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Vor 125 Jahren: Einweihung der Neubauten in der Hochschulstraße

04.12.2020 von

Kurz nach der Erhebung des Darmstädter Polytechnikums zur Großherzoglich Hessischen Technischen Hochschule zu Darmstadt durch Großherzog Ludwig IV. 1877 geriet diese durch die Begleiterscheinungen der Gründerkrise und die Einführung des Abiturs als Zugangsberechtigung zunächst in eine schwere Krise. Lediglich 94 Studierende waren 1880 an der TH eingeschrieben, was im Vergleich zum Studienjahr 1877 einen Rückgang von 40 Prozent bedeutete. Durch den 1882 weltweit ersten gegründeten Lehrstuhl für Elektrotechnik und die Berufung von Erasmus Kittler erlangte die TH Darmstadt jedoch internationales Ansehen. Der 1883 etablierte Studiengang lockte auch viele ausländische Studenten nach Darmstadt und entwickelte sich als sechste Abteilung zur größten Fakultät.

Der rapide Anstieg der Studentenzahlen führte dazu, dass die vorhandenen Räumlichkeiten am Kapellplatz nicht mehr ausreichten, weshalb die Stadt Darmstadt der TH städtische Gebäude zur Nutzung überließ und der Unterricht teilweise provisorisch in Baracken stattfinden musste. Erst als Ludwig IV. das Gelände der großherzoglichen Meierei und einen Teil des Herrngartens zur Verfügung stellte, bestand Aussicht auf eine langfristige Verbesserung. Die Professoren Erwin Marx und Heinrich Wagner wurden mit der Planung neuer Gebäude durch eine eigens eingerichtete Baubehörde betraut. Wagner übernahm die Planung und Umsetzung des neuen Hauptgebäudes, während Marx für die beiden Institutsgebäude zuständig war.

Die feierliche Einweihung erfolgte nach zweijähriger Bauphase am 28. Oktober 1895. Umrahmt wurde der Festakt in der neuen Aula des Hauptgebäudes von weiteren Feierlichkeiten, die zwischen dem 26. und 29. Oktober stattfanden, darunter ein Fackelzug durch Darmstadt, eine festliche Vereinigung im städtischen Saalbau und ein abschließender Frühschoppen. Die Einweihung fand in Anwesenheit des Großherzogs, Vertretern des Ministeriums, der oberen Stadtverordneten, des Lehrkörpers der TH Darmstadt sowie weiterer hochrangiger Gäste statt. Anlässlich der Feierlichkeiten vergaben die Stadt Darmstadt, verschiedene lokale Firmen sowie Freiherr Cornelius Wilhelm von Heyl zu Herrnsheim in Worms Stipendien an die Hochschule. Großherzog Ernst Ludwig zeichnete Personen aus, die maßgeblich am Bau beteiligt waren, darunter auch die beiden verantwortlichen Architekten.

Neue Räume für die Fakultäten

Feierliche Einweihung der Neubauten am 28. Oktober 1895.
Feierliche Einweihung der Neubauten am 28. Oktober 1895.

In das Hauptgebäude zogen die Fakultäten Architektur, Ingenieurwesen, Maschinenbau, Mathematik und Naturwissenschaften ein. Außerdem fanden Aula, Verwaltung und Bibliothek dort Platz. Das westliche Institutsgebäude wurde in etwa zwei gleiche Hälften geteilt, in der linken Hälfte bezog das physikalische, in der rechten Hälfte das elektrotechnische Institut die vorgesehenen Räumlichkeiten. Der östliche Institutsbau wurde erst im Jahr 1896 von den chemischen Disziplinen und dem pharmazeutischen Institut bezogen. Die 2,6 Millionen Mark teuren Neubauten, darunter auch ein eigens angelegtes Maschinen- und Kesselhaus zur Versorgung der Gebäude, umfassten eine überbaute Fläche von etwa 6.200 m² und waren mit modernen Niederdruck-Dampfheizungen und elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Im Institut für Elektrotechnik wurde sogar ein elektrischer Fahrstuhl installiert.

Bereits während der Bauphase fand ein intensiver Austausch zwischen den zuständigen Architekten und Vertretern des Lehrkörpers statt, um die baulichen Maßnahmen optimal umsetzen zu können und eine geeignete, auf die Wünsche der Abteilungen zugeschnittene Umgebung zu schaffen.

Die durch die Neubauten entstandene Hochschulstraße wurde 1899 mit einem dämpfenden Bodenbelag aus Kiefernholz ausgestattet. Die zunächst geteilten Institutsgebäude wurden 1904 baulich durch einen Hörsaaltrakt verbunden und mit dem nach seinem Architekten benannten »Pützerturm« ergänzt. Bereits 1908 wurden die vorhandenen Räumlichkeiten erneut erweitert, um optimale Lehr- und Lernverhältnisse zu ermöglichen.