Ingenieur für eine Woche

Maschinenbau-Erstsemester entwickeln „Raumgestaltungsdrucker“

16.12.2010 von

Wer an der TU Darmstadt ein Maschinenbau-Studium aufnimmt, büffelt nicht nur Theorie, sondern wird schon früh als Ingenieur gefordert, lernt Teamarbeit, Kommunikationsfähigkeit, Kostenbewusstsein und Kundenorientierung. Bild: Jan Ehlers

Wer an der TU Darmstadt ein Maschinenbau-Studium aufnimmt, büffelt nicht nur Theorie, sondern wird schon früh als Ingenieur gefordert. In der Projektwoche „Einführung in den Maschinenbau“ entwickelten die rund 460 Erstsemester in diesem Jahr einen Drucker, der gleich einen ganzen Raum gestaltet.

Ingenieure sollen heutzutage nicht nur fachlich exzellent, sondern auch selbstständig, team- und kommunikationsfähig, kundenorientiert und kostenbewusst sein. Um schon Erstsemestern die für das Arbeitsleben wichtigen Soft Skills und einen realistischen Eindruck des Ingenieurberufs zu vermitteln, gibt es an der TU Darmstadt die Projektwoche „Einführung in den Maschinenbau“: Eine Woche lang arbeiten die Erstsemester in Teams von etwa zehn Studierenden an einer Aufgabe.

In diesem Jahr ging es darum, einen „Raumgestaltungsdrucker“ zu entwickeln. Das Gerät sollte sich in einem geschlossenen Raum selbständig orientieren und bewegen können und Farbe direkt auf Fußböden, Wände und Decken aufbringen. Ebenfalls zur Aufgabe gehörte es, ein mögliches Geschäftsmodell für den Drucker zu entwerfen und dieses in der Entwicklung zu berücksichtigen. 42 Gruppen stellten sich dieser anspruchsvollen Aufgabe und präsentierten ihre Ergebnisse am Mittwochabend (15.12.) einer Jury aus Professoren und Industrievertretern. Das Gewinnerteam überzeugte mit einem Drucker namens „spider pic“. Die Nachwuchsingenieure planen, einen Spinnenkörper an acht Kevlar-Seilen aufzuhängen, die sich wiederum mit Gekko-Füßen an der Wand festsaugen. An diesen „Spinnenfäden“ kann sich das Gerät bewegen, mit einem bionischen Arm auf dem Spinnenkörper erreicht „spider pic“ nahezu jeden Punkt im Raum. Für die eigentliche Raumgestaltung sorgt Farbpulver, das vom bionischen Arm an die Wand geschossen und direkt im Anschluss mit UV-Licht gehärtet wird. So soll das System eine Auflösung von bis zu 100 dpi erreichen können.

Praxis und Projekterfahrung

„In der Vergangenheit führte der hohe Theorieanteil in den ersten Semestern häufig zu Frustrationen bei den Studierenden. Sie wollten ganz praktisch Maschinen konstruieren, paukten aber stattdessen erstmal Mathematik, Technische Mechanik und Thermodynamik. Das müssen sie heute zwar immer noch – jetzt wissen sie aber sehr genau, wofür sie dieses Wissen brauchen“, erklärt Maschinenbau-Professor Peter Pelz, dessen Fachgebiet Fluidsystemtechnik in diesem Jahr die Projektwoche organisierte. „Außerdem sammeln die Studierenden so erste Projekterfahrung, die ihnen als Absolventen den Einstieg in den Beruf erleichtert“.

Prinzip der minimalen Hilfe

Für den Projektkurs „Einführung in den Maschinenbau“ wird der gesamte sonstige Studienbetrieb des ersten Semesters unterbrochen; alle Professoren am Fachbereich Maschinenbau sind in das Projekt involviert. Für die umfassende Betreuung während der gesamten Woche stehen den Gruppen Team- und Fachbegleiter zur Seite. Wissenschaftliche Mitarbeiter des Fachbereichs Maschinenbau übernehmen die fachliche Begleitung und stehen für Fragen zur Verfügung. Sie unterstützen nach dem Prinzip der minimalen Hilfe die Studenten bei der Lösungsfindung und geben regelmäßig Feedback: Die Teams erhalten Hinweise, die sie in die Lage versetzen, selbst eine Lösung zu finden. Dadurch sollen Eigeninitiative und Selbständigkeit der Studierenden gefördert werden. Für das Erlernen von Teamarbeit und den Umgang untereinander stehen pädagogisch-psychologisch geschulte Studierende höherer Semester bereit. Sie übernehmen die Aufgabe der Teambegleiter, beobachten und analysieren das Verhalten der Studenten und unterbreiten Vorschläge für Arbeitsweisen.

Der Projektkurs „Einführung in den Maschinenbau“ wurde 1997 im Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt entwickelt. Das Konzept war damals deutschlandweit einzigartig und dient bis heute als Modell für ähnliche Lehrveranstaltungen an der TU Darmstadt und anderen Hochschulen. In den vergangenen Jahren reichte das Aufgabenspektrum des Kurses vom Bau einer Windkraftanlage über die Konstruktion einer Meerwasserentsalzungsanlage bis hin zur Reduktion der Feinstaubbelastung im städtischen Umfeld.

Zum Thema:

Pressemitteilung vom 16.12.2010 (wird in neuem Tab geöffnet)