Menschenrecht Nahrung

Studierende entwickeln genetischen Pflanzenschutz mit CRISPR/Cas

20.12.2018 von

Ernährungssicherung durch genetischen Pflanzenschutz mit CRISPR/Cas, für eine selbstgewählte Kombination aus Nutzpflanze, Schadorganismus und Land – so lautete das Thema der KI²VA Projektwoche des Fachbereichs Biologie und des Instituts für Soziologie. 120 Studierende fanden dafür gemeinsam verschiedenste Lösungen.

Kaum ein Grundbedürfnis ist so fundamental für die Lebenserhaltung wie das nach Nahrung. Nutzpflanzen werden jedoch weltweit von einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheitserregern befallen, die zum Teil immense Ernteausfälle verursachen. Die traditionellen Strategien zur Abwehr von Schadorganismen von Nutzpflanzen sind Züchtungen auf Resistenz und chemische oder biologische Bekämpfung. Ein komplett neuer Ansatz könnte Pflanzenschutz durch Genome Editing mit Hilfe der „Genschere“ CRISPR/Cas sein.

79 Studierende der Biologie und 41 der Soziologie bearbeiteten jeweils ein Szenario in zwölf interdisziplinär besetzten Gruppen. Während der Projektwoche entstanden so zwölf Fallstudien für eine konkrete Nutzpflanze und einen Schadorganismus mit hohem Gefahrenpotential in einem frei wählbaren Entwicklungs- oder Schwellenland.

Chancen und Risiken abwägen

Mit CRISPR/Cas wurde in jedem Lösungsansatz eine genetische Modifikation der Nutzpflanze vorgenommen, um ihre Resistenz gegenüber dem gewählten Schadorganismus zu verbessern und damit den Ertrag zu steigern. Neben den biotechnologischen und ökologischen Aspekten sollten die Teams auch die notwendigen Schritte zur Aufklärung der Bevölkerung durch eine Öffentlichkeitskampagne unter Berücksichtigung der sozio-kulturellen Gegebenheiten im ausgewählten Land erarbeiten.

Die Abwägung von Chancen und Risiken des erarbeiteten Lösungsansatzes war ein wesentlicher Aspekt der Aufgabe. Eine besondere interdisziplinäre Herausforderung der Aufgabenstellung war die Kommunikation der Komplexität und des immensen Potentials der CRISPR/Cas-Methode – die Studierenden mussten sich auf die Fachsprache und Sichtweisen der jeweils anderen Disziplin einlassen, damit die Gruppen informierte Entscheidungen für ihre Lösungsansätze treffen konnten.

Bei der Vorstellung der Lösungsstrategien präsentierten jeweils vier interdisziplinäre Teams ihre Ergebnisse einer kleinen Jury aus jeweils drei Experten in Posterform. Die drei Gruppen mit den besten Postern traten schließlich mit einem Vortrag vor dem Plenum und der großen Jury gegeneinander an. Die diesjährige Jury bestand aus jeweils einem Experten oder einer Expertin der Biologie und Soziologie. Zusätzlich nahmen drei externe Gäste aus dem angewandten Pflanzenschutz teil: Dr. Lutz Brahm von BASF, Dr. Jürgen Gross vom Julius-Kühn Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau und Dr. Michael Schade von Syngenta Crop Protection.

Das Treppchen

Der erste Platz ging an die Gruppe 6 für ihr Konzept zum Schutz des Maniok vor dem Cassava Mosaik Virus in Ghana. Diese Gruppe hatte mit ihrem anspruchsvollen Ansatz zur Einbringung eines Virus-Antikörpers ins Maniokgenom die Jury überzeugt. Insgesamt waren alle Expertinnen und Experten von der Qualität und Detailtiefe aller Lösungsansätze sehr beeindruckt, die durchweg als praxisnah und anwendbar angesehen wurden.

Auf den zweiten Platz kam die Gruppe 11 mit ihrem Vorschlag zur Verbesserung des Maisanbaus durch die Bekämpfung des Heerwurms Spodoptera frugiperda in Äthiopien. Hier sollte die Immunität der Schädlingslarven gegen ein Maistoxin mit Hilfe von CRISPR/Cas aufgehoben werden.

Der dritte Platz ging an die Gruppe 4 für ihr Konzept zur Nutzung der natürlichen Resistenzen verschiedener Kartoffelvarietäten in Bolivien gegenüber dem Kartoffelmehltau Phytophthora infestans. Dieser Lösungsansatz war besonders interessant, weil hier eine natürliche Resistenz bereits vorhanden war, und die CRISPR/Cas Intervention auf eine Ertragsverbesserung abzielte.

Stimmen aus den Teams

Oliver Mokroß (Biologie, 3. Semester):

Es war eine sehr schöne Woche. Ich habe viele neue Kommilitonen kennengelernt, mit denen man vorher eigentlich so gar keinen Kontakt hatte. All in all ist es eigentlich ein positiver Eindruck. Das einzig Negative, finde ich, war die Aufgabenstellung, aber das ist am Ende nur ein kleiner Wermutstropfen.

Mirjam Münch (Soziologie, 6. Semester):

Die Kooperation zwischen Biologie und Soziologie hat extrem gut funktioniert obwohl ich mir das am Anfang nicht so richtig vorstellen konnte. Auch die Gruppendynamik bei uns war gut. Es haben sich alle gut verstanden. Bei uns hat jeder seinen Teil zur Aufgabenbearbeitung beigetragen – also ich fand es sehr positiv.

Anna Meister (Soziologie und Politikwissenschaften, 7. Semester):

Bei uns in der Gruppe war die ganze Zeit eine richtig gute Atmosphäre, wir haben alle wirklich gut zusammengearbeitet. Es gab keinen, der nichts gemacht hat, was bei anderen Projektwochen wirklich oft der Fall war. Das hat bei uns so gut funktioniert, und das ist wirklich das, was mir am meisten in Erinnerung bleibt. Und natürlich, dass wir Dritter geworden sind!

Carolin Schneibel (Biologie, 3. Semester):

Ich habe gelernt, richtig an Probleme heranzugehen und dann eine Lösung zu erarbeiten: Dass man sich nicht den ganzen Berg an Arbeit auf einmal vornimmt, sondern dass man das in Schritte aufteilt. Auch, dass man immer jemand hat, mit dem man nicht unbedingt einer Meinung ist, aber dass man ja auch später im Berufsleben versuchen muss sich zu einigen, und dass es da auch sinnvolle Ansätze gibt wie man an solche Probleme herangeht. Also zum Beispiel, dass man gut miteinander umgeht, richtige, gute Diskussionen führt, ohne dass es dann heißt: „deine Antwort war schlecht oder dumm“, und dass man alle Personen miteinbezieht.

Anna Meister (Soziologie und Politikwissenschaften, 7. Semester):

Viel über Kartoffeln! Nein, also eigentlich, dass man, um auf eine Lösung zu kommen, mit einer Wissenschaft alleine nicht argumentieren kann. Man braucht die Interdisziplinarität zum Lösen von Problemen, weil man selber manche Probleme gar nicht auf dem Schirm hat.

Gabriel Drexler (Soziologie und Politikwissenschaften, 3. Semester):

Ich habe gelernt wie wichtig ein Wasserkocher sein kann. Vor allem, dass strukturiertes Arbeiten sehr wichtig ist und dass Interdisziplinarität sehr wichtig sein kann. Ebenso, wie die Kommunikation mit fachfremden Kommilitonen abläuft. Wir haben trotz der fachlichen Grenzen unsere Punkte gut rüberbringen können. Das war eine sehr gute Erfahrung.

Hannah McIntyre (Biologie, 3. Semester):

Ich fand es schwierig, die ganzen Ideen zur Lösung der Aufgabe zu ordnen und zu bewerten. Wir haben wirklich lange darüber diskutiert, welche Idee wir am Ende nehmen. Dabei konnten uns die Professoren in den Gesprächen aber gut unterstützen. Das war am Schwierigsten, sonst war wirklich alles super.

Chris Oliwa (Biologie, 3. Semester):

Das Schwierigste war das strukturierte Arbeiten. Aber auch alle Beteiligten der verschiedenen Fachbereiche auf denselben Nenner zu bringen, was den Wissensstand angeht, und den anderen die eigene Denkweise zu erläutern. Aber am Ende haben wir uns gegenseitig gut verstanden – die Biologen die Soziologen und auch anders herum.

Oliver Mokroß (Biologie, 3. Semester):

Die größte Herausforderung war zum Einen, dass die Lösung vorgegeben war, also dass wir mit CRISPR Cas arbeiten mussten. Und eine noch größere Herausforderung war, den schlussendlichen Lösungsansatz zu finden, da viele Wege ans Ziel geführt hätten, aber man vieles wieder verwerfen musste.

Carolin Schneibel (Biologie, 3. Semester):

Ich glaube, das größte Problem war, dass man sich schnell in eine Sache verrennt. Das hatten wir ein paar Mal, dass wir ein Thema gefunden haben, das wir toll fanden und das wir bis ins kleinste Detail durchgegangen sind, um dann aber zu merken, dass es nicht gut ist. Andererseits war das auch positiv: So haben wir dann eine Lösung gefunden, die für uns die beste war und die auch handfest war. Aber ich denke, dass man versuchen sollte, sich von Anfang an Schwerpunkte zu setzen, auf die man sich konzentriert.