Wenig Wissen über Gesundheit in Slums

Untersuchung der TU Darmstadt zeigt Defizite auf

25.03.2020

Rund eine Milliarde Menschen weltweit leben in Slums und sind deshalb großen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Auch die aktuelle Coronakrise macht dies wieder deutlich. In einer aktuellen Studie, die jüngst im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ veröffentlicht wurde, zeigt ein Team der TU Darmstadt und des Klinikums Darmstadt, dass das Wissen über Zusammenhänge zwischen der Wohnsituation in Slums und der Gesundheit der Bewohner derzeit noch sehr beschränkt und wenig brauchbar aufbereitet ist.

John Friesen ist Erstautor der Studie.

Für den Aufsatz „Slums, Space, and State of Health – A Link between Settlement Morpholopgy and Health Data“ trugen Wissenschaftler des Instituts für Fluidsystemtechnik (FST) am Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt und eine angehende Ärztin des Klinikums Darmstadt den derzeitigen Forschungsstand zu Slums zusammen.

Dazu sichtete das Team zunächst die aktuelle Literatur, die beschreibt wie die Ausbreitung von Slums erfasst werden kann, zum Beispiel mit Hilfe von Satellitendaten. In einem weiteren Schritt untersuchte das Team 376 medizinische Studien der letzten fünf Jahre, die sich mit der Gesundheitssituation in Slums auseinandersetzen: Welche Krankheitskategorien wie beispielsweise Infektionskrankheiten, nicht übertragbare Krankheiten wie Krebs oder Herzkreislauferkrankungen oder psychische Krankheiten erfassen die analysierten Untersuchungen? Welche geographischen Räume decken die Studien ab – wurde nur ein einzelner Slum untersucht, eine Stadt oder ein ganzes Land?

Die Ergebnisse zeigen, dass sich ein großer Teil der bislang vorliegenden Studien vor allem auf spezielle Regionen beschränkt. Obwohl ein großer Teil der Bevölkerung im Afrika südlich der Sahara in slumähnlichen Siedlungen wohnt, ist wenig über die Lebensumstände dieser Menschen bekannt. Beispielsweise wurden von den 82 medizinischen Studien, die einzelne Slums untersuchen, 41 Studien in Nairobi, Kenia, durchgeführt. „Das bedeutet, dass sich das Wissen, das wir über den Gesundheitszustand von Slumbewohnern haben, häufig nur auf eine spezielle Stadt in Kenia beschränkt“, erklärt John Friesen, Erstautor der Studie und Mitarbeiter am Institut für Fluidsystemtechnik. „Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit wir unser Wissen von Slumbewohnern von einer globalen Region auf eine andere übertragen können.“

Globale Entwicklungen oder lokale Besonderheiten

Zudem fehle es an einheitlichen Datenbanken für Gesundheits- wie für Siedlungsdaten und an Studien, die Unterschiede zwischen Slums verschiedener Regionen oder Länder untersuchen, fand das Team heraus. Diese Voraussetzungen seien jedoch notwendig, um globale Entwicklungen oder lokale Besonderheiten bei der Gesundheitssituation von Slumbewohnerinnen und –bewohnern zu identifizieren und Aussagen über Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Lebenssituation treffen zu können.

Mit der Situation in Slums setzt sich das FST schon länger auseinander und hat sich zum Beispiel die Entwicklung von Werkzeugen zur Verbesserung der Wasserversorgung in Elendsquartieren zur Aufgabe gemacht. Seit 2017 analysiert ein am FST ansässiges Team unter Leitung von Professor Dr.-Ing. Peter Pelz in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Satellitendaten, mit denen sich die Größe von Slums sehr präzise bestimmen lässt. Daraus leiten die Forschenden optimierte, robuste und skalierbare Netzwerkdesigns für die effiziente Wasserversorgung in Elendsquartieren ab.

sip