Zeitmaschine

Vor 140 Jahren wurde Hans Rau geboren: ein exzellenter Experimentalphysiker und Lehrer

22.10.2021 von

Am 23. Februar 1961, vor 60 Jahren, verstarb nicht nur ein renommierter deutscher Physiker und Hochschullehrer, sondern auch eine für die Technische Universität Darmstadt bedeutende Persönlichkeit. Hans Rau.

Der Hörsaal für Experimentalphysik im Physikalischen Institut der TH Darmstadt, 1908.

Hans Rau, geboren am 7. Oktober 1881, besuchte die geotechnische Volksschule und das humanistische Gymnasium in seiner Geburtsstadt Würzburg. Nach dem Studium der Mathematik und Physik in München und Würzburg schloss er 1906 seine Promotion mit einer Arbeit über „Beobachtungen an Kanalstrahlen„ an der Universität Würzburg ab. Anschließend zog es ihn an die TH Braunschweig, wo er zunächst Assistent bei Jonathan Zenneck – einem Funkpionier und Miterfinder der Kathodenstrahlröhre – am physikalischen Institut war.

Bereits 1909 erhielt Rau seine Venia Legendi mit einer Arbeit über Stoßerregung elektrischer Schwingungen. Daraufhin übernahm er zeitweise den vakanten Lehrstuhl für Physik. Ab 1911 wirkte er in Würzburg als Assistent und Privatdozent. Ab 1914 fungierte Rau als Kriegsfreiwilliger beim 2. Bayerischen Telegraphenbataillon als Funker und wurde 1917 zum Offizier befördert. Für seine Dienste im Ersten Weltkrieg erhielt er das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse sowie das Bayerische Militärverdienstkreuz 3. Klasse. Nach einem kurzen Aufenthalt in Würzburg ging er an die Ludwig-Maximilians-Universität München, wo Rau 1920 als Extraordinarius tätig war und diverse Vorlesungen hielt.

Hans Rau an der Technischen Hochschule Darmstadt

Rau übernahm eine durch die Emeritierung von Professor Karl Schering vakante Stelle an der Technischen Hochschule Darmstadt und wurde am 01. Oktober 1922 zum ordentlichen Professor ernannt, nahm jedoch bereits einen Monat zuvor seine Tätigkeit auf. Durch das Vertrauen seiner Darmstädter Kollegen wurde er mehrmals zum Dekan ernannt und hatte im akademischen Jahr 1928/29 das Amt des Rektors der TH inne. Des Weiteren war er zwischen 1930 und 1933 Vorsitzender der Vereinigung von Freunden der Technischen Hochschule Darmstadt.

Während des Zweiten Weltkrieges kamen ihm als Direktor des physikalischen Instituts Privilegien zu, da dieses als „Wehrwirtschaftsbetrieb“ eingestuft wurde. In Zusammenarbeit mit dem damaligen Dozenten und späteren Professor für Physik, Rudolf Gebauer, wurde er für den Wiederaufbau der TH Darmstadt nach Kriegsende eingesetzt. Am 31. März 1949 wurde Rau emeritiert, führte jedoch noch bis September 1950 einen Lehrauftrag sowie die kommissarische Direktion des physikalischen Instituts aus. Seine Bemühungen in der Forschung wurden mit fundamentalen Leistungen und Erkenntnissen entlohnt, die für das Fach einen memorablen Charakter besitzen.

Erfolgreich in Forschung und Lehre

Genannt seien als Exponenten seiner umfangreichen wissenschaftlichen Tätigkeit ein von ihm entwickeltes Verfahren der Geschwindigkeitsmessung und die damit verbundenen Methoden zur Untersuchung des Doppeleffektes an Kanalstrahlen sowie seine Erkenntnisse über die Anregungen des Helium-Atoms. Neben seinen unbestrittenen Erfolgen auf dem Gebiet der Forschung war er auch für die Ausbildung und Betreuung bedeutender Wissenschaftler verantwortlich. Er betreute unter anderem die Dissertation des späteren Nobelpreisträgers für Chemie, Gerhard Herzberg, der zudem zwischen 1930 und 1935 als Assistent bei Rau arbeitete. Des Weiteren war er Doktorvater von Theodor Schultes, einem Vorreiter der Radartechnik. Wolfgang Finkelnburg, bedeutender Experimentalphysiker und Mitglied der deutschen Atomkommission, war ab 1936 Oberassistent bei Rau.

Raus Wohnhaus in Darmstadt

Der beliebte und zugleich bescheidene Physiker bewohnte während seiner gesamten Tätigkeit an der TH Darmstadt ein kleines Gebäude in der Hochschulstraße, welches seither „Rau-Bau" genannt wird und noch heute aufgrund des auffälligen Glockendachs die Blicke der Passanten auf sich zieht.

Erschienen in der hoch³ 5/2021