Artenkenntnis digital

Neues Lernwerkzeug nicht nur für die Corona-Zeit

12.05.2020

Über die deutschlandweite Initiative DigiTiB (Digitale Tierbestimmung) entsteht derzeit eine umfassende digitale Lehr- und Lernplattform. DigiTiB wurde von den beiden Biologiedozenten Dr. Michael Heethoff (TU Darmstadt) und Dr. Peter Michalik (Universität Greifswald) ins Leben gerufen. So können Studierende digital Artenkenntnis erlangen und nach der erfolgreichen Bestimmung Wissenswertes zur Biologie der jeweiligen Tiere erfahren.

Die Lehr- und Lernplattform von DigiTiB.

Bereits knapp vier Wochen nach dem Start der Initiative Anfang April 2020 sind über 2.500 Bilder von über 500 Arten aus knapp 20 Hochschulen und weiteren Einrichtungen eingegangen. Gut 300 Arten von Schnecken, Muscheln und Wirbeltieren (Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere) können bereits unter DigiTiB bestimmt werden. Alle Mitwirkenden verzichten in dem Projekt auf ihre Bildrechte, so dass das Bildmaterial in DigiTiB Interessierten zur freien Verfügung steht.

Warum ist Artenkenntnis wichtig?

Fundiertes Wissen über Vielfalt und Funktionen von Organismen bildet die Basis für nachhaltiges Handeln im Natur- und Klimaschutz. Das Erkennen der Organismen in ihren Lebensräumen ist dabei von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der heimischen Tier- und Pflanzenarten eine grundlegende Komponente biowissenschaftlicher Studiengänge. Sie wird im Rahmen von praktischen Übungen anhand von universitären Sammlungen unterrichtet und ergänzt durch Exkursionen ins Freiland – in den natürlichen Lebensraum der erlernten Arten.

Tierbestimmung unter den aktuellen Kontaktbeschränkungen

Wie kann der Zugang zu den Tier- und Pflanzen-Sammlungen ermöglicht werden, wenn die Studierenden nicht im Kursraum sitzen? Diese Frage stellten sich die Initiatoren nicht erst seit der Corona-Pandemie in Deutschland. Allerdings hat die aktuelle Situation die Entwicklung von DigiTiB beschleunigt, da nun an vielen Hochschulen unmittelbar der Bedarf nach einem digitalen Lernwerkzeug für die Tierbestimmung bestand.

„Wir haben uns gedacht, dass DigiTiB gerade in dieser Zeit großes Potential bietet, um Studierenden trotz Kontaktverbot die Möglichkeit zu geben, heimische Tiere zu bestimmen und näher kennenzulernen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass DigiTiB keineswegs einen praktischen Präsenzkurs ersetzt, sondern als Lernwerkzeug auch außerhalb der Kontaktzeit Zugang zu Präparaten ermöglicht“, so Dr. Peter Michalik von der Universität Greifswald.

Allerdings ist es für alle Beteiligten eine große Herausforderung, in so kurzer Zeit und bei teilweise eingeschränktem Zugang zu den Sammlungen die Bilder anzufertigen und die zahlreichen Arten mit ihren Kennblättern und den dazugehörigen Bildern aufzuarbeiten und in DigiTiB zur Verfügung zu stellen. Dass es dennoch klappt, liegt vor allem auch an der spontanen Bereitschaft, die Initiative mit Bildmaterial zu unterstützen. „Wir waren begeistert von der überwältigenden Resonanz auf unseren Aufruf – etwa 50 Lehrende von knapp 20 Hochschulen haben direkt ihre Mitarbeit zugesichert. Insgesamt werden circa 900 Tierarten in universitären Kursen vorgestellt. Wir hoffen, dass wir einen großen Teil davon in absehbarer Zeit in DigiTiB integrieren können“, so Dr. Michael Heethoff von der TU Darmstadt.

In den kommenden Wochen wird DigiTiB um mehrere hundert Arten der Gliederfüßer (zum Beispiel Insekten und Spinnentiere) erweitert. In der weiteren Entwicklung soll DigiTiB in Kooperation mit dem Digitalen Naturhistorischen Archiv Darmstadt e. V. (DINARDA) durch zahlreiche virtuelle 3D-Modelle ergänzt und als interaktiver Naturführer mit integrierten Bestimmungsschlüsseln ausgebaut werden.

Biologiedozent PD Dr. Michael Heethoff.
Biologiedozent PD Dr. Michael Heethoff.

Somit ist DigiTiB auch attraktiv für Schulen und interessierte Laien, die sich gerne selbst an der Bestimmung heimischer Tiere versuchen möchten.

Michael Heethoff/Peter Michalik/cst

Blended Learning in der praktischen biowissenschaftlichen Lehre

Die Initiative ist Teil eines größeren Projektes zu digitalen Lehr-Lern-Formen in der praktischen biowissenschaftlichen Lehre an der Universität Greifswald, in Kooperation mit der TU Darmstadt und der Universität Rostock. Sie wird finanziell vom Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt.