OP-Roboter mit Fingerspitzengefühl

TU Darmstadt entwickelt Geräte für minimalinvasive Chirurgie weiter

29.06.2017 von

Forscher der Technischen Universität Darmstadt entwickeln einen Roboter für Operationen im Bauchraum. Er soll die Chirurgen entlasten und den Behandlungserfolg steigern. Dank neuartiger Sensoren operiert der künstliche Helfer besonders feinfühlig.

Ein Teil des Projektteams: (v.l.n.r.): Die Professoren Roland Werthschützky und Helmut F. Schlaak sowie Dr. Christian Hatzfeld und Johannes Bilz. Bild: Katrin Binner
Ein Teil des Projektteams: (v.l.n.r.): Die Professoren Roland Werthschützky und Helmut F. Schlaak sowie Dr. Christian Hatzfeld und Johannes Bilz. Bild: Katrin Binner

Roboter halten Einzug in den Alltag und sind auch in der Medizin zunehmend gefragt. Im Rahmen des DFG-Projekts FLEXMIN entwickeln Wissenschaftler der TU Darmstadt einen Roboter für die minimalinvasive Chirurgie im Bauchraum, speziell für die Entfernung von Tumoren des Enddarms. Die chirurgischen Instrumente und eine Mini-Kamera sollen transanal, also über eine natürliche Körperöffnung, eingeführt werden. „Das schont den Patienten, denn der Verzicht auf Schnitte beschleunigt die Heilung“, erklärt Dr. Christian Hatzfeld, Habilitand im Fachgebiet Mess- und Sensortechnik der TU Darmstadt. Außerdem bleibt keine Narbe.

Der Operationsroboter wird vom Chirurgen ferngesteuert. Der Arzt sitzt dabei bequem an einem Bedientisch und verfolgt den Eingriff live und in Vergrößerung auf einem Bildschirm. Die in den Körper eingeführten chirurgischen Instrumente bewegt er über stiftähnliche Griffe und Klammern mit seinen Händen. Störende Effekte wie Händezittern eliminiert das System. Für Standardaufgaben wie das Setzen von chirurgischen Nähten könnten zukünftig sogar Autopilotfunktionen integriert werden.

Ausgeklügelste Feinstmechanik

Der FLEXMIN-Roboter für die minimalinvasive Chirurgie im Bauchraum. Bild: Katrin Binner
Der FLEXMIN-Roboter für die minimalinvasive Chirurgie im Bauchraum. Bild: Katrin Binner

Bisherige Chirurgieroboter, die viele Kliniken schon einsetzen, besitzen einen Nachteil: Sie haben kein Fingerspitzengefühl und spüren zum Beispiel nicht, wo knotiges krankes Gewebe endet und gesundes anfängt. Die Forscher der TU Darmstadt haben daher Sensoren entwickelt, die ihrem OP-Roboter eine Art Tastsinn verleihen. Eine weitere Besonderheit des Darmstädter Systems ist eine extreme Leichtgängigkeit, die noch kein Roboter zuvor erreichte. „Bei der Realisierung der ausgeklügelten Feinstmechanik und Antriebstechnik sind wir bis an die technischen Grenzen gegangen“, betont Professor Dr. Helmut F. Schlaak, Leiter des Fachgebiets Mikrotechnik und Elektromechanische Systeme.

„Roboter erlauben Eingriffe, die bisher nicht möglich waren, und überzeugen mit diesen Funktionen auch die Ärzte“, unterstreicht Professor Dr. Mario Kupnik, Leiter des Fachgebiets Mess- und Sensortechnik. Der Einzug von Robotern in die Chirurgie läute zudem ein neues Zeitalter der Telemedizin ein: „Bei komplizierten Eingriffen können Top-Chirurgen über eine spezielle Datenleitung zugeschaltet werden.“

Selbst in Krisengebieten und in Kliniken auf dem Land wären so Spezialoperationen möglich. Darüber hinaus sind Roboter mit Fingerspitzengefühl und ausgefeilter Feinmotorik auch bei der Wartung von Industriemaschinen und vielen anderen Aufgaben gefragt. Vor allem wenn Gefahr droht, etwa beim Entschärfen von Bomben oder der Reparatur von Nuklearanlagen, würde mancher Experte einem Roboterkollegen gerne den Vortritt lassen.

Diese und weitere spannende Geschichten aus der Forschung finden Sie auch in der aktuellen hoch³ FORSCHEN: