Solar-Decathlon-Haus wird Reallabor

LOEWE-Zentrum emergenCITY forscht zu langanhaltenden Stromausfällen

03.11.2021

Das ehemalige Solar-Decathlon-Haus der TU Darmstadt wird zum Labor: Das LOEWE-Zentrum emergenCITY forscht in diesem „eHUB“ am Krisen-Szenario eines überregionalen, mehrtägigen Stromausfalls. An dem Projekt sind mehrere Fachgebiete der TU beteiligt.

Im ehemaligen Solar-Decathlon-Haus wird an Notfallkonzepten für Stromausfälle geforscht.

Leben ohne Strom – und das tagelang in einer ganzen Region? Eine bedrohliche Vorstellung, die erst zu Beginn dieses Jahres im US-Bundestaat Texas mit fatalen Folgen zur Realität wurde. Die Zahl solcher oder ähnlicher Ausfälle könnte zukünftig zunehmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der emergenCITY-Mission eHUB prognostizieren, dass die Stromnetze durch fehlenden Ausbau, die zunehmende Digitalisierung und einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien in einer europaweiten Vernetzung anfälliger für einen mehrtägigen Blackout werden. Darauf sei die Mehrheit der Bevölkerung nur unzureichend vorbereitet, weshalb es einen dringenden Forschungsbedarf für das Szenario eines langanhaltenden überregionalen Stromausfalls gebe, so die Forschenden.

Es gibt also einen dringenden Forschungsbedarf für das Szenario eines langanhaltenden überregionalen Stromausfalls, gerade im Sinne des Gemeinwohls und um die Energiewende resilienter und sozialer zu gestalten. -Dr. Joachim Schulze (eHUB)

Deshalb stellt die TU Darmstadt der Mission emergenCITY eHUB das Solar–Decathlon-Haus aus dem Jahr 2009 als Reallabor zur Verfügung. Als Plusenergiehaus ist es bereits mit einem nachhaltigen Konzept erbaut. Der hauseigene Energieverbrauch ist minimiert, und über Photovoltaikanlagen an Fassade und Dach kann die zweifache Energiemenge des eigenen Verbrauchs produziert werden. Für das eHUB-Projekt wird das Haus baulich hergerichtet sowie technisch erweitert.

Forschende aus verschiedenen Programmbereichen von emergenCITY untersuchen gemeinsam technische und konzeptionelle Lösungsmöglichkeiten für einen anhaltenden Stromausfall. Auf technischer Ebene sollen mit dem eHUB Erkenntnisse gewonnen werden, wie Nutzende von Photovoltaikanlagen kostengünstig und mit geringem Aufwand einen autarken Strom-Notbetrieb realisieren können. Zum anderen arbeitet das Fachgebiet Energieinformationsnetze- und Systeme (EINS) vom Fachbereich etit gemeinsam mit dem Secure Mobile Networking Lab (SEEMO) vom Fachbereich Informatik an der Adaption vorhandener Geräte im Haus. So kann erforscht werden, wie beispielsweise E-Fahrzeuge oder Hard- und Software eines Smart-Homes in die möglichst effiziente Nutzung vorhandener Energien einbezogen werden können.

Als weiteren Schwerpunkt geht es der Mission eHUB darum, Konzepte für die Allgemeinheit zu entwickeln. Gebäude wie das Solar-Decathlon-Haus könnten im Krisenfall zu einem Knotenpunkt für verschiedene Bedürfnisse der Bevölkerung im Quartier werden: Ob als Notstromquelle für Nachbargebäude oder das örtliche Krankenhaus, als Informations- und Notfallkommunikationshub oder Kommandozentrale. Dafür forscht das Fachgebiet EINS in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Politikwissenschaft (Fachbereich für Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften) und dem Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung (Fachbereich Architektur) der TU Darmstadt sowie dem Fachgebiet Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht der Universität Kassel. Das Telecooperation Lab (Fachbereich Informatik) befasst sich zusätzlich mit einer erweiterten Ausstattung des Hauses, mit der es als Kommandozentrale im Quartier fungieren könnte.

So kann nicht nur unsere Mission von den Forschungsergebnissen profitieren, sondern es lässt sich mit ihrer Hilfe die Resilienz jedes Einzelnen – und im Zusammenspiel aller, auch unserer Gesellschaft – erhöhen. -Anna Stöckl (eHUB)

Die Erkenntnisse aus der Forschung am eHUB kommen Städten und Kommunen, dem Katastrophenschutz und Betreibern kritischer Infrastrukturen zugute.

Auch für die Öffentlichkeit wird die Forschung durch regelmäßige Öffnungstage greif- und erlebbar. So lasse sich die Resilienz jedes Einzelnen – und im Zusammenspiel aller, auch der Gesellschaft – erhöhen, betont das eHUB Team.

emergenCITY/lh/cst