Kraftvolles Duo

Mit Laser erzeugter Ionenstrahl in Beschleunigerstruktur eingekoppelt

17.06.2014 von

In Experimenten mit dem Lasersystem PHELIX an der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH in Darmstadt gelang es Wissenschaftlern, mit einem Laser die leichtesten aller Ionen, sogenannte Protonen, zu beschleunigen und sie anschließend in eine konventionelle Beschleunigerstruktur einzukoppeln.

Die LIGHT-Strahlführung ermöglicht die Einspeisung der laserbeschleunigten Ionen in die herkömmliche Beschleunigerstruktur. Bild: G. Otto / GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung

Die Kombination aus Laser und Ionenbeschleuniger ist in Europa einmalig und ermöglicht es, besonders kurze Ionenpulse mit hohen Teilchenzahlen zu erzeugen. Sie können in Experimenten beispielsweise in der Plasmaphysik verwendet werden, um das Innere von Planeten und Sternen zu erforschen.

Die Wissenschaftler lenken den intensiven Lichtpuls des PHELIX-Lasers auf eine dünne Metallfolie. Dadurch werden Protonen von der Materialoberfläche geschleudert, die dort als Verunreinigungen in großer Zahl vorhanden sind. Auf einer Strecke von weniger als einem Zehntel Millimeter erreichen die Protonen ungefähr 15 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Das entspricht 44.000 Kilometern pro Sekunde – sie würden in einer Sekunde die Erde umrunden.

Die Protonen verlassen die Folie jedoch in einem großen Winkelbereich und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. An den Austrittspunkt schließt sich ein spezieller spulenförmiger Magnet an, der vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf entwickelt wurde, sowie ein 55 Zentimeter langes Stück konventioneller Linearbeschleuniger. Die Kombination der beiden erlaubt es, die Ionenpulse zu bündeln, zu formen und die Geschwindigkeiten der Protonen anzugleichen. Der so präparierte Strahl ist nun nutzbar und kann weitertransportiert und beispielsweise zu einem Experimentierplatz gelenkt werden.

Drei Wochen Experimentierzeit

„Die mit dem Laser erzeugten Teilchenpulse zeichnen sich insbesondere durch ihre Kürze und die hohe Teilchenzahl aus“, erklärt Simon Busold von der Technischen Universität Darmstadt, der das Experiment im Rahmen seiner Doktorarbeit maßgeblich mit aufbaute und an der Ausführung beteiligt war. „Wir konnten in den drei Wochen Experimentierzeit reproduzierbar Pulse erzeugen, die nur wenige Nanosekunden lang sind und eine Milliarde Protonen enthalten.“

Pro Puls lassen sich also sehr große Teilchenzahlen erzielen, jedoch ist die Wiederholrate der Pulse nicht sehr hoch. Im Vergleich dazu liefert ein herkömmlicher Beschleuniger weniger Teilchen in einer Nanosekunde, jedoch kann er fast kontinuierlich Strahl abgeben. Beide Techniken sind komplementär und zur Untersuchung unterschiedlicher physikalischer Phänomene sinnvoll.

Die kurzen Pulse sind beispielsweise für die Forscher in der Plasmaphysik von großem Interesse. Schon jetzt erzeugen sie mit der herkömmlichen GSI-Beschleunigertechnik dichte Plasmen durch den Aufprall von schweren Ionen auf eine Materialprobe. Aufgrund der hohen Dichte dringen kaum Informationen aus dem Inneren nach außen. Ein hochintensiver, kurzer Protonenpuls, wie ihn die Laserbeschleunigung erzeugt, könnte das Plasma jedoch durchqueren und Informationen über den Zustand im Inneren liefern. Vergleichbare Plasmen findet man auch in Planeten und Sternen, weshalb die Forscher sich durch die Experimente neue Erkenntnisse über diese Materieform im Weltall versprechen.

Junge Feld der Laserbeschleunigung

„Die Kombination von klassischer Beschleunigertechnologie und Laserbeschleunigung bei GSI ist etwas Einzigartiges“, sagt Dr. Abel Blazevic, Leiter der GSI-Abteilung Plasmaphysik-Detektoren. „Das Experiment ist wichtig für das junge Feld der Laserbeschleunigung, das sich noch im Entwicklungsstadium befindet. Wir wollen das System in nächster Zeit ausbauen. Mein Ziel ist es, dass wir irgendwann unseren Laserbeschleuniger anderen Forschern für die Durchführung ihrer Experimente anbieten können.“

Für die Zukunft, insbesondere für die Nutzung an der Beschleunigeranlage FAIR, sind weitere Verbesserungen geplant: Langfristig streben die Forscher höhere Energien und Intensitäten sowie andere Ionensorten an. Alternativ zum spulenförmigen Magneten sollen auch Permanentmagnete zur Bündelung des Ionenstrahls untersucht werden. Momentan kann der PHELIX-Laser einmal in 90 Minuten einen Lichtpuls abgeben. Auch eine Erhöhung dieser Wiederholrate ist geplant.

Die Forschungsarbeit erfolgte im Rahmen der LIGHT-Kollaboration (Laser Ion Generation, Handling and Transport). LIGHT wird von der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert, Partner sind neben den Initiatoren von der Technischen Universität Darmstadt (Kollaborationssprecher: Professor M. Roth) und von GSI das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, die Goethe-Universität Frankfurt sowie das Helmholtz-Institut Jena.