Große Sprünge mit hohen Schuhen

Franziska-Braun-Preis 2013 an Best Practice Projekt verliehen

27.06.2013 von

Der mit 25.000 Euro dotierte Franziska-Braun-Preis geht an das Projekt „Achilles High Heel“ zur „Optimierung lasttragender Systeme“, das damit als Best Practice Modell für das Gewinnen von mehr Frauen in den MINT-Fächern ausgezeichnet wurde. Acht Frauen und zwei Männer entwarfen für das Projekt den optimalen hochhackigen Schuh unter Berücksichtigung potentieller Risiken.

Ehrensenator Carlo Giersch und Präsident Hans Jürgen Prömel übergeben den Preis an Lucia Mosch vom Gleichstellungsteam des Sonderforschungbereichs. Bild: Felipe Fernandes

„Wer spannende wissenschaftliche Lösungsansätze und zugleich auf innovative Weise Gleichstellungsimpulse liefert, hat den Franziska-Braun-Preis mehr als verdient“, findet TU-Präsident Professor Hans Jürgen Prömel. Die von der Carlo und Karin Giersch-Stiftung an der TU Darmstadt gestiftete Auszeichnung würdigt Best Practice Modelle an der TU Darmstadt für mehr Frauen in Forschung, Lehre und Studium.

„Der nach der ersten Studentin der TH Darmstadt benannte Franziska-Braun- Preis ist ein wichtiges Instrument im Rahmen unseres strategischen Ziels, Studentinnen und Wissenschaftlerinnen insbesondere in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern zu gewinnen und auf allen Karriere-Ebenen zu fördern“, so Präsident Prömel.

Den Festvortrag bei der Preisverleihung im Hessischen Staatsarchiv hielt Frau Dipl.-Ing. Bollin Flade, geschäftsführende Gesellschafterin der Christian Bollin Armaturenfabrik GmbH und Alumna der TU Darmstadt. Frau Bollin-Flade zeichnete in Ihrer Ansprache auf sehr persönliche Weise den Karriereweg einer Ingenieurin damals und heute nach. Professor Burkhard Kümmerer, Dekan des Fachbereichs Mathematik, hielt die Laudatio.

Besonderes Highlight der Preisverleihung war die Teilnahme von Frau Annemarie Sanio, Tochter der Namensgeberin Franziska Braun sowie von Frau Prof. Dr. Sabine Sanio, Enkelin von Franziska Braun.

Forschungsprojekt aus dem Alltag

Die Preisverleihung in Bildern [Klicken Sie auf das Bild, um die Fotostrecke zu starten]

 

 

 

Dipl.-Ing. Dagmar Bollin-Flade befasste sich in ihrem Festvortrag mit der Bedeutung von weiblichen Vorbildern in MINT-Fächern.

Die Verleihung fand im Hessischen Staatsarchiv am Karolinenplatz statt. Professor Burkhard Kümmerer, Dekan des Fachbereichs Mathematik, hielt die Laudatio.

Dipl-Ing. Lucia Mosch, Sprecherin des Gleichstellungsteams am Sonderforschungsbereich 805, erklärte die Idee des Wettbewerbs.

 

 

Mathematik bringt Ästhetik und Sicherheit zusammen

Zuerst entwarfen die Studierenden anhand einfacher Skizzen und Handzeichnungen die grundlegende Gestaltung der High Heels. Diese wurden dabei definiert als offene Schuhe, bei denen die Riemchen nicht Teil der lasttragenden Konstruktion sind und deren Absatzhöhe mindestens zehn Zentimeter beträgt. Doch nicht nur Sicherheit war ein Aspekt, den die Studierenden zu berücksichtigen hatten, sondern auch der ästhetische Anspruch. „Schöne“ Schuhe sind demnach möglichst leicht und bestehen aus wenig Material – was sich auf den ersten Blick nur schwer mit dem Ziel Sicherheit vereinen lässt.

Unter diesen eher ungünstigen Voraussetzungen einen stabilen High Heel zu konstruieren, gelang jedoch mit Hilfe der mathematischen Optimierung. Aus verschiedenen Lösungsansätzen wählten die angehenden Wissenschaftler eine Methode der Stabwerksoptimierung. Um aber nicht nur für eine vorgegebene Belastung ein stabiles Stabwerk berechnen zu können, wendeten sie die sogenannte Robuste Optimierung an. Mit einem speziell im SFB 805 entwickelten Berechnungs-Programm definierten sie eine Unsicherheitsmenge, innerhalb derer die Last variieren kann. So ergab sich eine Struktur, die für unterschiedliche Belastungen möglichst stabil ist.

Auftretende Unsicherheiten

Die drei besten High Heel-Konstruktionen als CAD-Modelle. Bild: SFB 805 / TU Darmstadt
Die drei besten High Heel-Konstruktionen als CAD-Modelle. Bild: SFB 805 / TU Darmstadt

Die drei besten Lösungs-Modelle wurden anschließend in ein dreidimensionales CAD-Modell (Computer Aided Design) umgewandelt und die auftretenden Unsicherheiten visualisiert. Um nicht nur graphische Modelle, sondern auch tatsächlich ein fertiges Produkt zu erhalten, wurde dann im Rapid Prototype (RPT)-Verfahren, bei dem mehrere Plastikschichten übereinander geschmolzen werden, ein Kunststoff-Modell hergestellt.

Da die so entstandenen High Heels allerdings zu klein waren, konnte kein Praxistest durchgeführt werden. Um dennoch ein Gewinner-Modell küren zu können, wurde in einem Unsicherheits-Bewertungsschema ermittelt, wie gut der jeweilige Schuh die zu Beginn definierten Unsicherheiten beherrschen kann. Ob die mathematisch optimierten High Heels bald auch in den Schuhgeschäften zu finden sein werden, ist ungewiss. Eine Neuauflage des Wettbewerbs zur Optimierung weiterer lasttragender Systeme aus dem Alltag ist jedoch geplant.