Herausragende Beiträge in der Computerlinguistik

Fellowship für Professorin Iryna Gurevych

07.01.2021

Die Informatik-Professorin Iryna Gurevych, die an der TU Darmstadt zu Künstlicher Intelligenz, Computerlinguistik und Modellen des maschinellen Lernens forscht, hat eine bedeutende wissenschaftliche Auszeichnung erhalten. Im Interview erläutert sie Gründe und führt durch einige laufende Projekte.

Informatik-Professorin Iryna Gurevych (li.) mit Mitgliedern des Graduiertenkollegs AIPHES.

TU Darmstadt: Frau Professorin Gurevych, die renommierte internationale wissenschaftliche Association for Computational Linguistics (ACL) hat Sie kürzlich gemeinsam mit acht weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Top-Universitäten weltweit als neue „Fellows“ aufgenommen. Wie lautete die Begründung und wie ist diese Auszeichnung einzuschätzen?

Prof. Gurevych: Die ACL ist die wichtigste internationale wissenschaftliche Gesellschaft für Computerlinguistik. Sie zeichnet mich für theoretische und praktische Beiträge zu Deep-Learning-Modellen zur Analyse von Texten, zur computergestützten Argumentationsanalyse sowie für die Beiträge rund um die ACL und die deutsche NLP-Community aus.

Generell zeichnet das ACL Fellowship-Programm Mitglieder aus, die mit ihrer Forschung einen außergewöhnlichen Beitrag zum Gebiet der Computerlinguistik leisten, sei es in Form von wissenschaftlicher und technischer Exzellenz, in Form von Diensten für die Community und für die Gesellschaft. Die Anzahl der neuen Fellows, die in einem Jahr ernannt werden, sollte nicht mehr als 0,2 Prozent der aktuellen ACL-Mitglieder ausmachen.

Sie forschen zu Künstlicher Intelligenz, Computerlinguistik und Modellen des maschinellen Lernens. Bitte geben Sie einen kleinen Einblick in Ihre Projekte und einige Anwendungsbeispiele.

Meine Arbeitsgruppe forscht breit an Methoden der automatischen Sprachverarbeitung. Ein Beispiel ist die automatisierte Beantwortung von Fragen in unterschiedlichen Sprachen. Dabei wird Big Data im Internet einbezogen – um sehr große Sprachmodelle zu trainieren, die in den Analysen zum Einsatz kommen, aber auch als ein sehr großer Wissensspeicher, aus dem wir Antworten auf wichtige Fragen automatisiert beziehen.

Grundlage hierfür sind sprachübergreifende Modelle der Textähnlichkeit, mit denen wir einerseits bedeutungsähnliche Fragen und andererseits die relevanten Antwortbestandteile, gegebenenfalls in unterschiedlichen Sprachen, finden. Das ermöglicht eine effiziente Recherche und die Nachnutzung des menschlichen Wissens. Weitere Beispiele aus unserer Arbeit sind intelligente KI-Sprachassistenten, um Fakten auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, oder in großen Mengen der wissenschaftlichen Literatur nach Evidenz zu recherchieren. Ethische Aspekte der Sprachverarbeitung und der KI im Allgemeinen spielen in unserer Forschung eine immer wichtigere Rolle.

Wie läuft Ihr wissenschaftlicher Austausch mit internationalen Fachkolleginnen und -kollegen?

Das umfasst verschiedene Ebenen. Zum einen tauschen wir uns auf jährlichen Top-Konferenzen aus, wo meine Arbeitsgruppe als eines der führenden deutschen Institute für die Sprachverarbeitung regelmäßig mit mehreren Beiträgen präsent ist. Zum anderen kooperieren wir mit Forschenden weltweit, so etwa mit der University of Cambridge, der University of Pennsylvania, der University of Bar-Ilan, aber auch mit Firmen wie Google oder DeepMind.

Sie haben soeben in der ACL auch das Amt „Vice-President-elect“ übernommen und werden im Jahr 2023 ACL-Präsidentin. Was steht auf Ihrer To-do-Liste?

Die Aufgaben umfassen die Vorbereitung und organisatorische Begleitung der ACL 2024 als die wichtigste Top-Konferenz mit derzeit rund 5.000 Teilnehmenden sowie die inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung von ACL. Vor Corona waren das sehr starke Wachstum der Fachgesellschaft, der enorme Anstieg in der Anzahl von Einreichungen und damit verbundene Herausforderungen im Begutachtungsprozess auf der Agenda.

In der Zwischenzeit kommt dazu, dass wir grundsätzlich neue virtuelle und hybride Formate für die Konferenzen brauchen, damit verbunden auch ganz neue Kompetenzen in der virtuellen Kommunikation. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel gather.town als einen riesigen virtuellen Community-Space für den Austausch eingesetzt. Es hat viel Spaß gemacht.

Die Fragen stellte Jörg Feuck