Seminarraum schlägt Kneipe

Studie untersucht, wie Studierende erfolgreiche Peer-Gruppen bilden

24.09.2020

Studien zeigen, dass Lernerfolge auch von den Mitstreiterinnen und Mitstreitern abhängen. Ob dieser sogenannte Peer-Effekt auch für Studierende eine Rolle spielt und wie Studierende ihre Peer-Beziehungen knüpfen, haben Dr. Johannes Rode, Fachgebiet VWL, Internationale Wirtschaft am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, und Dr. Thomas Fischer, ehemaliger Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich und nun an der Universität Lund in Schweden, untersucht. Die Studie wurde im „Journal of Economic Behaviour & Organization“ publiziert. Zentrales Ergebnis: Auch bei Studierenden gibt es Peer-Effekte – jedoch nur unter bestimmten Bedingungen.

Gruppenarbeitsprojekte beeinflussen den Lernerfolg (Archivbild).

In der Studie „Classroom or pub – Where are persistent peer relationships between university students formed?“ wurde der Studienerfolg von über 1000 Studierenden des Wirtschaftsingenieurwesens an der TU Darmstadt ausgewertet. Untersucht wurden zwei unterschiedliche Settings: eine freiwillige, von der Fachschaft organisierte Orientierungswoche vor Beginn des Studiums sowie ein Gruppenarbeitsprojekt mit Teilnahmepflicht zu einem späteren Zeitpunkt im Studienverlauf. In beiden Fällen wurden die Studierenden zufällig in Gruppen eingeteilt und somit potentiellen Peers ausgesetzt. Anhand der im Studium erreichten Noten untersuchten Rode und Fischer, wie sich Peer-Beziehungen entwickelten und welchen Einfluss sie hatten.

Während der formlosen Orientierungswoche wurden durchaus Freundschaften geschlossen, die jedoch für den weiteren Lernerfolg keine Rolle spielten. Ganz anders sah es bei dem Gruppenarbeitsprojekt aus. Rode und Fischer zeigen, dass dabei Kontakte geknüpft werden, die noch mehrere Jahre später den Lernerfolg wechselseitig beeinflussen. „Ein zwangloses, soziales Event zieht nicht unbedingt ,Peer-Effekte‘ nach sich – im Gegensatz zu Studienveranstaltungen. Professionelle Beziehungen, die den künftigen akademischen Erfolg beeinflussen, werden eher in einem professionellen Rahmen aufgebaut als zum Beispiel in einer Kneipe“, sagt Johannes Rode.

Studentische Interaktionen fördern

Hier gilt jedoch eine Einschränkung: Gleich und gleich gesellt sich gern. Peers, die bereits im Voraus ein ähnliches Leistungsniveau hatten, sind besonders einflussreich für den gegenseitigen Lernerfolg. Darin könnte auch eine Erklärung liegen, warum ein inoffizieller Rahmen zum Kontakteknüpfen für die anhaltende, akademische Zusammenarbeit nicht recht taugt: Hier lässt sich schlechter abklopfen, ob man auf etwa gleichem Niveau steht oder in der Zusammenarbeit harmoniert.

Das Gruppenarbeitsprojekt an der Universität hatte – obwohl es spät im Studienverlauf stattfand – einen signifikant und langanhaltenden Einfluss auf den Lernerfolg der Studierenden. „Möglicherwiese ergeben sich sogar stärkere Bindungen, wenn die Studierenden im Studium weiter sind. Dann ist zum Beispiel die Chance geringer, dass ein Peer das Studium abbricht“, so Rode.

Die Studie von Rode und Fischer liefert auch eine wichtige Erkenntnis für die Pandemie-bedingte Umstellung auf Online-Lernen. Universitäres Lernen sollte nicht komplett durch passive Internetinhalte abgedeckt werden. Lehrende sollten versuchen, studentische Interaktion gerade in Zeiten der Pandemie zu fördern, um den individuellen Lernerfolg zu stützen, so die Empfehlung der Wissenschaftler.

lt/jr/sip

Die Veröffentlichung

Thomas Fischer, Johannes Rode, „Classroom or pub – Where are persistent peer relationships between university students formed?“, Journal of Economic Behavior & Organization

DOI: 10.1016/j.jebo.2020.07.019