Intelligentes Management gegen Wasserknappheit

EU-Projekt MARSoluT forscht an Herausforderungen unterirdischer Wasserspeicherung

22.03.2021

An der TU Darmstadt hat die Wasserforschung einen hohen Stellenwert. Sieben Fachbereiche forschen in dem interdisziplinären Forschungsschwerpunkt Wasser an den Kernthemen Energie, Werkstoff, Umwelt, Gesundheit und Mechanik. Da unterirdisches Grundwasser ein wichtiger Bestandteil der Trinkwasserversorgung ist, ist die Wasserforschung ein Kernelement der Forschungsaktivitäten des Instituts für Angewandte Geowissenschaften der TU. Zum heutigen Weltwassertag (22. März) stellen wir das an der TU koordinierte EU-Projekt „MARSoluT“ vor.

Infiltrationsbecken in Suvereto, Italy, Flusswasser wird entnommen und in dem Becken infiltriert.

Der von den Vereinten Nationen initiierte Weltwassertag findet jedes Jahr am 22. März statt. Er soll Aufmerksamkeit auf die Ressource Wasser lenken, ihre Bedeutung für Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft und Nachhaltigkeit, und auf die Tatsache, dass weltweit viele Menschen immer noch keinen Zugang zu einer sauberen und sicheren Trinkwasserversorgung haben.

Auch in Europa verschlechtert sich der Zustand des Grundwassers durch Übernutzung, den intensiven Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft, durch Emissionen industrieller Aktivitäten oder durch das Eindringen von Meerwasser in Küstengrundwasserleiter. Für den Mittelmeerraum mit seinen heute schon knappen Wasserressourcen und den im Vergleich zu Mitteleuropa geringen Niederschlagsmengen wird prognostiziert, dass im Jahr 2100 nur noch die Hälfte der heutigen erneuerbaren Wassermengen zur Verfügung stehen werden.

Gleichzeitig werden durch Oberflächenabfluss in Regenperioden, die Einleitung von aufwändig aufbereitetem Abwasser in unsere Flüsse, oder durch die Ableitung überschüssigen Wassers aus unterschiedlichsten Quellen große Süßwassermengen in die Ozeane abgeleitet. Diese Wasserressourcen könnten prinzipiell zusätzlich genutzt werden, um das Wasserangebot, insbesondere in Zeiten hoher Nachfrage, zu erhöhen. Dazu müssten entsprechende Speicherkapazitäten zur Verfügung gestellt werden.

Hier kommt nun der geologische Untergrund mit seinem häufig porösen und wasserdurchlässigen Aufbau ins Spiel: Das anfallende Wasser könnte in großen Mengen unterirdisch in Grundwasserleitern gespeichert werden, eine Möglichkeit, die inzwischen weltweit mehr und mehr genutzt wird. Dieses Konzept, bei dem die unterschiedlichsten Überschusswässer in den Untergrund infiltriert werden und damit zur Verbesserung der Versorgungssicherheit in Zeiten hoher Nachfrage beitragen können, wird auch als „künstliche Grundwasseranreicherung“ oder "Managed Aquifer Recharge (MAR) bezeichnet.

EU-Projekt MARSoluT

Das MARSoluT-Projektteam besucht eine Abwasseraufbereitung in der Los Arenales Region, Spanien.
Das MARSoluT-Projektteam besucht eine Abwasseraufbereitung in der Los Arenales Region, Spanien.

In dem zurzeit von der TU Darmstadt koordinierten EU-Projekt MARSoluT (Managed Aquifer Recharge Solutions Training Network) sollen noch offene wissenschaftliche Fragen bei der Anwendung dieser Technik geklärt werden. Diese betreffen vor allem das Gewährleisten genügend hoher Infiltrationsraten bei der Einbringung von Wässern unterschiedlicher Herkunft in den Untergrund, sowie Fragen mit Bezug zu den Wasserqualitäten. Beide Aspekte werden durch die komplexen Wechselwirkungen zwischen physikalischen, biologischen und hydrochemischen Prozessen während der Infiltration beeinflusst. Obwohl einzelne Prozesse grundsätzlich bekannt sind, bestehen erhebliche Wissenslücken darüber, wie sie miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen. Ein tieferes Verständnis ihres Zusammenspiels kann zu MAR-Systemen führen, die auf beste Leistung in Bezug auf Infiltrationsraten sowie Wasserqualität optimiert sind.

"In Chile, meinem Land, könnte die Wasserverfügbarkeit in den nächsten 40 Jahren um bis zu 50% sinken. Dies, zusätzlich zu der anhaltenden Verschlechterung der Wasserqualität aufgrund von Bergbau, Land- und Forstwirtschaft und anderen industriellen Aktivitäten, sollte uns dazu veranlassen, nach innovativen Lösungen für die Pflege und den Schutz unserer Wasserressourcen zu suchen. Ich hoffe, Teil dieses Prozesses zu sein." (Edinsson Muñoz Vega, Doktorand im Rahmen des MARSoluT-Projekts an der TU Darmstadt)

Im Rahmen des Projektes arbeiten zwölf Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen in sieben Ländern – Deutschland, Spanien, Portugal, Malta, Italien, Griechenland und Israel – gemeinsam an entsprechenden Lösungen, um die Implementierung von MAR-Systemen voranzutreiben und deren gesellschaftliche Akzeptanz zu fördern. Ein wichtiger Schwerpunkt ist dabei die Vernetzung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, welche durch thematisch verknüpfte Projekte, durch gemeinsame Workshops und Summer Schools, sowie durch wechselseitige Gastaufenthalte in den beteiligten Organisationen gefördert wird. Die Forschenden werden außerdem in ihrer Karriereplanung und in der Entwicklung von „Soft Skills“ unterstützt. Exzellenz in Forschung und technologischer Innovation wird durch die Einbeziehung von namhaften Forschungsorganisationen sowie durch Industriepartner aus dem Wassersektor sichergestellt.

MARSoluT wird im Rahmen der europäischen Marie-Skłodowska-Curie-Initiative vier Jahre lang von der Europäischen Kommission mit rund drei Millionen Euro gefördert. Das Projekt ist in seiner Zielsetzung eng mit UN-Nachhaltigkeitszielen verbunden, insbesondere den Oberzielen 6 (Sicherstellen des Zugangs zu Wasser und Abwasserentsorgung) und 13 (Klimawandel), indirekt aber auch mit mehreren anderen Oberzielen, zum Beispiel 2 (Ernährung sichern, den Hunger beenden) und 11 (Nachhaltige Städte und Siedlungen). Wasser spielt in allen genannten Bereichen eine ausschlaggebende Rolle. Darauf sollen auch die Aktivitäten des diesjährigen Weltwassertages am 22. März aufmerksam machen.

Karl Ernst Roehl/Annette Wefer-Roehl/sip