungsgruppen am Institut. Im Interview gibt der 40-Jährige Einblick in seine Tätigkeit als Energiebeauftragter des Fachbereichs Maschinenbau.

Der Energiebeauftragte des Fachbereichs Maschinenbau, Dr. Axel Sielaff, leitet am Institut für Technische Thermodynamik die Forschungsgruppe Sieden und Verdampfen.

Herr Dr. Sielaff, wie wird man Energiebeauftragter des Fachbereichs Maschinenbau?

Die Initiative für die Ernennung von Energiebeauftragten kam vom Präsidium der TU infolge des Ukraine-Krieges und der daraus resultierenden Energiekrise. Ich wurde gefragt, ob ich diese Aufgabe für unseren Fachbereich zusammen mit meinem Kollegen Frank Dammel übernehmen würde und habe zugesagt, weil mich das Thema interessiert und ich auf Erfahrungen in dieser Thematik zurückgreifen kann. An unserem Institut forschen wir zu Fragen der Energietechnik und Wärmeübertragung. Dabei geht es beispielsweise darum, wie sich Abwärme nutzen und dadurch Energie einsparen lässt. Auch die Optimierung von Anlagen und die Entwicklung ressourcenschonenderer Alternativen sind wichtige Themen.

Wie genau sieht Ihre Aufgabe aus?

Es ist vor allem eine beratende und kommunikative Aufgabe. Jeder Fachbereich hat eine:n Energiebeauftragte:n. Dieses Netzwerk aus rund 25 bis 30 Personen trifft sich regelmäßig mit dem Kanzler der TU und den Dezernaten. Dort werden Informationen der Verwaltung, aber auch Ideen, Probleme oder Wünsche der Belegschaft zum Thema Energiesparen besprochen. So können Einsparpotenziale identifiziert und gemeinsam Maßnahmen entwickelt werden. Das Netzwerk ist eine Art Bindeglied zwischen denen, die die Gebäude nutzen und den Dezernaten.

Meine Arbeit bedeutet oftmals aber auch eine technische Beratung innerhalb der Institute des Fachbereichs. So kamen im vergangenen Jahr Beschäftigte auf mich zu, die wissen wollten, wie sich Maschinen und Versuchsanlagen vor Kondensation schützen lassen, wenn während der Winterpause die Raumtemperatur deutlich reduziert wird. Oder Mitarbeitende melden sich bei mir, wenn es Probleme mit der Heizungssteuerung gibt. Ich kann für die Kollegen:innen dann direkt den Kontakt zu den entsprechenden Stellen herstellen.

Welche besonderen Maßnahmen haben Sie seit der Energiekrise ergriffen, und welche Herausforderungen mussten Sie bewältigen?

Der Maschinenbau zählt zu den größten Fachbereichen an der TU Darmstadt, der entsprechend über große Anlagen, Labore, Versuchshallen und eben auch große Flächen verfügt. Entsprechend ist der Energieverbrauch einer der höchsten an der Universität. Viele dieser Hallen sind Jahrzehnte alt, teilweise noch mit Einfachverglasung ausgestattet. Bausanierungen sind nötig, die auch bereits – priorisiert – abgearbeitet werden. Seit der Energiekrise ist das nochmals stärker in den Fokus gerückt. Wir haben Einsparungen erzielen können, indem wir zum Beispiel zusammen mit Frederik Feike vom Projekt „Energieeffizienter Campus Lichtwiese“ und der Verwaltung das Lüftungssystem in den Blick genommen haben und dort einzelne Lüftungen abstellen konnten. Das hat sich positiv auf Wärmeverbrauch, Energieeinsparungen und das gesamte Fernwärmenetz ausgewirkt.

Dr. Axel Sielaff
Dr. Axel Sielaff

Welche Erfolge haben Sie erzielen können?

Die Lüftungen waren eine technische Maßnahme, die sehr viel gebracht hat, auch wenn das, bezogen auf die einzelne Maßnahme, nicht direkt messbar ist. Dazu müsste an jeder einzelnen Anlage entsprechende Zählertechnik installiert sein. Insgesamt haben wir im vergangenen Winter jedoch durch eine Vielzahl an größeren und kleineren Maßnahmen viele Einsparungen erreicht, und das hat vor allem mit dem Verhalten der Beschäftigten zu tun. Hier zeigt sich, wie wichtig Kommunikation ist und wie viel es bringt, die Mitarbeitenden für Maßnahmen zu sensibilisieren. Beispielsweise dafür, die Heizung am Wochenende oder bei längerer Abwesenheit herunterzudrehen. Es wurden in den Gebäuden auch Leuchtstoffröhren auf LED umgestellt, wobei bei jeder Maßnahme auch immer Energiesparpotenziale gegen andere Aspekte, etwa Sicherheitsfragen, abgewogen werden müssen.

Lassen sich diese Einsparerfolge beziffern?

Ja. Im vergangenen Winter haben wir an der TU Darmstadt rund 23 Prozent im Bereich Wärmeversorgung eingespart und knapp zehn Prozent beim Strom. Die selbstgesteckten Ziele der Universität lagen bei der Wärme bei 15 Prozent und fünf Prozent beim Strom. Das haben wir also sogar übertroffen. Ich habe bei den Einsparmöglichkeiten viel Potenzial gesehen, war aber überrascht, dass das so durchgeschlagen hat.

Insgesamt hat die TU im vergangenen Winter bei der Energie den Jahresverbrauch von rund 1.000 Haushalten eingespart. Geht man von rund 90.000 Haushalten in Darmstadt aus, entspricht das etwa einem Prozent der jährlichen Haushaltsenergieverbrauchswerte. Auch wenn sich valide Zahlen erst im Frühjahr errechnen lassen, sind diese Werte bezogen auf den Winter 21/22 auch im aktuellen Winter realistisch – obwohl die Universität die Vorgaben gelockert hat. Beispielsweise wird statt 19 Grad derzeit eine Temperatur von 20 Grad in Büroräumen empfohlen. Das zeigt einfach, dass erhöhtes Bewusstsein einen großen Einspareffekt hat – auch nachhaltig.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit als Energiebeauftragter?

Klimaschutz liegt mir am Herzen. Interessant sind aber auch die neuen Einblicke, die ich dabei in andere Fachbereiche und die Arbeit der Verwaltung der TU gewinne.

Welches Fazit ziehen Sie persönlich nach rund einem Jahr als Energiebeauftragter?

Es ist wichtig, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Muss das sein? Wo kann ich etwas ändern? Wo wird Energie verschwendet? Es ist notwendig, sich immer wieder selbst zu reflektieren und sich auch einzubringen. So gibt es beispielsweise auf der Internetseite der Universität eine Rubrik, wo man neben technischen Mängeln auch Energieeinsparpotenziale melden kann, seien es zugige Fenster, kaputte Steckdosen, defekte Wasserhähne oder Heizkörper, die sich nicht herunterdrehen lassen. Diese Rubrik gab es schon vor der Energiekrise, aber heute ist es noch wichtiger, sie auch zu nutzen. Die TU hat rund 180 Gebäude. Was schlecht funktioniert oder kaputt ist, muss mitgeteilt werden. Sonst kann keiner diese Mängel beheben.

Die Fragen stellte Astrid Ludwig.