Abfallentsorgung wird klimafreundlicher

Mikroorganismen fressen das Treibhausgas Methan

15.12.2011 von

Kohlendioxid ist zum Synonym für den Klimawandel geworden, über das 25 Mal treibhauswirksamere Methan wird hingegen selten gesprochen. Nach der Landwirtschaft sind Abfalldeponien die größte von Menschen produzierte Methanquelle. Eine Biologin der TU Darmstadt hat in einem Verbundprojekt einen Weg gefunden, solche Methanemissionen aus Deponien drastisch zu reduzieren.

Durch Bakterien lassen sich Methanemissionen aus Deponien künftig stark reduzieren. Bild: Institut IWAR

„Bei Deponieabschluss werden Erdmaterialien zum Schutz vor Emissionen aufgebracht, in denen sich dann auf ganz natürliche Art Methan konsumierende Bakterien ansiedeln. Allerdings werden Deponien üblicherweise mit den Materialien abgedeckt, die vor Ort eben zur Verfügung stehen, ohne ihre Eignung für den Methanabbau zu überprüfen“, moniert Sonja Bohn vom Fachgebiet Abfalltechnik der TU Darmstadt.

Die Biologin hat im Rahmen des Verbundprojektes MiMethox erstmals untersucht, wie man die Bakterien bei ihrer Fresstätigkeit unterstützen kann. „Indem wir angepasste Abdeckschichten mit den jeweils optimalen Materialmischungen verwenden, können wir den Methanabbau durch Bakterien im besten Fall auf 100 Prozent steigern“, berichtet die Biologin.

Die richtige Mischung macht’s

Aus Mülldeponien entweicht das extrem klimaschädliche Methan. Nicht immer lässt es sich in sogenannten Gaserfassungssystemen abfangen und zur Energiegewinnung nutzen. Durch Abdeckung mit spezifisch angepassten Erdmaterialien kann die Emission des Klimakillers Methan jedoch um bis zu 100 Prozent reduziert werden. Dabei bauen natürlich vorkommende Bakterien das Treibhausgas mithilfe von Sauerstoff (O2) in das wesentlich ungefährlichere Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) um. Grafik: Sonja Bohn / IWAR
Aus Mülldeponien entweicht das extrem klimaschädliche Methan. Nicht immer lässt es sich in sogenannten Gaserfassungssystemen abfangen und zur Energiegewinnung nutzen. Durch Abdeckung mit spezifisch angepassten Erdmaterialien kann die Emission des Klimakillers Methan jedoch um bis zu 100 Prozent reduziert werden. Dabei bauen natürlich vorkommende Bakterien das Treibhausgas mithilfe von Sauerstoff (O2) in das wesentlich ungefährlichere Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) um. Grafik: Sonja Bohn / IWAR

Welche Materialien sich hierfür optimal eignen und wie der Aufbau aussehen sollte, hat das MiMethox-Team erforscht. Die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Versuche werden im kommenden Jahr in zwei Leitfäden veröffentlicht, die dann den Deponiebetreibern für ihre Arbeit zur Verfügung stehen werden.

Während die Verbundpartner der Universität Hamburg und der TU Hamburg-Harburg sowie das Ingenieurbüro melchior + wittpohl die Gegebenheiten an stillgelegten Altdeponien in Norddeutschland charakterisiert haben, hat die Darmstädter Biologin ihre Untersuchungen auf einer modernen Deponie durchgeführt, auf der vorbehandelte Abfälle aus Haushalten und Kleinindustrien noch aktiv abgelagert werden.

„Böden bestehen aus Sand, Ton und Schluff. Wie effektiv Mikroorganismen Methan abbauen, hängt dabei stark von der richtigen Mischung der einzelnen Bestandteile ab, die einen wesentlichen Einfluss hat auf Umweltbedingungen wie Sauerstoffdurchdringung, Temperatur, Bodenbeschaffenheit und Wasserhaushalt“, erläutert Bohn. Böden mit einem hohen Feinkornanteil etwa haben eine nur geringe Luftkapazität, was für die Arbeit der Mikroorganismen ungünstig ist. Eine Zumischung von Sand verbessert die Durchlüftung deutlich und sorgt damit für einen effektiven Abbau von Methangas. „Man sollte darauf achten, dass mindestens 14 Prozent der Hohlräume im Erdreich mit Luft gefüllt sind“.

Gas entweicht aus Hotspots

Doch selbst wenn eine Deponie gänzlich mit einer optimalen Erdmischung bedeckt ist, kann dennoch Gas entweichen. Das passiert allerdings nicht flächig, wie das MiMethox-Team herausgefunden hat, sondern über sehr kleine Stellen in der Abdeckschicht. „Die sind oft nur wenige Zentimeter groß, so dass sie bei den großmaschigen Kontrollen der Deponien häufig übersehen werden – zumal nicht vorhersehbar ist, wo und wann sie auftreten“, weiß Bohn. „Das heißt, oft wird gar nicht bemerkt, dass noch relevante Mengen an Gas entweichen.“

Diese als „Hotspots" bezeichneten Stellen entstehen durch Austrocknungsrisse in der Abdeckungsschicht, durch im Boden wühlende Tiere oder auch durch unsachgemäßes Aufbringen etwa von nicht homogenen Abdeckungsmaterialien. Für eine Hotspot-Sanierung muss der lokal konzentrierte Gasstrom auf eine größere Fläche verteilt werden, damit die Bakterien länger in Kontakt mit dem Gas sind. Das Einbringen einer Kiesschicht kann da unter Umständen schon ausreichen. Wenn die neuen Leitfäden erschienen sind, werden Deponiebetreiber auch nachlesen können, wie sich entweichendes Methan messen und Hotspots beseitigen lassen.