„Den Schreck beherrscht letztendlich keiner“

Ingenieure der TU Darmstadt erproben neue Motorrad-Bremssysteme

12.06.2013

Am Fachgebiet Fahrzeugtechnik werden Systeme entwickelt, die Motorräder sicherer machen sollen – vor allem in Kurven. Ein wichtiges Element ist der Bremslenkmoment-Verhinderer.

Neue Technik hält das Motorrad sicher auf Kurs. Bild: Katrin Binner

Mehrkomponenten-Reifen, Anti-Blockier- und Kombibremssysteme: Motorräder von heute sind echte High-Tech-Maschinen. Dennoch bleibt das Fahren auf den rasanten Zweirädern ein riskantes Vergnügen. „Eine besondere Herausforderung ist der Bremsvorgang“, sagt der Ingenieur und wissenschaftliche Mitarbeiter Kai Schröter, „vor allem in Kurven“.

Dabei sei schon optimales Bremsen beim Geradeausfahren eine Wissenschaft für sich. Mit steigender Verzögerung muss hinten ab- und vorne zu -nehmend gebremst werden, ohne dass sich das Motorrad überschlägt oder die Räder blockieren, denn ohne stabilisierende Kreiselwirkung droht in Sekundenbruchteilen ein Sturz. In Schräglage wandert zudem der Kontaktpunkt zwischen Reifen und Fahrbahn zur Kurveninnenseite. Vor allem die am Vorderrad angreifende Bremskraft erzeugt über diesen seitlichen Abstand zur mittigen Lenkachse ein Bremslenkmoment (BLM), das vom Fahrer abgestützt werden muss.

„Selbst mit großer Routine ist es im Notfall mit einer konventionellen Bremse praktisch unmöglich, all diese Anforderungen zeitgleich zumeistern“, weiß der Fahrdynamik-Experte. Ein modernes blockiergeschütztes Kombibremssystem ermögliche es mit entsprechender Übung hingegen fast jedermann, sogar in Kurven sicher und mitunter heftiger zu bremsen, als die meisten sich geradeaus trauten. „Kritisch wird es erst im Schreck“.

Wertvolle Reaktionszeit geht verloren

Schon bei Verzögerungen weit unterhalb der ABS-Regelschwelle wird das BLM von vielen Fahrern dann häufig nicht mehr ausreichend kompensiert und die Lenkung schlägt weiter ein. Die Fahrphysik tut ein Übriges, das Motorrad richtet sich auf und ist plötzlich auf einem größeren Radius unterwegs, als vom Fahrer geplant.

Derart irritiert, geht wertvolle Reaktionszeit verloren; das Risiko des unkontrollierten Abkommens von der Fahrbahn oder gar einer Frontalkollision ist hoch. „Jeder Motorradfahrer kennt das Phänomen“, berichtet Schröter. „Man kann zwar trainieren, damit umzugehen, den Schreck beherrscht aber letztendlich keiner“.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der hoch³ FORSCHEN – der Publikation für Forschungsthemen an der TU Darmstadt.