Neu an der TU: Professor Holger Marschall

Kooperationsprofessur im Maschinenbau mit IANUS Simulation GmbH

09.12.2025

Seit Anfang Dezember ist Holger Marschall Kooperationsprofessor für „Simulation mehrphasiger Strömungen in Ingenieuranwendungen" am Fachbereich Maschinenbau. Die Professur ist dort im Umfeld der Fachgebiete „Strömungslehre und Aerodynamik“ (SLA) sowie „Simulation reaktiver Thermofluid-Systeme“ (STFS) angesiedelt. Die Forschungsgebiete von Marschall sind computerbasierte Mehrphasenströmungen in industrierelevanten Anwendungen, insbesondere Transportprozesse an und auf Grenzflächen, gekoppelte Wärme und Stoffübertragung und High Performance Computing.

Der 45-jährige Wissenschaftler ist seit 2024 Chief Product & Innovation Officer bei der IANUS Simulation GmbH. Von 2019 bis Dezember 2025 war Marschall an der TU Darmstadt Leiter der Forschungsgruppe „Computational Multiphase Flow“ und von 2011 bis 2019 Postdoc am Fachgebiet für Mathematische Modellierung und Analysis (MMA).

Als wichtigsten wissenschaftlichen und beruflichen Meilenstein nennt Marschall die Entwicklung leistungsfähiger Methoden für die Simulation von Mehrphasenströmungen und seinen maßgeblichen Beitrag daran, dass die Open Source Plattform OpenFOAM® in der Industrie eingesetzt wird. Zudem leitete er als Principal Investigator mehrere Teilprojekte in DFG Forschungsverbünden, z. B. den Sonderforschungsbereich 1194 „Wechselseitige Beeinflussung von Transport- und Benetzungsvorgängen“ und den Transregio SFB 150 „Turbulent, chemisch reaktive Mehrphasenströmungen in Wandnähe“ und schlug so eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und industrieller Praxis.

Wir haben Holger Marschall zum Start seiner Kooperationsprofessur ein paar Fragen gestellt:

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was ist das Spannende an Ihren Themen?

Mehrphasenströmungen spielen eine zentrale Rolle in vielen gesellschaftlich relevanten Systemen – von der Wasserstoff-Elektrolyse für die Energiewende über Starkregenereignisse infolge des Klimawandels bis hin zur ressourceneffizienten Lebensmittelverarbeitung. Weil Gas-, Flüssig- und Festphasen dort komplex miteinander interagieren, sind solche Systeme physikalisch anspruchsvoll und wissenschaftlich spannend. Studierende lernen bei uns modernste numerische Methoden und arbeiten direkt an realen Fragestellungen mit – eine Kombination aus wissenschaftlicher Arbeitsweise und konkretem Nutzen, die in Forschung und Industrie gleichermaßen gefragt ist.

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An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

Meine Arbeit verbindet Strömungsmechanik, Chemie, Materialwissenschaft und Informatik. Für präzise Mehrphasensimulationen benötigen wir Modelle und Daten zu Grenzflächen, Fluidrheologie sowie thermischen und strukturmechanischen Eigenschaften – daher arbeiten wir eng mit diesen Disziplinen zusammen. Die Modelle laufen auf Hochleistungsrechnern und nutzen moderne HPC-Verfahren. Inhaltlich verknüpft die Professur fortgeschrittene Simulationstechniken mit industriellen Herausforderungen in Energie-, Prozess- und Umwelttechnik.

In welchen Fachbereich der TU würden Sie gerne mal einen Tag schnuppern? Warum?

Ich habe viele Jahre im Fachbereich Mathematik gearbeitet, aber ebenso reizt mich der Fachbereich Informatik. Viele Fortschritte in der Strömungssimulation entstehen heute durch datengetriebene Modellierung, maschinelles Lernen und hardwarenahe Beschleunigung. Diese Kombination aus datenzentrierten Ansätzen, algorithmischer Innovation und effizienter Rechenarchitektur treibt das Feld maßgeblich voran – und macht die Informatik zu einem natürlichen und spannenden Ergänzungsumfeld.

Wenn ich heute Student wäre, würde ich …

… viel früher auf meinen inneren Antrieb achten: Wofür habe ich wirklich Passion? Kenntnisse in der Technik und Fachwissen bleibt wichtig, aber ich würde genauso bewusst lernen, wie man motiviert und überzeugt, wie man gemeinsam vorankommt. Dies entscheidet am Ende stärker über die eigene Entwicklung als jedes fachliche Vermögen. Man sollte bewusst üben, gut zu kommunizieren, Menschen mitzunehmen und Projekte wirtschaftlich sinnvoll und nachhaltig zu gestalten. Wer versteht, was einen selbst motiviert und was das Umfeld braucht, kommt an und letztendlich schneller weiter.

Der beste Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag ist …

… ehrlich gesagt bleibt in der Doppelrolle zwischen IANUS Simulation und der TU Darmstadt wenig Zeit für klassischen Ausgleich. Was mich wirklich erdet, ist meine Familie: Mit meinen zwei Kindern nutze ich jede Gelegenheit für Ausflüge in den Odenwald, ins Schwimmbad oder zu ihren Vereinsaktivitäten. Und den Begriff Work-Life-Balance finde ich ohnehin schwierig –schließlich lebt man ja während der Arbeit auch, idealerweise mit Menschen, die einen bereichern und mit denen man gerne Zeit verbringt. Wenn ich einmal allein abschalten möchte, setze ich mich für eine Stunde in ein Co-Working-Café – dort arbeite ich zwar meist auch oder recherchiere etwas – aber mit Musik, einem Cappuccino und in einer entspannteren Atmosphäre.

pb