Wasser unter der Wüste

Nachhaltiges Wassermanagement für Saudi-Arabien

12.07.2010 von

Geowissenschaftler Christoph Schüth sorgt sich um die Grundwasserreservoirs im Nahen Osten. Bild: Katrin Binner.

Unter dem Wüstenboden Saudi-Arabiens gibt es nicht nur Erdöl. In den Gesteinshohlräumen der einige tausend Meter mächtigen Sedimente findet sich auch Wasser, schätzungsweise rund fünfzig Mal so viel wie im Bodensee. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Darmstadt untersuchen unter der Leitung von Professor Chistoph Schüth den Grundwasservorrat in der Wüste.

Saudi-Arabien nutzt das kostbare unterirdische Wasserreservoir für die Landwirtschaft, die auf Regen weitestgehend verzichten muss. Und hier liegt das Problem: Weil es so wenig regnet, werden die Grundwasserspeicher kaum nachgefüllt und könnten schon in wenigen Jahrzehnten ausgebeutet sein. Professor Christoph Schüth am Institut für Angewandte Geowissenschaften plädiert daher für ein nachhaltigeres Wassermanagement, das dem Land trotz wachsender Bevölkerung seine unterirdischen Wasservorräte länger belässt. Um es auf die Beine zu stellen, müssen die Verantwortlichen in Saudi-Arabien mehr über ihre Grundwasservorkommen wissen. Sie lassen deshalb von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ-IS) und der Dornier Consulting Grundwasserstudien durchführen. Der Forschungsbedarf ist groß. Daher haben die Hydrogeologen der TU Darmstadt, das Helmholtz Zentrum für Umwelt in Leipzig (UFZ) und die GTZ-IS eine Forschungskooperation mit dem verantwortlichen Ministerium für Wasser und Elektrizität in Saudi-Arabien (MoWE) geschlossen. Vor Ort wird die sechsköpfige Darmstädter Forschergruppe von dem Hydrogeologen Randolf Rausch unterstützt, Honorarprofessor an der TU Darmstadt und Projektleiter der GTZ-IS in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad.

Sehr altes Wasser

Was man über die Grundwasserspeicher im Wüstenboden der Arabischen Halbinsel weiß, ist faszinierend: Das Wasser in ihnen sammelte sich während einer jahrtausendelangen regenreichen Periode an, die vor etwa 5000 Jahren endete. Es ist noch heute da, weil es nur äußerst langsam in den Persischen Golf abfließt. Das Wasser, das aus dem Untergrund geholt wird, ist bis zu 25 000 Jahre alt. Unklar ist allerdings, in welchem Ausmaß die Grundwasserleiter durch Regen nachgefüllt werden. Das ist der Forschungsgegenstand von Schüths Gruppe. Sie will herausfinden, wie viel Regenwasser bis zum Grundwasser vordringt, ohne im trockenen und heißen Klima zu verdunsten.

In diesem Sommer werden die Darmstädter Forscher und ihre Kollegen vom UFZ mit einem Bohrgerät den saudischen Boden untersuchen. Sie haben in diesem Frühjahr unterschiedliche Stellen – darunter ausgetrocknete Flussläufe, sogenannte Wadis, lokale Senken und offene Wüstenflächen – für Forschungsbohrungen bis in rund 30 Metern Tiefe ausgesucht. Das Bohrgerät des UFZ haben die Darmstädter Forscher im Januar auf dem August-Euler-Flugplatz in Griesheim getestet. Dort befindet sich ein ähnlicher Sandboden wie in Saudi-Arabien. Auf der Arabischen Halbinsel sollen Sandproben aus verschiedenen Tiefen entnommen werden. Dabei wird jeweils auch das Alter des Sickerwassers bestimmt. „So können wir feststellen, wie schnell das Wasser versickert“, sagt Schüth. Besonders interessant sei, wie viel Wasser bis zu jener Tiefe vordringt, unterhalb derer es nicht mehr verdunsten kann. „Das Wasser, das dort ankommt, gelangt irgendwann ins Grundwasser“, sagt der Hydrogeologe. Außerdem wollen die Darmstädter Messgeräte dauerhaft installieren, die kontinuierlich und hochauflösend den Wassergehalt des Sandbodens messen.

Modell für aride Gebiete

Die Daten aus den Bohrungen und von den Langzeituntersuchungen sollen ein Computermodell verfeinern, das die Grundwassersysteme unter dem Wüstenboden Saudi-Arabiens simuliert. Es kann auch in die Zukunft schauen. „Mit dem Modell lassen sich Wasserentnahme-Szenarios durchspielen und prüfen, welche Strategien die Wasserreserven der Arabischen Halbinsel am meisten schonen“, erläutert Schüth. Auch der Einfluss von künftigen Klimaänderungen auf die Wasserressourcen lässt sich abschätzen. Nicht zuletzt dienen die Ergebnisse als Modell für andere aride Regionen der Welt, also solche, in denen (wie in Saudi-Arabien) die Verdunstung die Niederschlagsmengen bei weitem übersteigt.

Zum Thema:

Über das Projekt von Prof. Schüth ist auch ein Video erschienen.