„Bausteine für die neue Leitvision“

TU Darmstadt erarbeitet Gesamtstrategie – breiter Beteiligungsprozess

13.05.2020

Die TU Darmstadt hat einen breiten Diskussionsprozess über ihre künftige Strategie gestartet: Wofür soll die Universität künftig stehen? Welches Profil zeichnet sie aus? Im ersten Schritt richtet sich der Fokus auf die Felder Forschung und Internationalisierung. In rund zwei Jahren soll ein umfassendes neues Leitbild vorliegen. Die Schritte hierzu sowie die Formen der Beteiligung erläutert TU-Präsidentin Professorin Tanja Brühl im Interview.

TU-Präsidentin Professorin Dr. Tanja Brühl

Frau Brühl, das Präsidium ist in den Prozess der Entwicklung eines Strategiekonzepts für die TU Darmstadt gestartet. Was ist der Anlass dafür?

Es gibt zwei Anlässe: Erstens eine intrinsische Motivation. Als neue Präsidentin möchte ich das Profil der TU Darmstadt schärfen. Wir stehen gut da in Lehre und Forschung, aber wir können noch besser werden. Dazu brauchen wir gemeinsame Zielbilder und eine Strategie, wie wir dort hinkommen. Da passte es gut, dass das hessische Wissenschaftsministerium alle hessischen Hochschulen aufgefordert hat, Profilbildungsprozesse voranzutreiben. Und das ist der externe Anlass. Das Ministerium erwartet ganz konkret als Grundlage für die nächste Zielvereinbarung ein Strategiekonzept für die Leistungsdimensionen Forschung und Internationalisierung.

Der jetzt angestoßene Prozess dient beiden Zwecken – der internen Verständigung innerhalb der TU Darmstadt über die strategische Ausrichtung der nächsten Jahre und der Übergabe unseres Plans an das Ministerium.

Was sind die konkreten Themen und Meilensteine?

In diesem Jahr werden wir eine Forschungsstrategie und eine Internationalisierungsstrategie erarbeiten. Im Bereich der Forschung markieren derzeit die sechs Profilbereiche unsere Forschungsstärke in den jeweiligen Feldern. Sind das aber zugleich die Themen, für die die TUDa in Zukunft stehen will? Die Künstliche Intelligenz ist beispielsweise hier nicht explizit erwähnt. Hier stehen Weichenstellungen an.

Während das Land vorgegeben hat, dass wir eine Forschungsstrategie erarbeiten, konnten wir das Thema des zweiten Prozesses selbst wählen. Da lag die Internationalisierung auf der Hand. Hier brauchen wir ein Update der bestehenden Strategie, die quasi vom Erfolg überholt wurde: Wir sind mit unserem Universitätsverbund UNITE! seit dem vorigen Jahr „Europäische Universität“ – dies ist ein profilprägender Schritt für die TU, der uns stark voranbringen wird, aber in seinen Konsequenzen auch strategisch in der Universität diskutiert werden muss.

In den nächsten Wochen werden erste Entwürfe der beiden Strategien erarbeitet, die dann in den Fachbereichsräten, dem Senat, der Universitätsversammlung und dem Hochschulrat diskutiert und kommentiert werden. Im Sommer werden wir unsere Zwischenergebnisse externen Gutachtenden im sogenannten Audit vorstellen und Empfehlungen erhalten. Beide Strategieprozesse werden, das sind Vorgaben des Ministeriums, noch in 2020 abgeschlossen sein. Im Herbst steht dann die vom Land Hessen durchgeführte externe Begutachtung an. Ein sogenanntes „Sounding Board“ wird die Strategien aller hessischen Hochschulen evaluieren und kommentieren. Und diese Überlegungen prägen dann die Zielvereinbarung von Land und TUDa für die Laufzeit ab 2021.

Wie geht es danach weiter?

Es folgen weitere Strategien. So brauchen wir eine TU-weite Digitalisierungsstrategie. Auch die Stärkung der Diversität der TUDa ist für mich ein wichtiges Ziel. Eine Transfer-Strategie kann den Gesamtbereich des Wissenstransfers und der Interaktion mit der Gesellschaft, die für eine technische Universität von besonderer Bedeutung sind, beleuchten und weiterentwickeln. Diese drei strategischen Bausteine wollen wir in 2021 und 2022 angehen. Das große Ziel ist dann, auf Grundlage der einzelnen Strategien ein neues Leitbild der TU Darmstadt zu formulieren – im Sinne einer Klärung, wofür wir stehen und welcher Leitvision wir folgen wollen.

Wie kann man sich den Prozess konkret vorstellen?

Jeder der Strategieprozesse wird eigene Charakteristika haben. Auch weil sie von der Vizepräsidentin bzw. den Vizepräsidenten geleitet werden, die jeweils eigene Impulse setzen. Alle Strategieprozesse eint: Alle Mitglieder der TUDa sind eingeladen mitzuarbeiten. Es gibt themenspezifische Arbeitsgruppen, die für weitere Mitglieder offen sind. Die Gremien der Universität werden wir fortlaufend eng einbinden.

Konkret heißt das: Wir hatten im Präsidium im April drei Workshops zum Gesamtprozess. Ende April haben wir zwei Arbeitsgruppen mit Mitgliedern quer durch die Universität eingesetzt. Und wir sind offen für Input aus allen Bereichen. Wir wollen einen partizipativen und zugleich zielführenden Prozess, damit wir zu guten und breit verankerten Ergebnissen kommen.

Partizipation der TU-Mitglieder – wie geht das konkret in Zeiten der Coronakrise?

Das ist in der Tat eine Herausforderung! Leider können wir derzeit keine große Open Space-Konferenz durchführen. Die Arbeitsgruppen tagen stattdessen digital. Die erste Sitzung der AG Forschungsstrategie war beispielsweise geprägt von hohem Interesse und aktiver Partizipation. Wir werden auch verstärkt andere digitale Plattformen nutzen, etwa verschiedene Module in einem Moodle-Kurs, um zunächst Ideen zu sammeln und später Kommentierungen von erarbeiteten Ergebnissen zu ermöglichen. Und auch die Gremien der Universität, der Senat etwa, arbeiten zurzeit zwar im Videoformat, aber deswegen nicht weniger intensiv.

Das heißt: wie können sich TU-Mitglieder informieren und beteiligen?

Wir berichten natürlich in den Gremien und Beiräten, etwa auch im Wissenschaftlichen Rat und in der Runde der Koordinator*innen der Fachbereiche für Internationalisierung. Wir richten eine Webseite www.tu-darmstadt.de/strategiekonzept ein, die den aktuellen Stand des Prozesses und Zwischenergebnisse bereithält. Und wer noch in den Arbeitsgruppen mitarbeiten möchte, ist gerne dazu eingeladen. Wir wollen die Expertise der TUDa-Mitglieder breit nutzen, um uns für die nächsten Jahre exzellent aufzustellen.

Die Fragen stellten Matthias Adam und Jörg Feuck.