Immer unter Strom

Jubiläumsjahr für den Ingenieur Michail von Dolivo-Dobrowolsky

10.01.2012 von

Vor 150 Jahren wurde Michail von Dolivo-Dobrowolsky, der „Vater der Drehstromtechnik“, in Gatschina bei St. Petersburg, Russland, geboren. Er wirkte einige Jahre als wissenschaftlicher Assistent bei Professor Erasmus Kittler an der damaligen TH Darmstadt in der 1882 neugegründeten, weltweit ersten Fakultät für Elektrotechnik. Die TU Darmstadt erinnert an den Pionier.

Michail von Dolivo-Dobrowolsky (Mitte) mit Kollegen bei der AEG in Berlin: Bild: Archiv TU Darmstadt

Der Wechsel von der TH Darmstadt nach Berlin war folgerichtig: Dolivo-Dobrowolsky ging 1887 als Entwicklungsingenieur zur damals jungen Firma AEG. Dort machte er innerhalb weniger Jahre seine bahnbrechenden Erfindungen – die Käfigläufer-Asynchronmaschine 1889 und den Dreischenkel-Drehstromtransformator 1890.

Gemeinsam mit Oskar von Miller und dem Elektropionier und späteren Mitbegründer der Firma BBC, Charles Brown, realisierte er 1891 die erste Hochspannungs-Drehstromübertragung vom Wasserkraftwerk Lauffen am Neckar über mehr als 100 Kilometer quer durch den Odenwald nach Frankfurt am Main. Diese erste Fernübertragung elektrischer Energie entschied so den Streit „Gleichstrom oder Drehstrom“ innerhalb der elektrischen Energietechnik zugunsten der heute etablierten Drehstromtechnik.

Wegweisend für die „Energiewende“

Dolivo-Dobrowolskys bahnbrechende Erfindungen. Grafik: FB ETIT / TU Darmstadt

 

 

 

 

Der Biograph

Professor Gerhard Neidhöfer, der lange Jahre an der TU Darmstadt „Elektrische Maschinen“ lehrte und ab 1958 bei BBC (später ABB, heute Alstom Power) arbeitete, ist der Experte schlechthin zu Leben und Werk Dolivo-Dobrowolskys. Neidhöfer, geboren 1931, studierte Elektrotechnik an der TH Darmstadt. Als Stipendiat an der Université de Grenoble belegte er Angewandte Mathematik und schloss mit dem Universitäts-Doktorat ab. Während seiner Berufstätigkeit in der Industrie befasste er sich mit der Entwicklung drehender elektrischer Großmaschinen. An der TH Darmstadt nahm er im Nebenamt ab 1969/80 einen Lehrauftrag wahr.

Ab 1975 war er hier Honorarprofessor. In den USA wurde Neidhöfer 1999 mit dem IEEE-Grad „Fellow“ ausgezeichnet. Seit 1996 ist der Wissenschaftler im Ruhestand. Im VDE-Ausschuss „Geschichte der Elektrotechnik“ wirkt er als ständiger Gast mit. 2004 erschien sein Buch „Michael von Dolivo-Dobrowolsky und der Drehstrom“ (ISBN 978-3-8007-3115-2). Viele seiner jüngeren Aufsätze thematisieren die Anfänge der Drehstromtechnik, den Weg zur Normfrequenz 50Hz und die Bedeutung des alten Wasserkraftwerks Rheinfelden.