Drehort Chemielabor

Digitale Lehre am Institut IWAR

19.05.2020 von

Mit Moodle-Übungen, Scan-Klausuren und Lehrvideos arbeitet Dr. Christiane Brockmann in ihren Chemie-Kursen und Laborpraktika für angehende Umweltingenieurinnen und -ingenieure schon seit Jahren. Die Mitarbeiterin des Institut IWAR im Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften hat gute Erfahrungen damit gemacht, die ihr im digitalen Sommersemester jetzt nutzen. Vor allem Kurzfilme über Chemie-Versuche und Erklärvideos von Laborgerätschaften will sie ihren Studierenden als didaktische Hilfe vermehrt anbieten.

Chemielabor am Institut IWAR.

Als Dr. Christiane Brockmann im Wintersemester 2010/11 wegen der G-8-Jahrgänge statt der bisher rund 70 Erstsemester im Umweltingenieurwesen plötzlich 700 gegenüberstanden, musste sie reagieren. „Ich wollte ja in Interaktion mit den Studierenden bleiben“, sagt die Dozentin. Schon vor zehn Jahren probierte sie daher E-Learning-Elemente wie die Lernplattform Moodle aus. Bundesweit trat sie darüber in Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen, tauschte Erfahrungen und Best-Practice-Projekte aus, setzte erstmals Audience Response Geräte (ARS), ein Abstimmungs-Tool, in Vorlesungen ein.

Das bescherte nicht nur ihren Studierenden, sondern auch ihr selbst „Aha-Momente“. Die Chemikerin erinnert sich noch gut, „wie schockiert“ sie war, als bei einer inhaltlichen Abfrage per ARS nur zehn Prozent die richtige Antwort gaben. In der anschließenden Diskussion kam heraus, dass die meisten die Frage wegen eines Fachausdrucks nicht verstanden hatten.

Dr. Christiane Brockmann
Dr. Christiane Brockmann

Spielerisch Hemmungen abbauen

„Oft liegt es in der Chemie an sprachlichen Hürden, nicht an inhaltlichen. Die Studierenden kennen die Fachbegriffe noch nicht“, sagt sie. Eine Erfahrung, die unter anderem zu einer Moodle-Übung führte, die Christiane Brockmann heute noch als festes E-Learning-Element einsetzt. „Ich fange früh an, genau zu erklären, wie man Moodle und die verschiedenen Funktionen und Tools nutzt“, berichtet sie.

Eine Möglichkeit etwa ist eine kleine Übung zur Definition von Fachbegriffen mit anschließender gegenseitiger Beurteilung. Brockmann nennt sie Glossar-Übung. Alle Teilnehmenden erhalten jeweils einen zufällig ausgewählten Begriff, der kurz erläutert werden und auf der Lernplattform hochgeladen werden muss. Die Moodle-Aktivität „Gegenseitige Beurteilung“ ordnet für jeden hochgeladenen Beitrag vier Studierende zu, die dazu anhand vorgegebener Leitfragen ein Peer-Feedback erstellen müssen. Nach der Überarbeitung der Beiträge entsteht so wichtiges Material für die Klausurvorbereitung, das von allen im Kurs genutzt werden kann.

Die Feedback-Übung kommt gut an, rund 60 bis 80 Prozent der Studierenden beteiligen sich daran. Sie ist freiwillig, es gibt aber einen Bonuspunkt dafür. Einen Effekt dabei hebt die Dozentin hervor: Die Studierenden üben kontinuierlicher. „Man muss am Ball bleiben. So ist man schnell und beweglich für die Klausuren.“ Brockmann und ihre Tutorinnen geben abschließend eine Rückmeldung auf die Feedbackbeiträge. „Konstruktive Kritik ist bei Erstsemestern sehr wichtig“, betont sie.

Ein Teil der jungen Studierenden, so ihre Erfahrung, trauen sich an technische Tools und Moodle anfangs nicht ohne weiteres heran. Daher erklärt Christiane Brockmann sie zunächst mündlich und schriftlich ausführlich und setzt sie spielerisch ein. „Das war der Moment, wo die Beteiligung an der Übung gut wurde“, sagt sie. In späteren Semestern werden diese Übungen komplexer und dann sind sie auch nicht länger freiwillig, sondern Pflicht.

Schneller loslegen können

Im zweiten Semester absolvieren die Studierenden auch Laborpraktika. Nur an zwei Tagen kommen die Studierenden in das Lehrlabor. Die Zeit ist knapp bemessen. „Umweltingenieure sind keine Chemiker“, betont Christiane Brockmann. In kleinen Gruppen muss rund 120 jungen Menschen daher vorher erklärt werden, wie man im Labor Pipetten benutzt, Analyse-Waage, Photometer. Das dauert jeweils rund zehn Minuten – Zeit, die sinnvoller genutzt werden kann.

Zusammen mit der E-Learning-Gruppe der Hochschuldidaktischen Arbeitsstelle (HDA) der TU hat Brockmann daher Lehrvideos erstellt, die genau den Gebrauch dieser Laborgeräte filmen und erklären. Mehrere rund zwei- bis fünfminütige Videos sind so entstanden, einige davon erläutern auch die Themen Arbeitssicherheit und Rettungswege. Die sehen sich die Studierenden vorher an und im Labor können alle gleich loslegen. Um sicherzustellen, dass die Studierenden vorbereitet an die Versuche gehen, wird das Versuchswissen online abgefragt und geprüft.

Diese Idee will die Chemikerin in diesem digitalen Semester weiterspinnen. „Wir wissen ja nicht, wann, und ob wir wieder in die Labors kommen.“ Die Praktika und die Erfahrungen dort sind jedoch prüfungsrelevant. Mit dem E-Learning-Team der HDA will sie nun chemische Versuche filmen und jeden einzelnen Versuchsschritt ins Szene setzen. Eine Lösung, um Corona-Zeiten zu überbrücken.

Trotz der langen Erfahrung mit Blended-Learning-Konzepten und digitalen Lehrangeboten ist auch für sie in diesem Semester noch vieles neu zu bedenken. Sie hat sich vorgenommen, Informationen im Sinne der Studierenden zu bündeln und nicht zu viele verschiedene Termine zu setzen – schließlich müssen diese jetzt mit einer Vielzahl an digitalen Aufgaben klarkommen. Die Kommunikation, betont sie, muss klar sein: „Was sollen die Studierenden wie und bis wann machen.“ Christiane Brockmann gibt ihnen einen wöchentlichen Arbeitsplan zur Orientierung. „Das vermeidet Verwirrung und allzu viele E-Mails.“ Und das nützt beiden Seiten.