Hitzesommer überleben oder austrocknen?

Studie in hessischen Wäldern: Forschungsteam identifiziert Gene für Dürreresistenz in Buchen

18.06.2021

Welche Bäume überstehen trockene Hitzesommer und welche tragen starke Schäden davon? Für Buchen kann man diese Frage nun per Genomanalyse beantworten, gezielt widerstandsfähige Exemplare für die Forstwirtschaft auswählen und so zum Erhalt eines wichtigen Ökosystems beitragen. Die Studie, an der Forschende der TU beteiligt waren, wurde nun im Fachmagazin „eLife“ veröffentlicht.

Ein Team des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums hat unter Beteiligung der TU Darmstadt geschädigte und gesunde Buchen in Hessen untersucht und Bereiche in deren Erbgut identifiziert, die für Dürreresistenz zuständig sind.

Wer im Sommer durch die Wälder streift, sieht immer wieder braune ausgedörrte Blätter und abgestorbene Äste. Das beobachtete auch Prof. Dr. Markus Pfenninger, der am LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik und am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum forscht und an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz lehrt. Etwas fiel ihm besonders ins Auge: „In Buchenwäldern sind nicht alle Bäume gleichermaßen geschädigt. Völlig gesunde stehen unmittelbar neben stark geschädigten Bäumen.“ Solche ungleichen Paare finden sich in ganz Hessen. Aber wie kann das sein?

Die Antwort liegt im Erbgut der Bäume, wie eine Studie an rund 200 Baumpaaren zeigt. Das Genom der Rotbuchen, also deren gesamte Erbinformation in Form von DNA, umfasst 542 Millionen Bausteine. Einige sind bei allen Rotbuchen identisch. Andere unterscheiden sich jedoch von Baum zu Baum. Genau das ist bei gesunden und stark geschädigten Buchen der Fall: Rund 100 DNA-Abschnitte sind demnach für die Dürreresistenz entscheidend.

Molekularökologin Dr. Barbara Feldmeyer vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum erläutert: „Wenn wir einzelne Bäume einordnen, können Forstleute gezielt auf besonders widerstandsfähige Bäume setzen, etwa zur Aufforstung. So sind Buchenwälder nachhaltig für den Klimawandel gerüstet.“

Basierend auf ihren Ergebnissen entwickelten die Forschenden einen Test, mit dem man Dürreresistenz im Erbgut von Buchen – auch bereits in deren Samen – nachweisen kann. Beteiligt waren an der Studie auch Forschende der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, der TU Darmstadt und der Hochschule Geisenheim University.

TU-Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke an Studie beteiligt

Professor Nico Blüthgen
Professor Nico Blüthgen

Auch das Team von Professor Nico Blüthgen, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke am Fachbereich Biologie der TU, war im Sommer 2019 im südlichen Teil Hessens unterwegs und untersuchte sehr viele Buchenbestände mit ausgeprägten Trockenschäden. Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit untersuchte Sabrina Reuter dabei 150 Paare von gesunden und geschädigten Bäumen. In einigen Regionen wie im besonders trockenen Darmstädter Westwald war ein Großteil der Buchenpopulation betroffen, aber auch hier fanden sich einzelne Bäume, die offensichtlich resistenter waren gegen Trockenheit als andere.

„Viele Jahrzehnte alte Buchen sind unter einem deutlich kühleren, feuchteren Klima aufgewachsen und nun mit massiven Veränderungen konfrontiert“, so Blüthgen. Bei einer natürlichen Waldregeneration sei zu erwarten, dass sich die resistenten Formen bei den nachwachsenden, jungen Bäumen durchsetzen. „Die Ergebnisse belegen, wie wichtig die natürliche genetische Vielfalt von Pflanzen ist, um mit Risiken wie veränderten Umweltbedingungen und Klimaveränderungen klar zu kommen“, erklärt Blüthgen. Pflanzungen genetisch einheitlicher Bäume seien dagegen anfälliger gegen solche Risiken.

Die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist der häufigste Laubbaum in den Wäldern Deutschlands. In Hessen wachsen die sommergrünen Bäume auf rund einem Drittel der Landeswaldfläche. Buchen spielen eine immer bedeutendere Rolle in der naturnahen Waldwirtschaft und sind Lebensraum für mehrere tausend Arten.

Für die Studie untersuchten die Forschenden in den Jahren 2019 und 2020 Buchen in ganz Hessen. An jedem der rund 200 Standorte wählten sie je einen gesund aussehenden Baum und einen im Schnitt fünf Meter danebenstehenden Baum mit stark vertrockneten oder fehlenden Blättern aus und gewannen seine DNA. Basierend auf den Genomdaten wurde der Test für die Dürreresistenz-Gene entwickelt. Seine Erfolgsquote lag bei 99 Prozent.

Die Studie legt wissenschaftliche Grundlagen für ein nachhaltiges Management von Buchenwäldern, das die natürliche Selektion widerstandsfähiger Bäume unterstützt. „So können wir dazu beitragen, ein einzigartiges Ökosystem zu erhalten, das den Klimawandel bereits zu spüren bekommt. Denn der nächste Hitzesommer wird kommen – früher oder später“, so Pfenninger.

Publikation

Markus Pfenninger, Friederike Reuss, Angelika Kiebler, Philipp Schönnenbeck, Cosima Caliendo, Susanne Gerber, Berardino Cocchiararo, Sabrina Reuter, Nico Blüthgen, Karsten Mody, Bagdevi Mishra, Miklós Bálint, Marco Thines, Barbara Feldmeyer: „Genomic basis for drought resistance in European beech forests threatened by climate change”, doi.org/10.7554/eLife.65532

LOEWE-TBG/sip