Magnetisches Superatom nachgewiesen

Basis für neuartige Materialien geschaffen

13.09.2013 von

Physikochemiker der TU Darmstadt haben an einem aus mehreren Atomen zusammengesetzten Objekt, einem so genannten Cluster, erstmals magnetisches Verhalten beobachtet, wie es sonst nur einzelne Atome zeigen. Mit diesen Superatomen, also besonders stabile Cluster, könnten in der Nanotechnologie neuartige Materialien hergestellt werden, etwa für magnetische Datenspeicher oder leistungsstärkere Computerchips.

Im Superatom ist ein Mangan-Atom von zwölf Zinn-Atomen umgeben. Grafik: AK Schäfer / TU Darmstadt

Die Forscher Urban Rohrmann und Rolf Schäfer vom Eduard-Zintl-Institut der TU Darmstadt nutzten dafür ein physikalisches Experiment, das die Physiker Otto Stern und Walther Gerlach vor gut 90 Jahren in Frankfurt durchgeführt haben.

Der Stern-Gerlach-Versuch demonstriert besonders anschaulich das ungewöhnliche Verhalten von Teilchen, die den Gesetzen der Quantenphysik unterliegen. Nach diesen Gesetzen können Eigenschaften der Kleinstpartikel nicht jeden Wert annehmen, sondern nur bestimmte, so als könnte ein Auto nur mit exakt 50 oder 100 km/h fahren, aber nicht mit Geschwindigkeiten dazwischen.

Beim ursprünglichen Stern-Gerlach-Versuch wurde ein Strahl aus Silberatomen durch ein ungleichmäßiges Magnetfeld geführt, in dem die Atome unterschiedlich abgelenkt werden, je nachdem in welche Richtung ihr eigenes Magnetfeld zeigt. Aufgrund der Regeln der Quantenphysik kann das Magnetfeld der Silberatome nur in zwei Richtungen zeigen, weshalb der Stern-Gerlach-Versuch einen Strahl aus Silberatomen in zwei Richtungen aufspaltet.

Ein Cluster wie ein Einzelatom

Die Superatome werden in der Cluster-Quelle (links unten) erzeugt und der sich bildende Strahl wird durch den Stern-Gerlach Magneten aufgespalten. Die Aufspaltung des Strahls wird durch eine bewegliche Blende im Massen-Spektrometer (rechts oben) nachgewiesen. Grafik: AK Schäfer / TU Darmstadt
Die Superatome werden in der Cluster-Quelle (links unten) erzeugt und der sich bildende Strahl wird durch den Stern-Gerlach Magneten aufgespalten. Die Aufspaltung des Strahls wird durch eine bewegliche Blende im Massen-Spektrometer (rechts oben) nachgewiesen. Grafik: AK Schäfer / TU Darmstadt

Eine derartige Aufspaltung sahen die Darmstädter Chemiker für einen Strahl aus den von ihnen untersuchten Superatomen. Diese bestanden je aus einem Mangan-Atom, das im Zentrum eines Käfigs aus zwölf Zinn-Atomen eingebettet ist. Dieser Cluster ist sehr symmetrisch: er besitzt die Form eines Ikosaeders – ein Objekt aus 20 gleichseitigen Dreiecken.

„Zwei Elektronen wandern vom Mangan zu den Zinnatomen. Die hohe Symmetrie bewirkt, dass die übrigen Elektronen des verbleibenden Manganions vom Zinnkäfig kaum etwas merken“, erklärt Rohrmann. Diese Konfiguration macht den gesamten Cluster in mancher Hinsicht einem einzelnen Mangan-Atom ähnlich. Auch der Magnetismus ähnelt deshalb dem eines einzelnen Atoms. Dadurch zeigt sich eindrucksvoll der Einfluss der besonderen Symmetrie des Clusters auf das magnetische Verhalten.

Dank solchen Wissens könnten in der Nanotechnologie Materialien mit neuartigen, maßgeschneiderten Eigenschaften hergestellt werden – Materialien nach Design also.

Eine Herausforderung bei dem Experiment bestand darin, den Strahl der Superatome bei sehr niedrigen Temperaturen von 16 Kelvin (-257°C) zu erzeugen. Denn bei diesen Temperaturen vibriert der Cluster nur wenig. Ansonsten verliert er seine Symmetrie und damit sein atomähnliches Verhalten.