El Lissitzky: Architekt – Künstler – Visionär

Berühmter ehemaliger Student der TU Darmstadt im Porträt

21.12.2016 von

Der Architekt und Künstler El Lissitzky studierte von 1910/11 bis 1914 an der damaligen TH Darmstadt Architektur. Heute trägt die Straße am Architekturgebäude auf dem Campus Lichtwiese seinen Namen.

Plakatentwurf für die Leninbühne. Bild: El Lissitzky (gemeinfrei)
Plakatentwurf für die Leninbühne. Bild: El Lissitzky (gemeinfrei)

Wenn man den Namen El Lissitzky hört, kommt einem dieser merkwürdig vertraut vor. Und nicht nur Darmstädter Architekturstudierende sollten nun hellhörig werden.

El Lissitzky (vollständiger Name Eliezer (Lazar) Markovič Lisickij, geboren am 22. November 1890 in Potschinok, gestorben am 30. Dezember 1941 in Moskau) war ein russischer Student jüdischen Glaubens, der mit Unterbrechungen von 1910/11 bis 1914 an der damaligen TH Darmstadt Architektur studierte.

Ursprünglich wollte er an der Akademie der Künste in St. Petersburg studieren, doch der in Russland herrschende Antisemitismus schränkte die Zulassung jüdischer Studenten massiv ein. Daher entschloss er sich, wie auch andere russisch-jüdische Studenten, in Deutschland zu studieren. Seine Wahl fiel nicht zufällig auf die TH Darmstadt, da in der Abteilung für Architektur namhafte Professoren wie Friedrich Pützer und Georg Wickop lehrten. Die Studienzeit prägte ihn sehr; sie wurde zur Grundlage seines späteren künstlerischen Schaffens.

1914 musste El Lissitzky im Zuge der Kriegswirren Darmstadt verlassen, ohne sein Diplom abgelegt zu haben. Er setzte sein Studium am Polytechnischen Institut Riga (während des Ersten Weltkriegs nach Moskau verlegt) fort und beendete es 1918 mit dem Diplom. Bereits ein Jahr später erhielt er von Marc Chagall einen Lehrauftrag an der Kunsthochschule Witebsk (heute Weißrussland).

El Lissitzky entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Vertreter der russischen Avantgarde und des Konstruktivismus. Sein Schaffen war äußerst vielfältig und deckte verschiedenste Bereiche wie Architektur, Grafikdesign, Malerei und Typografie ab. Zu seinen bekanntesten Projekten zählt das »PROUN« (Projekt für die Gründung neuer Formen in der Kunst). Man versteht darunter in erster Linie Bilder und Grafiken, in denen Lissitzky mehrere verschiedene geometrische Elemente verwendete.

Die politischen Verhältnisse in Russland hatten großen Einfluss auf seine Arbeiten, was sich in seinen Plakat- und Zeitschriftenentwürfen widerspiegelt. Das Plakat »Schlagt die Weißen [=Weißgardisten] mit dem roten Keil« (1920) sowie der Entwurf für die »Lenintribüne« (1920) (siehe Abb.) verdeutlichten exemplarisch seine politische Orientierung.

Zwischen 1924 und 1926 wandte er sich wieder verstärkt der Architektur zu, wobei er sich vorwiegend auf die Architekturtheorie konzentrierte. Aus dieser Zeit stammte auch sein bekannter, als Antithese zum kapitalistischen Wolkenkratzer konzipierter Entwurf des sogenannten »Wolkenbügel« (1924). Des Weiteren veröffentlichte er diverse Artikel zu aktuellen europäischen Bautrends, wie beispielsweise zum Bauhaus. Zeit seines Schaffens pflegte er intensive Kontakte zu Künstlern wie Hans Arp, Kurt Schwitters, Kasimir Malewitsch und Theo van Doesburg.

Auch nach seinem Tod geriet der Name Lissitzky in Darmstadt nicht in Vergessenheit. Zu Ehren seines 100. Geburtstags initiierte der Fachbereich Architektur der TH Darmstadt unter der Leitung von Professor Max Bächer ein Symposium, das vom 15.11.1990 bis 06.01.1991 auf der Mathildenhöhe stattfand. Ausgestellt wurden unter anderem studentische Arbeiten, die sich an Lissitzkys Werken orientierten. Zudem benannte die TH Darmstadt im Rahmen des Symposiums die Straße am Architekturgebäude in »El-Lissitzky-Straße« um. So weist El Lissitzky seither den Studierenden den Weg zum Fachbereich Architektur.