„Eine klare Erfolgsgeschichte“

Präsidentin Tanja Brühl zu 20 Jahren Autonomie der TU Darmstadt

2025/08/21

Im Jahr 2005 erhielt die TU Darmstadt vom Hessischen Landtag die Autonomie – und wurde damit so selbstständig wie keine andere deutsche Universität. TU-Präsidentin Tanja Brühl schildert im Interview, welche Fortschritte dadurch möglich wurden und worin künftige Herausforderungen bestehen.

Frau Brühl, Sie sind 2019 als Präsidentin an die TU Darmstadt gekommen. Welche Ausprägungen der Autonomie der Universität waren für Sie besonders bemerkenswert?

Vor meinem Amtsantritt kannte ich vor allem die Perspektive von außen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben. In den Gesprächen nach meiner Wahl habe ich an vielen Stellen gespürt, dass die Kolleg:innen und Studierenden an der TU Darmstadt gestalten wollen – die Universität nach innen, aber ebenso nach außen. Ich habe eine große Bereitschaft erlebt, Dinge anzugehen und Lösungen zu suchen – kurz, wirksam zu werden für die Universität und aus der Universität heraus. Dieser Eindruck hat sich mit dem noch intensiveren Eintauchen in die Universitätskultur an der TUDa verfestigt. Und diese Kultur, davon bin ich überzeugt, ist ganz wesentlich geprägt durch den Status als autonome Universität.

Zum zehnjährigen Bestehen des TUD-Gesetzes 2015 hatte der damalige TU-Präsident Professor Hans Jürgen Prömel eine „Ermöglichungskultur“ gelobt, die sich infolge der Autonomie in der Universität etabliert habe. Worin drückt diese sich aus?

Mit der Autonomie hat die TU Darmstadt mehr Verantwortung bekommen. Diese Verantwortung hat sie angenommen und als Leitlinie des eigenen Handelns verankert. Das gilt für die institutionelle Ebene ebenso wie für jede und jeden an unserer Universität. Die Autonomie ermöglicht neue Gestaltungsräume. Diese nutzen wir mit großem Gestaltungswillen und Gestaltungskraft, um Neues einfach auszuprobieren und so unsere Universität weiterzuentwickeln. Dazu bedarf es manchmal auch kontroverser Diskussionen. Diese führen wir aber immer mit dem Ziel, gemeinsam gute Lösungen für unsere Universität zu finden und umzusetzen. Aus diesem Erleben von Wirksamkeit erwächst auch die Fähigkeit, schwierige Situationen gemeinsam zu meistern.

TU-Präsidentin Tanja Brühl
TU-Präsidentin Tanja Brühl

Berufungen, Haushalt, Bau und einiges mehr: Die Autonomie hat viele Facetten. Welche davon spielt in Ihrem Arbeitsalltag die größte Rolle – und welche erleben Sie als die größte Bereicherung? Welche ist die herausforderndste?

Im täglichen Tun nimmt sicher der Bereich Berufungen den größten Raum ein. Der große Mehrwert der Autonomie und der gelebten Ausgestaltung an der TU ist aber, dass wir alle Bereiche integrativ denken und (weiter)entwickeln. Wie richten wir die Forschung an unserer Universität aus? Was braucht es dazu an baulichen Voraussetzungen? Wie können wir dies in unseren Studiengängen verankern?

Die Antworten auf diese Fragen formen ein Gesamtbild, das wir für Gestaltung und Veränderung nutzen. Die Autonomie der TUDa ist eine klare Erfolgsgeschichte. Autonomie ist aber kein Allheilmittel. Rechtliche Auflagen und umfassende Berichtspflichten bleiben bestehen. Auch die im TUD-Gesetz verankerte Summe für den Bau reicht nicht für die Bedarfe mit Blick auf Sanierung und Klimaneutralität.

Mit dem Status als autonome Universität war die TU Darmstadt Vorreiterin. Welche Entwicklungen waren aus Ihrer Sicht für die Universität durch die Autonomie möglich?

Die Autonomie hat die Strategiefähigkeit der Universität gestärkt. Neue Handlungsspielräume haben zu einem veränderten Selbstverständnis geführt – zentral und dezentral. Die Institutionelle Evaluation regt zu Reflexion und strategischer Planung an und hat die Entwicklung aller Einheiten und Einrichtungen der Universität produktiv befördert. Das „Gesicht“ unserer Universität, unser Campus, hat sich durch die Bauautonomie wesentlich verändert. Mit der Weiterentwicklung unseres Studiengangsportfolios sind wir attraktiv für nationale und insbesondere auch internationale Talente.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, um die Autonomie der TU Darmstadt auch in Zukunft gut auszuprägen?

Es braucht weiterhin die Bereitschaft, Verantwortung für die Universität übernehmen zu wollen. Es braucht weiterhin den gelebten Spirit, Dinge anzugehen, einfach mal zu machen und Unbekanntes auszuprobieren. Verantwortung für unsere Universität übernehmen kann jede und jeder von uns – im individuellen Studien- und Arbeitsbereich, in dezentralen und zentralen Gremien, im Wirken aus der Universität hinaus. Die vor uns liegenden Herausforderungen sind unbestreitbar groß; sie werden uns Anstrengungen und schwierige Entscheidungen abverlangen. Wenn ich aber auf die TU blicke, bin ich zuversichtlich, dass wir als Universität einen gemeinsamen Weg suchen und finden werden.

Die Fragen stellten Bettina Bastian und Michaela Hütig.

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