Endlich Licht im Motor

Forscher machen Schadstoffentstehung in Brennkammern sichtbar

15.12.2009

Abstimmbare Laserquellen, mit denen man passgenau bestimmte Moleküle anregen kann, erfordern eine präzise optomechanische Justage. Bild: Katrin Binner

Wo und wann entstehen Schadstoffe im Motor? Die Antwort fällt jetzt noch exakter aus. Denn neue Messmethoden können selbst mikrosekundenschnelle und auf winzigstem Raum stattfindende Brennprozesse darstellen.

Professor Andreas Dreizler, Leiter des Fachgebiets Reaktive Strömungen und Messtechnik am Center of Smart Interfaces der TU Darmstadt, nutzt Licht als Messinstrument. Damit stößt er bei Maschinenbauern aus aller Welt auf Interesse, die mit der Darmstädter Expertise ihre Motoren schneller und günstiger modernisieren können.

Die innovative Messmethode steht im relativ jungen Fachgebiet Reaktive Strömungen und Messtechnik im Mittelpunkt: „Mit Laserlicht betrachten wir bislang unsichtbare Prozesse, zum Beispiel die Entstehung von Flammen in der Brennkammer von Automotoren, wenn der Motor gezündet wird. Dabei können wir dichter denn je an das Geschehen heran – und das, ohne den Prozess selbst zu stören beziehungsweise zu verändern. Mit den klassischen Sensoren ist das unmöglich“, betont Dreizler.

Mit dieser Methode, der sogenannten Laserspektroskopie, können Wissenschaftler erstmals erkunden, was genau eigentlich im Brennraum passiert, warum es zu Fehlzündungen kommt oder in welchem Moment und aus welchem Grund Schadstoffe entstehen.

Bislang war die Brennkammer eine Blackbox. So wurden bis vor kurzem neue Einspritzsysteme für Kraftstoffe nach dem klassischen ingenieurwissenschaftlichen Modell von Versuch und Wirkung konstruiert. Man untersuchte, wie sich kleinste Veränderungen auf die Schadstoffentwicklung oder auch den Spritverbrauch auswirkten und besserte Schritt für Schritt nach.

Lichtblitze „frieren“ die Vorgänge ein

Das Prinzip der Laserspektroskopie ist einfach: Die Brennkammern werden mit einem kleinen Fenster versehen, durch das das Laserlicht eindringen kann. „Die Moleküle des Kraftstoffes werden dann mit einem Laserimpuls angeregt, was sie zum fluoreszieren, also selbst zum Leuchten bringt“, erklärt Dr. Jan Brübach, Gruppenleiter am Fachgebiet Energie- und Kraftwerkstechnik.

„Da das Laserlicht sehr monochromatisch, das heißt sehr schmalbandig ist, können wir passgenau ganz bestimmte Moleküle anregen, so dass auch nur diese fluoreszieren. So können wir genau verfolgen, wann und wo zum Beispiel Kohlenmonoxid oder auch unverbrannte Kohlenwasserstoffe auftreten, die häufigsten Schadstoffe, die im Automotor entstehen.“

Zündaussetzer werden plausibler

Das Laserlicht kann die Moleküle auch in extrem kurzen Zeiträumen beziehungsweise Zeitabständen anregen. Für eine Momentaufnahme genügt es, das Laserlicht nur wenige Nanosekunden in die Brennkammer zu leiten, auf diese Weise wird der momentane Zustand quasi eingefroren.

Soll ein ganzer Prozess beobachtet werden, wie etwa das Auftreffen des Kraftstoffs auf die Wand der Brennkammer, können einzelne Lichtblitze in Millisekunden-Abständen die Vorgänge quasi scannen. „Das Fluoreszenzlicht wird von einer Spezialkamera aufgenommen: Damit sehen wir, wo die Flammenfront auf die Wand trifft, wo die Reaktion eventuell erlischt und verstehen auf diese Weise, wieso es zu Zündaussetzern oder auch zur Schadstoffentwicklung kommt“, fasst Dreizler zusammen.

Die gesammelten Daten zu den sich während des Brennprozesses ständig ändernden Strömungsgeschwindigkeiten, Temperaturen und Gaszusammensetzungen nutzen zahlreiche Forschergruppen weltweit zur Weiterentwicklung ihrer theoretischen Modelle und Simulationssoftware, die sie für die Entwicklung zukünftiger Brennkammern und Motoren benötigen. So setzt nicht nur Bosch für die Verbesserung seiner Einspritzsysteme auf die laseroptischen Methoden der Darmstädter, sondern auch BMW und der Flugtriebwerksbauer Rolls Royce.

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