Routenplaner „SportsRouting“: Weniger Fahrten, mehr Talente
Wie vier TUDa-Studenten das Spielerscouting im Fußball effizienter machen
2025/03/20 von Heike Jüngst
Im Profifußball geht es um Millionen – und oft entscheidet die Arbeit von Scouts, ob ein Verein klug investiert oder teure Fehler begeht. Doch die Routenplanung dieser Talentspäher ist bislang ineffizient und zeitaufwändig. Hier setzt das Start-up SportsRouting an. Die vier Gründer Lennard Carlstaedt, Vincent Beinhauer, Julian Jungnitz und Damian Heil, allesamt Studierende der TU Darmstadt, haben eine Software entwickelt, die diesen Prozess optimiert. Ihr Tool spart Zeit, senkt Kosten und ermöglicht es Scouts, deutlich mehr Talente live zu sichten – ein entscheidender Vorteil in einer Branche, in der kluge Entscheidungen Millionen wert sind. Die Idee entstand während eines Praktikums beim SV Darmstadt 98. Wie aus dieser Idee ein marktreifes Produkt und ein vielversprechendes Unternehmen wurde, zeigt ihre Erfolgsgeschichte.

Spielerscouts im Profifußball verbringen oft hunderte Stunden im Auto, planen mühsam ihre Routen und riskieren dennoch, wichtige Talente zu übersehen. Hier setzt an – ein Start-up, das eine Software entwickelt hat, die diesen Prozess radikal vereinfacht: Die Software optimiert den Prozess des Live-Scoutings. Sie berechnet den optimalen Einsatz von Scouts, priorisiert dabei wichtige Spielbeobachtungen und exportiert die Planungen direkt in den Kalender. Das spart Zeit und sorgt für effizientere Spielerbeobachtungen. SportsRouting
Die Technologie basiert dabei auf einem speziell entwickelten Algorithmus, der auf klassische KI-Ansätze bewusst verzichtet. „Künstliche Intelligenz kann sich nur annähern – unser Ansatz liefert hingegen ein mathematisch optimales Ergebnis„, erklärt Vincent Beinhauer, Co-Founder des Start-ups. „Unsere Software basiert auf mathematischen Optimierungsalgorithmen und überträgt das sogenannte “Travelling Salesman Problem„ in den Kontext des Fußballs.“ Dabei berücksichtigt die Lösung von SportsRouting den Umstand, dass Scouts nur zu festen Zeiten ein konkreten Orten Fußballspieler beobachten können.
„Das war zunächst die größte Herausforderung“, verdeutlicht Mitgründer Lennard Carlstaedt: „Beim Spielerscouting haben wir einen komplett anderen Use Case als im herkömmlichen Außendienst.“ Ihr Routenplaner reduziere den Reiseaufwand für Scouts drastisch, ohne Kompromisse bei der Anzahl und Qualität der Spielersichtungen einzugehen. Die Integration von Google Maps ermöglicht zudem eine realistische Einschätzung der Reisezeiten. “Viele Scouts fahren aus gutem Grund lieber Auto statt Bahn – im Auto können sie flexibel telefonieren und Routen anpassen", erklärt Lennard weiter. Für internationale Einsätze arbeitet das Team bereits an einer Erweiterung der Software mit Flug- und Bahnanbindungen.
Scouts im Fußball unverzichtbar
Spielerscouts sind entscheidend für den Erfolg von Profivereinen. Sie beobachten Talente live, analysieren deren Verhalten auf und neben dem Platz und liefern detaillierte Einschätzungen. „Es geht nicht nur um Statistiken – Scouts schauen auch darauf, wie ein Spieler mit Niederlagen umgeht oder wie er sich in der Kabine verhält“, führt Vincent Beinhauer aus.
Ein aufwändiger Prozess. Aus gutem Grund: Transfersummen im Fußball belaufen sich oft auf Millionenbeträge – ein frühzeitiges Entdecken von Talenten kann daher bares Geld bedeuten. „Es macht einen enormen Unterschied, ob ein Verein einen Spieler eine Woche früher entdeckt als die Konkurrenz“, ergänzt Lennard Carlstaedt.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel zeigt, wie Vereine gezielt Regionen scouten. „Manchmal entscheiden Sponsoren und strategische Ziele über die Auswahl von Talenten. Als VW in Japan expandierte, schickte ein von VW gesponsorter deutscher Bundesligist Scouts gezielt dorthin, um Spieler zu entdecken – und zwei davon wurden tatsächlich verpflichtet“, erzählt Damian Heil. „Unter anderem solche gezielten Einsätze sind mit unserer Software viel einfacher planbar."
Vom Praktikum zur Geschäftsidee
Die Idee zu SportsRouting entstand im Rahmen des IT-Praktikums am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der TU Darmstadt. Die vier Gründer – Lennard Carlstaedt, Vincent Beinhauer, Julian Jungnitz und Damian Heil – studieren gemeinsam Wirtschaftsinformatik und absolvierten das Praktikum beim SV Darmstadt 98, den sogenannten „Lilien“. „Der Verein kam auf die Uni zu und fragte, ob wir eine Software entwickeln könnten, die die Live-Scouting-Planung unterstützt„, erinnert sich Julian Jungnitz. Die Studenten entwickelten die Software “Lilien Scout„, die heute noch beim Verein im Einsatz ist.
“Uns war sofort klar, dass der Bedarf groß ist. Allein in der Bundesliga spielen 18 Profi-Vereine. Nimmt man die Zweitligisten dazu und die europäischen Profis noch in den Blick, erkennt man das riesige Potenzial unserer Erfindung„, sagt Damian Heil. Die vier Freunde, die sich bereits seit ihrer Schulzeit in Langen kennen, entschieden sich daraufhin, aus ihrer Erfindung das Start-up SportsRouting zu gründen. “Uns hat sich eine große Chance geboten, die haben wir genutzt", ergänzt Damian.
Herausforderungen auf dem Weg zum Erfolg
Die Gründung während des Studiums war nicht immer einfach. „Das Studium läuft parallel – aber es dauert halt länger“, räumt Lennard ein. Besonders die Kaltakquise gestaltete sich anfangs schwierig. „Wir haben erst Newsletter-Mails verschickt, die niemand gelesen hat. Dann haben wir gelernt, wie wichtig individuelle Ansprache ist“, erzählt Vincent. Erfolg brachte schließlich der Besuch einer großen Sportmesse in Hamburg. „Dort haben wir zahlreiche Kontakte geknüpft und direkt Gespräche mit Bundesliga-Vereinen geführt“, erinnert sich Julian. Besonders der direkte Austausch half dem Team, wichtige Hinweise zur Weiterentwicklung der Software zu erhalten.
SportsRouting ist inzwischen bereit für den Markt und steht kurz vor der Einführung bei zwei Bundesligavereinen und einer weltweit agierenden Spielerberatung. „Die Nachfrage ist groß – wir stehen inzwischen auch in Kontakt mit internationalen Interessenten“, sagt Damian. Mittel- bis langfristig planen die Gründer, ihr Produkt für weitere Sportarten wie Basketball oder American Football auszurollen. „Unser Algorithmus ist flexibel und kann mit den entsprechenden Datenanbietern für jede Sportart angepasst werden“, erklärt Lennard.
“Wir möchten das Unternehmen selbstständig weiterführen – und wenn irgendwie möglich eigenfinanziert weiterarbeiten„, sagt Julian. Doch eines bleibt für alle Gründer klar: “Wir wissen, dass wir SportsRouting stetig weiterentwickeln und noch mehr Features integrieren müssen. aber genau das macht uns Spaß".