Hessen in 3D

Virtuelles Modell des Untergrunds erleichtert Rohstoffnutzung

09.02.2012 von

Seit kurzem lässt sich der Untergrund von ganz Hessen dreidimensional erforschen. Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat das Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Darmstadt ein virtuelles Modell der Bodenverhältnisse des Landes entwickelt, um vom Computer aus Potenziale für Erdwärme und Rohstoffvorkommen zu suchen und gegebenenfalls zu nutzen.

3D-Grafik des Rhein-Main-Gebiets. Mit dem Modell „Hessen 3D“ lässt sich der Untergrund bis in rund fünf Kilometer Tiefe darstellen. Bild: Dirk Arndt

Allem voran sollen Gebiete mit geothermischem Potenzial ausfindig gemacht werden, die sich für den Bau von Erdwärme-Kraftwerken eignen. Schon jetzt ist klar: „Im Oberrheingraben eignen sich die 280 bis 300 Millionen Jahre alten Gesteine der Rotliegend sehr gut“, erläutert Kristian Bär, der als Mitarbeiter desFachgebietes Angewandte Geothermie unter Leitung von Prof. Ingo Sass den geothermischen Teil des 3D-Modells im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelte. „Prinzipiell ist es sogar in ganz Hessen möglich, Erdwärme zur Stromerzeugung zu nutzen – sofern die Wasserdurchlässigkeit der tiefen Gesteinsschichten zuvor durch ein etabliertes Verfahren der Erdölindustrie erhöht wird.“ Das Umweltministerium will aber auch Orte zur Speicherung von CO2 im Untergrund ausfindig machen.

Rohstoffe am Computer finden

Prof. Andreas Hoppe, in dessen Arbeitsgruppe das geologische 3D-Modell entstand, sieht noch weitere Nutzungsmöglichkeiten: „Geologie wird endlich anschaulich – selbst die für europäische Verhältnisse sehr abwechslungsreiche Geologie Hessens. Hier finden sich ganz unterschiedliche Rohstoffe, wie etwa die begehrten Sand- und Kiesvorkommen oder auch Kali-Lagerstätten in vielen hundert Metern Tiefe. Die Gewinnung der Massenrohstoffe wird durch Überbauung und Überplanung für andere Nutzungen immer schwieriger, und Kalium ist als Dünger nicht zu ersetzen.“

Neben Entscheidungsträgern aus der Politik werden aber auch Bauträger und Nicht-Regierungs-Organisationen virtuell in den Untergrund eintauchen und direkt sehen können, welche Gesteinsformationen in welchen Dimensionen und Tiefen vorliegen. „Eventuelle Nutzungskonflikte sind einfach zu visualisieren und damit klar verständlich“, betont Hoppe.

Allerdings handelt es sich bei „Hessen 3D“ um ein Modell, das insbesondere den tiefen Untergrund bis in rund fünf Kilometer darstellt. Fragen zur Grundwasser-Nutzung beispielsweise lassen sich damit also nicht klären. Hierfür hat das Darmstädter Institut andere Modelle entwickelt, etwa zum Fuldaer Raum und der Hanau-Seligenstädter Senke. „Nicht zuletzt“, freut sich Dirk Arndt, der das geologische Modell im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelt hat, „konnten wir durch den Datenabgleich auch Irrtümer in jüngeren Karten korrigieren.“

Geologie für alle

Das Landesamt für Umwelt und Geologie hat die wichtigsten Daten, Erläuterungen und Karten beziehungsweise Schnittdarstellungen zur Geologie und zum geothermischen Potenzial bereits online und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

In Zukunft soll der Nutzer darüber hinaus beliebige 3D-Ausschnitte selbst aufrufen, zusammenstellen und aus unterschiedlichen Perspektiven anschauen können. Das Landesamt arbeitet hierfür an einem „Viewer“, einer Software, mit der die kompletten Inhalte von „Hessen 3D“ interaktiv dargestellt werden können. Das Modell ist übrigens in seiner jetzigen Form nicht statisch. Sollten sich einmal neue Fragestellungen zum hessischen Untergrund ergeben, kann es mit den entsprechenden Daten ergänzt werden.