Eine Kultur der Privatsphäre im Internet

Konkrete Handlungsempfehlungen von acatech

16.05.2013

Eine von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) eingesetzte Projektgruppe zur Internet Privacy hat ihre Arbeit mit konkreten Handlungsempfehlungen abgeschlossen. Neben ihren Empfehlungen präsentierten die Forscher unter Leitung von Prof. Dr. Johannes Buchmann von CASED den Software-Prototypen eines Privatheits-Agenten.

Vernetzt: In Deutschland sind mindestens 50 Millionen Menschen im Web unterwegs. Bild: Paul Glogowski

Dazu legte acatech bei einem Abschlussforum am 15. Mai 2013 in Berlin zahlreiche Empfehlungen vor und präsentierte den Privatheits-Agenten, der die Bürger beim Schutz ihrer Privatsphäre wirkungsvoll unterstützen kann.

Der Prototyp zeigt Nutzern, welche Informationen aus ihren Statusdaten in sozialen Netzwerken abgeleitet werden können, macht unverständliche AGBs zugänglich, verhindert das „Posten“ ungewollter Nachrichten und identifiziert Dienste, die die Privatheitsvorstellungen der Nutzer missachten. Der Agent wurde auf dem Abschlussforum vorgestellt und konnte von Teilnehmern ausprobiert werden.

Privatheit im Netz

Weltweit nutzen heute über 1,5 Milliarden Menschen das Web, in Deutschland mindestens 50 Millionen. Besonders wichtig: Das Internet fördert die freie Selbstbestimmung, demokratische Partizipation und wirtschaftliches Wohlergehen.

Aber nahezu jedes Unternehmen, das seine Dienste im Internet ohne Bezahlung anbietet, verlangt dafür Daten und verdient mit ihnen Geld, zum Beispiel durch ihre Verwendung für gezielte Werbung. So sind persönliche Daten Ware und Währung. Das schürt Misstrauen und viele Internetnutzer sind skeptisch, ob Diensteanbieter mit ihren persönlichen Daten im Internet sorgfältig umgehen und die Privatheit gewahrt wird.

Das Vertrauensverhältnis zwischen Nutzern und Diensteanbietern ist aber die Grundvoraussetzung dafür, das Potenzial des Internets zum Wohle der Gesellschaft voll auszuschöpfen. Darum hat acatech eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projektgruppe unter Leitung von Johannes Buchmann (CASED und Technische Universität Darmstadt) eingesetzt. Die interdisziplinäre Forschungsgruppe hat sich über die Projektdauer von 18 Monaten intensiv damit auseinandergesetzt, wie man Privatheit angemessen gestalten kann.

Handlungsempfehlungen der interdisziplinären Forschergruppe

Die Wissenschaftler aus Recht, Wirtschaft, Technik, Ethik und Soziologie und Wirtschaftsvertreter haben Vorschläge erarbeitet, die einen Beitrag zur Etablierung einer Kultur der Privatheit im Internet leisten.

„Die Zusammenarbeit in der interdisziplinären Arbeitsgruppe hat sich als sehr fruchtbar erwiesen“, sagte der Projektleiter Johannes Buchmann. „Wir hoffen, dass unsere gemeinsam erarbeiteten Handlungsempfehlungen national und international von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufgegriffen werden. Gleichzeitig sehen wir erheblichen weiteren Forschungsbedarf, zum Beispiel bei der Weiterentwicklung unseres Privacy-Agenten.“

Die am 15. Mai veröffentlichen Handlungsempfehlungen richten sich an Politik, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Wissenschaft und umfassen die folgenden Bereiche:

  • BILDUNG
    Ein bewusster Umgang mit dem Internet braucht Internetkompetenz und Internetkompetenz erfordert Bildung. Ein zentrales Ziel ist die Förderung von Internetkompetenz für alle – in Schulen, in der Berufsausbildung und durch öffentliche Kampagnen.
  • RECHT
    Nutzer sollten zum Beispiel ohne Hürden zwischen Diensten wechseln können. Zu verlässlichen Rahmenbedingungen trägt auch die Harmonisierung des Privatheitsrechts bei und die vertrauenswürdige Zertifizierung von Diensten. Wichtig ist aus der Sicht von acatech, dass die Realisierung solcher Vorschriften den Anbietern von Internetdiensten überlassen bleibt.
  • WIRTSCHAFT
    Die Vertrauenswürdigkeit von Internetdiensten ist eine wesentliche Voraussetzung für ihren Erfolg. acatech vertritt die Auffassung, dass ein solches Vertrauen gesteigert werden kann, wenn den Nutzern Optionen gegeben werden, ihre Privatheit individueller zu gestalten. Dazu gehört etwa die Nutzung von Pseudonymen. Außerdem sollen Dienstanbieter die Nutzung von spezieller Software, sogenannten Privacy-Agenten, unterstützen durch zum Beispiel Standardisierung von Schnittstellen. Solche Agenten unterstützen die Nutzer beim Schutz ihrer Privatheit.
  • TECHNIK
    Privatheitsschutz ist wirkungsvoll und gleichzeitig kostengünstig, wenn er schon bei Design und Entwicklung von Internetdiensten berücksichtigt wird. Dazu sind viele technische Werkzeuge notwendig: von langfristig sicherer Kryptographie über Methoden für die anonyme Nutzung von Diensten bis zu Techniken, die das Vergessenwerden im Internet ermöglichen. Solche Lösungen können ihre Wirkung jedoch nur entfalten, wenn sie von Anfang an nutzerfreundlich angelegt sind.

Im Rahmen des Forschungsprojektes sind zwei acatech STUDIEN mit der Bestandsaufnahme zu Beginn des Projektes sowie Privacy Analysen und Optionen für Online Social Networks und E-Commerce (jeweils auf Deutsch und Englisch) und die acatech POSITION (wird in neuem Tab geöffnet) mit den Handlungsempfehlungen Ende des Projektes erschienen.