Neue Wege zur CO₂-freien Energieproduktion
Alternative Verfahren für eine nachhaltige Ammoniakproduktion
17.09.2025 von asl/swa
Wie lassen sich kohlenstofffreie chemische Brennstoffe wie Wasserstoff, Ammoniak und Metallpulver als Energieträger für eine nachhaltige Zukunft einsetzen? Vor allem auf die umweltfreundlichere, energiesparendere Nutzung von Ammoniak konzentriert sich die Forschung des neuen Athene Young Investigators Dr. Tao Li. Der Maschinenbauer am Fachgebiet Reaktive Strömungen und Messtechnik stützt sich dabei auf den Einsatz von Plasma – eine noch sehr junge Methode, um Ammoniak als alternativen Treibstoff zu gewinnen.

Neue Ansätze in der Ammoniakforschung
Den beißend riechenden Stoff kennen die meisten von Reinigungsmitteln oder Dünger. Auch der menschliche Urin kann nach Ammoniak riechen. Die chemische Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff wird vielfältig in der Industrie eingesetzt und seine Herstellung kostet bisher viel Energie. Doch lässt sich die Herstellung womöglich ressourcenschonender gestalten und das Gas als alternativer Treibstoff der Zukunft einsetzen? „Die industrielle Produktion von Ammoniak erfolgt heute hauptsächlich anhand des Haber-Bosch-Verfahrens“, erläutert Dr. Tao Li. Bei diesen Abläufen wird molekularer Stickstoff aus der Luft mit molekularem Wasserstoff in Katalysatoren kombiniert. „Dafür braucht es jedoch hohe Temperaturen von etwa 500°C und einen hohen Druck von 200 bar“, so der Maschinenbau-Ingenieur. Beides braucht viel Energie und ist teuer. Hinzu kommt der Bau großer Anlagen.
Der Athene Young Investigator verfolgt dagegen einen anderen Ansatz: die sogenannte Plasmagetriebene Katalyse-Synthese und auch Plasmagestützte Ammoniakverbrennung – eine noch junge Idee, der die Forschung erst seit rund fünf Jahren nachgeht. „Ammoniak, das aus grünem Wasserstoff hergestellt wird, bietet eine kohlenstofffreie Brennstoffalternative“, berichtet der 37-Jährige. Das Problem: Seine geringe Reaktivität schränkt bisher die praktische Nutzung ein. Tao Li hofft, anhand von Plasma diese Reaktionsfähigkeit zu erhöhen. Für die Gewinnung des Ammoniaks wird Plasma unter Hochspannung erzeugt. Es soll so als eine Art Booster dienen, um Wasserstoff und Stickstoff auch schon bei Raumtemperaturen in Ammoniak umzuwandeln. Ein ähnlicher Booster-Effekt ergibt sich bei der Verbrennung unter Plasma, wodurch die Oxidation von Ammoniak beschleunigt wird. „Meine Forschung untersucht Nicht-Gleichgewichtsplasmen zur Verbesserung der Ammoniaksynthese und -verbrennung mit minimalem Energieeinsatz. Unsere Gruppe hat Plasmareaktoren konstruiert, die die Zünd- und Verbrennungsleistung erheblich verbessern“, berichtet der AYI-Wissenschaftler.
Energieeffiziente Ammoniaksynthese
Auf diese Weise könnte der alternative Treibstoff auch bereits mit wenigen Geräten sowie erheblich günstiger und umweltschonender hergestellt werden. Ammoniak ist leicht zu verflüssigen und leichter zu transportieren als Wasserstoff und birgt auch nicht dessen Explosionsgefahr, so Tao Li. Es ließe sich gut als alternativer Treibstoff in der Industrie, für Triebwerke der Luftfahrt oder im Haushalt einsetzen, ist er überzeugt. „Brennstoffe wie Ammoniak können intermittierende erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windenergie über lange Zeiträume speichern und sie können weltweit transportiert werden, wodurch die wichtigsten Herausforderungen der erneuerbaren Energien – Schwankungen und geografische Beschränkungen – gelöst werden. Indem sie fossile Brennstoffe in der Stromerzeugung, dem Transportwesen und der Industrieheizung ersetzen, sind diese grünen Chemikalien für eine nachhaltige und erschwingliche Dekarbonisierung von entscheidender Bedeutung“, betont er.
Tao Li erforscht dabei insbesondere die grundlegenden Energieumwandlungsmechanismen dieser Brennstoffe in thermochemischen Prozessen. Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen weisen grüne Alternativen radikal andere Verbrennungseigenschaften auf – wie besagte Explosivität von Wasserstoff, geringe Reaktivität von Ammoniak oder die Feinstaubemissionen von Metallbrennstoffen. „Die Anpassung der bestehenden Infrastruktur erfordert ein gründliches Verständnis ihrer komplexen, mehrphasigen Reaktionsdynamik, bei der chemischen Kinetik, Strömungsmechanik sowie Wärme- und Stoffübertragung.“ Um diese physikalischen Zusammenhänge zu entschlüsseln, entwickelt er eine fortschrittliche Multiphysik-Laserdiagnose, die unmittelbar Messungen kritischer Parameter wie Temperatur, Spezieskonzentrationen und Partikeldynamik ermöglicht. „Diese Daten geben nicht nur Aufschluss über die zugrundeliegende Wissenschaft, sondern fließen auch direkt in die Konstruktion von Reaktoren der nächsten Generation und die Optimierung von Industrieprozessen ein“, erläutert er und ist sicher, dass seine Arbeit durch die Verknüpfung von Grundlagenforschung und technischen Anwendungen die praktische Einführung von kohlenstoffneutralen Energielösungen beschleunigen könnte.
Privileg an der TU Darmstadt zu forschen
Die TU Darmstadt biete dem nahe Peking geborenen Wissenschaftler „ein ideales Umfeld für Spitzenforschung“. Tao Li hat an der Tongji-Universität in Shanghai, einer Partner-Hochschule der TU, seinen Bachelorabschluss in Maschinenbau gemacht. Schon für das Masterstudium und später auch die Promotion entschied sich der Wissenschaftler für den Wechsel nach Deutschland und Darmstadt. Es sei ein Privileg, „in einem der weltweit führenden Labors für fortschrittliche Laserdiagnostik und Verbrennung zu forschen und mit herausragenden Forschenden an Themen von großer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz zusammenzuarbeiten“, sagt er. Die AYI-Auszeichnung ist für den Familienvater „eine große Ehre und auch eine bedeutsame Bestätigung für das Potenzial meiner Forschung, nachhaltige Energieinnovationen voranzutreiben“.
Die Förderung würdige den sehr interdisziplinären Charakter seiner Forschung, die experimentelle und numerische Ansätze aus den Bereichen Verbrennungswissenschaft, Chemie und Materialwissenschaft miteinander verbindet. Der AYI helfe ihm, eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen, Doktorand:innen zu betreuen und unabhängige Forschungsrichtungen mit größerer Freiheit zu verfolgen. Das Prestige der Auszeichnung werde sicherlich bei der Suche nach neuen Kooperationen mit anderen Einrichtungen und Industriepartnern eine wichtige Rolle spielen, ist Tao Li überzeugt. Gleichzeitig hofft er, dass der Preis seinen Werdegang beschleunigt: Der junge Forscher möchte Professor werden.
Athene Young Investigator Programm
Die Technische Universität Darmstadt hat das „Athene Young Investigator (AYI)“ Programm eingerichtet, um die frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit von besonders qualifizierten Wissenschaftler:innen in früher Karrierephase zu fördern und um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe für die Berufbarkeit als Professorin bzw. Professor zu qualifizieren.
Das Programm wurde als fünfjähriges, qualitätsgesichertes Programm konzipiert, in dem die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter mit bestimmten professoralen Rechten und einem eigenen Budget ausgestattet werden.
Seit der Einführung des Programms im Jahr 2017 sind 40 Early Career Researchers der TU Darmstadt als „Athene Young Investigator“ gefördert worden. Zahlreiche von ihnen sind heute als Professorinnen und Professoren an Universitäten tätig.