Digitale Erinnerungsarbeit

Ausstellung „Synagogen in Deutschland“ seit 09. November in Frankfurt

09.11.2021

Die weltweit präsentierte Ausstellung „Synagogen in Deutschland – Eine virtuelle Rekonstruktion“, entwickelt am Fachgebiet Digitales Gestalten der TU Darmstadt, ist ab dem 09. November auf Dauer in der Erinnerungsstätte der Initiative 9. November e.V. an der Friedberger Anlage in Frankfurt zu sehen. Sie zeigt mit digitalen Technologien die virtuelle Rekonstruktion von mehr als 25 Synagogen, die zusammen mit vielen anderen 1938 im Novemberpogrom von Nationalsozialisten zerstört wurden.

Ziel der Ausstellung, die anlässlich der Feierlichkeiten zu „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ nun eröffnet wurde, ist es, mit der Visualisierung der Synagogen den kulturellen Verlust und die städtebauliche Bedeutung der zerstörten Bauwerke zu veranschaulichen und die kulturelle Blüte jüdischer Gemeinden zu zeigen. Damit möchte sie Jüdinnen und Juden nicht nur als Opfer des Nationalsozialismus darstellen, sondern am Beispiel der Synagogen Vielfalt und Heterogenität jüdischen Lebens in der Vergangenheit deutlich machen. Die digitalen Bilder vermögen Barrieren des Kennenlernens jüdischer Kultur abzubauen und den sonst unbekannten Raum einer Synagoge vorzustellen. Mit Virtual Reality soll die Möglichkeit gegeben werden, eine Synagoge zumindest virtuell zu betreten und sich mit dem Erscheinungsbild des Innenraums und des Ablaufs eines Gottesdienstes vertraut zu machen.

Die Ausstellung zeigt im ersten Teil den damaligen gesellschaftlichen und politischen Kontext sowie das Ausmaß der Zerstörung. Im zweiten Teil vermitteln Projektionen, Animationen und Virtual-Reality die zerstörte Pracht der Gotteshäuser. Ihre Architektur und Geschichte können Besucherinnen und Besucher zusätzlich an Bildschirm-Arbeitsplätzen selbst erkunden.

Die Digitalisierung ermöglicht für Schülerinnen und Schüler sowie für Jugendliche und Erwachsene einen zeitgemäßen Zugang zur politischen Erinnerungsarbeit und ist eine wertvolle Ergänzung zu den bereits von der Initiative gezeigten Ausstellungen im Bunker an der Friedberger Anlage („Musik als Form geistigen Widerstands – Jüdische Musikerinnen und Musiker 1933 – 1945“, „Ostend – Blick in ein jüdisches Viertel“, „Displaced Persons – Vom DP-Lager Föhrenwald nach Frankfurt in die Waldschmidtstraße“, „Jüdisches Leben in Deutschland heute“). Sie versteht sich als Beitrag gegen aktuellen Antisemitismus und als Baustein zur Erinnerung an die Shoa.

Projekt „Virtuelle Rekonstruktionen“ an der TU

Seit 1995 werden in der NS-Zeit zerstörte Synagogen am Fachgebiet Digitales Gestalten der TU Darmstadt virtuell rekonstruiert. Ziel ist es, den kulturellen Verlust und die Schönheit der einst in Deutschland vorhandenen Synagogen-Architektur vor Augen zu führen. Gleichzeitig soll die Bedeutung der Synagogen für das Stadtbild gewürdigt und in Erinnerung gerufen werden. Synagogen aus 25 Städten sind bis zur Eröffnung dieser Ausstellung rekonstruiert worden und in der Ausstellung zu sehen. Weitere Rekonstruktionen sollen integriert werden. Das Konzept der Ausstellung entstand 2000 im Kontext einer Ausstellung für die Bundeskunsthalle in Bonn. Es bildete auch die Grundlage für eine Wanderausstellung, die in Israel, den USA und in Kanada zu sehen war.

Die Idee zum Projekt der virtuellen Rekonstruktion von Synagogen entstand aus studentischer Initiative nach einem Brandanschlag von Neonazis auf die Synagoge in Lübeck 1994. Dem Anschlag auf die Lübecker Synagoge sollte mit dem Sichtbarmachen zerstörter Synagogen ein symbolisches Zeichen gegen Antisemitismus und anwachsende rechte Gewalt entgegengestellt werden.

Öffnungszeiten

Die Öffnungszeiten der Ausstellungen sind an Sonntagen von Mai bis November, 11 bis 14 Uhr, sowie jetzt im November zusätzlich mittwochs von 17-19 Uhr. Führungen nach Vereinbarung per Email:

Initiative 9. November e.V.

Am 9. November 1938 wurde die ehemals größte und prächtigste Synagoge Frankfurts, die der Israelitischen Religionsgesellschaft, in der Friedberger Anlage durch die Nationalsozialisten zerstört. Französische Zwangsarbeiter mussten 1942/43 auf den Grundmauern der zerstörten Synagoge einen Hochbunker errichten. Er sollte Schutz für die „deutsche“ Bevölkerung vor den Schrecken des herbeigeführten Krieges bieten, jedoch nicht für die von den Nationalsozialisten ausgegrenzten Opfer.

Die Initiative 9. November e.V., ein Zusammenschluss jüdischer und nichtjüdischer Menschen, setzt sich seit über 30 Jahren ehrenamtlich dafür ein, dass dieser geschichtlich bedeutsame Ort der Mahnung, der Begegnung und des Gedenkens die notwendige Bedeutung erfährt und in dem Bewusstsein der Stadtgesellschaft verankert wird. Dies geschieht durch Ausstellungen, Diskussionen, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit.

Initiative 9. November e.V. / bjb