Mit Bioabfällen zu neuen Ressourcen
Vanessa Zeller ist Expertin für Nachhaltigkeitsbewertung – und „Athene Young Investigator“
19.04.2021 von Astrid Ludwig
Dr. Vanessa Zeller erforscht, wie sich bio- und recyclingbasierte Stoffkreisläufe klima- und ressourcenschonend umsetzen lassen. Die Leiterin der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeitsbewertung am Fachgebiet Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft des Instituts IWAR ist erst seit wenigen Monaten an der TU Darmstadt und bewarb sich gleich erfolgreich um die Förderung als „Athene Young Investigator“.

Die junge Umweltwissenschaftlerin wirft so schnell nichts aus der Bahn. Seit dem Wechsel an die TU Darmstadt im Frühjahr 2020 arbeitet nicht nur als Gruppenleiterin am Vanessa Zeller, sie schreibt gleichzeitig auch an ihrer Habilitation, ist dreifache Mutter und meistert in Corona-Zeiten die Herausforderungen von Homeoffice und Homeschooling. Zeit, müde in den Sessel zu sinken, bleibt da kaum. Meist setzt sie sich abends nochmals an den Schreibtisch. Die Anstrengung lächelt sie charmant weg: „Den kritischen Punkt habe ich überstanden“, scherzt sie. Schon die Dissertation schrieb sie, als zwei ihrer Kinder klein waren. Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften
Dabei verlief der Start an der TU durchaus anders als geplant. Im Mai 2020 sollte sie ihre neue Stelle in Darmstadt antreten, doch wegen der Pandemiebeschränkungen durfte sie erst im Sommer aus Belgien nach Deutschland einreisen. Acht Jahre arbeitete sie zuvor als Doktorandin und Postdoc an der Université Libre de Bruxelles. Mit ihrem Mann, ebenfalls Wissenschaftler, war sie 2012 vom Deutschen Biomasse Forschungszentrum in Leipzig nach Belgien gezogen. „Um internationale Erfahrung zu sammeln“, erzählt Zeller, die in Bielefeld Umweltwissenschaften studiert hat. An der Universität in Brüssel kamen ihr ihre Sprachkenntnisse zugute. „Das komplette Umfeld war französisch“, sagt sie. Ihre Vorlesungen, die Forschungen und Promotionsgespräche bewältigte sie auf Französisch.
Mehr Bio für die Region
Ihre Darmstädter Kollegen und Kolleginnen hat Vanessa Zeller wegen Corona bisher zumeist nur in Videokonferenzen und digitalen Zusammenkünften getroffen. Sie freut sich daher auf die Zeit, wenn persönliche Begegnungen wieder möglich sein werden. Dass sie gleich die Förderung als erhalten konnte, begeistert sie. „Das ist ein toller Einstieg“, sagt die Wissenschaftlerin, die seit Juli 2020 an ihrer Habilitation arbeitet. „Athene Young Investigator“ (AYI)
Im Fokus ihrer Forschung steht die Quantifizierung von Umwelteinwirkungen, die durch Konsum und Produktion auf regionaler Ebene entstehen und die Frage, ob und wie sich bioökonomische Technologien klimaschonend einsetzen lassen. Welchen CO2-Abdruck hinterlassen Verfahren, die auf alternative Rohstoffe setzen, im Vergleich zu konventionellen Verfahren? Wie sehen Abfallströme und Ressourcenverbrauch aus? Schon für ihre Promotion entwickelte Zeller ein Input- und Output-Modell zur Bewertung regionaler Umweltwirkungen. „Makroökonomische Modelle zur Bemessung von Umweltwirkungen gab es bisher nur auf nationaler Ebene“, sagt die Umweltwissenschaftlerin.
Makroökonomische Modelle zur Bemessung von Umweltwirkungen gab es bisher nur auf nationaler Ebene.
Am arbeitet sie im Fachgebiet Stoffstrommanagement und Ressourcenwirtschaft. Zeller leitet derzeit im Duo mit Laura Göllner-Völker die zehnköpfige Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsbewertung“. Hauptsächlich befasst sich Vanessa Zeller mit dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt TransRegBio. Institut IWARwird von der TU Darmstadt koordiniert. Es ist Teil des Innovationsraumes BioBall, der mit rund 20 Millionen Euro gefördert wird und eine biobasierte Wirtschaftsweise in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main beschleunigen soll. Deutschlandweit fördert das Ministerium vier solcher Innovationsräume. Das Verbundprojekt „Transformationsanalyse und Gestaltungskonzepte für eine regionale Bioökonomie“
Insektenpopulationen und Grünschnitt
Zeller und ihr Team begleiten die im Rahmen von Bioball geförderten FuEuI-Projekte (Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation) und evaluieren die dort entwickelten innovativen Technologien und Wertschöpfungsketten. So entstehen etwa in einem Bioabfallkreislauf-Projekt Insektenpopulationen, die wiederum als Futter für eine Garnelenzucht dienen. In einem anderen Pilotvorhaben wird kommunaler Grünschnitt genutzt, der zur Produktion von Elektrodenmaterial und Karbonsäuren beiträgt.
Mit Hilfe der AYI-Förderung will die Wissenschaftlerin jedoch nicht nur biobasierte, sondern künftig auch recyclingbasierte Kreislaufwirtschaften erforschen. Ihr Ziel ist der Aufbau einer Nachwuchs-Forschungsgruppe. Der AYI leistet dafür einen Beitrag. „Die systematische Unterstützung und regelmäßige Förderung“, betont Vanessa Zeller, „ist wichtig für meine Habilitation“. Die will sie in den nächsten drei Jahren abschließen – damit sie auf eine Professur berufen werden kann.