Das Unwort des Jahres 2013 lautet „Sozialtourismus“
Bekanntgabe des Unwortes zum dritten Mal an der TU Darmstadt
14.01.2014 von pb/kc
Nina Janich, TU-Professorin für germanistische Sprachwissenschaft und Jury-Sprecherin, verkündete am 14.01.2014 an der TU Darmstadt das Unwort des Jahres 2013 „Sozialtourismus.“ Es war häufiger in der Diskussion um Zuwanderung nach Deutschland gefallen.
Die wählt seit 1991 jährlich einen Begriff aus, der in der öffentlichen Kommunikation besonders stark gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstößt. Mit der Wahl möchte die Unwort-Aktion das Augenmerk auf einen bestimmten Sprachgebrauch im öffentlichen Kontext lenken, um dadurch das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung kritisch zu fördern. sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres“
Sowohl in der Politik als auch in den Medien ist das Unwort „Sozialtourismus“ gefallen, um, laut der Jury, gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer und Zuwandererinnen zu machen. Dabei suggeriere das Wort „Tourismus“ Erholung und Vergnügen. Das Wort „Sozial“ reduziere die Zuwanderung auf das Ziel, vom deutschen Sozialsystem zu profitieren. „Dies diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu,“ trägt Janich stellvertretend für die Jury die Begründung vor.
Neben „Sozialtourismus“ befeuern auch die Wörter „Armutszuwanderung“ und „Freizügigkeitsmissbrauch“ die Debatte um Zuwanderung. Doch treibe der Ausdruck „Sozialtourismus“ die Unterstellung einer böswilligen Absicht der Zuwandererinnen und Zuwanderer auf die Spitze, so die Jury.
Jury arbeitet unabhängig, Vorschläge sind willkommen
Die Aktion „Unwort des Jahres“ ist unabhängig von Parteien oder Institutionen. Die Jury besteht aus vier Sprachwissenschaftlern, darunter die , und einem Journalisten. Sie wird jährlich wechselnd durch ein weiteres Mitglied aus dem Bereich des öffentlichen Kultur- und Medienbetriebes ergänzt, in diesem Jahr durch den Schriftsteller Ingo Schulze. Darmstädter Sprachwissenschaftlerin Professorin Nina Janich
In einer neuen Kategorie gibt der Gast sein persönliches Unwort bekannt. Schulze wählte „Arbeitnehmer/Arbeitgeber“: Gehe man bei Arbeit von Leistung und Leistungskraft aus, die der Arbeitnehmer gibt und der Arbeitgeber entgegen nimmt, so verkehre das Wortpaar die tatsächlichen Verhältnisse auf dramatische Weise.
Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich an der Aktion beteiligen und Vorschläge einschicken. Die Jury erhielt 1340 Einsendungen. Insgesamt wurden 746 verschiedene Wörter eingeschickt. Die häufigsten Einsendungen waren „Supergrundrecht“ (45), „Homo-Ehe“ (19), „Ausschließeritis“ (16) und „Armutszuwanderung/-einwanderung“ (15). Für die Wahl ist die Anzahl der Nennungen aber unerheblich.
Vorschläge für das Unwort 2014 können ab sofort jederzeit an die geschickt werden. Aktion „Unwort des Jahres“