„Lügenpresse“ ist Unwort des Jahres 2014

Jury gibt Unwort an der TU Darmstadt bekannt

13.01.2015 von

Mit dem Ausdruck „Lügenpresse“, der bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff war, würden Medien pauschal diffamiert, so die Jury-Vorsitzende und TU-Professorin für germanistische Sprachwissenschaft Nina Janich. Die Jury rügte des Weiteren die Ausdrücke „erweiterte Verhörmethoden“ und „Russland-Versteher“.

Professorin Nina Janich, Jury-Sprecherin der sprachkritischen Aktion, gibt das Unwort 2014 bekannt. Bild: Nadia Rückert

Die sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres“ wählt seit 1991 jährlich einen Begriff aus, der in der öffentlichen Kommunikation besonders stark gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstößt. Mit der Wahl möchte die Unwort-Aktion das Augenmerk auf einen bestimmten Sprachgebrauch im öffentlichen Kontext lenken, um dadurch das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung kritisch zu fördern.

Der Ausdruck „Lügenpresse“ war bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff und diente auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien. Im Rahmen der Pegida-Kundgebungen wurde der Ausdruck von den Teilnehmern wieder verstärkt aufgegriffen.

„Mit dem Ausdruck „Lügenpresse“ aber werden Medien pauschal diffamiert, weil sich die große Mehrheit ihrer Vertreter bemüht, der gezielt geschürten Angst vor einer vermeintlichen „Islamisierung des Abendlandes“ eine sachliche Darstellung gesellschaftspolitischer Themen und differenzierte Sichtweisen entgegenzusetzen“, so die Begründung der Jury für die Wahl. Eine solche pauschale Verurteilung verhindere fundierte Medienkritik und leiste „somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit.“

Jury arbeitet ehrenamtlich und unabhängig

Die Aktion „Unwort des Jahres“ ist unabhängig von Parteien oder Institutionen. Die Jury besteht aus vier Sprachwissenschaftlern, darunter die Darmstädter Sprachwissenschaftlerin Professorin Nina Janich, und einem Journalisten. Sie wird jährlich wechselnd durch ein weiteres Mitglied aus dem Bereich des öffentlichen Kultur- und Medienbetriebes ergänzt, in diesem Jahr durch die Autorin, Moderatorin und Journalistin Christine Westermann.

Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich an der Aktion beteiligen und Vorschläge einschicken. Die Jury erhielt für das Jahr 2014 1246 Einsendungen. Insgesamt wurden 733 verschiedene Wörter eingeschickt. Die häufigsten Einsendungen waren „Putin-Versteher / Russland-Versteher“ (zusammen 60-mal), „PEGIDA“ (44-mal), „Social Freezing“ (29-mal), „tierische Veredelung / Veredelungsindustrie / Veredelungswirtschaft“ (in allen Varianten 25-mal) und „Gutmensch / Gutmenschentum“ (zusammen 15-mal). Für die Wahl des Unwortes des Jahres ist die Anzahl der Nennungen aber nicht maßgebend.

Vorschläge für das Unwort 2015 können ab sofort jederzeit an die Aktion „Unwort des Jahres“ geschickt werden.