Vorbereitung auf das Forscherleben
Studienprojekte aus der synthetischen Biologie
16.02.2015 von kc
Plastikabbau, Giftdetektoren, Solarzellen – seit 2012 gibt es das iGEM-Team Darmstadt. Drei Projekte haben die Studierenden schon bearbeitet, geprägt von Rückschlägen und Erfolgen. Im Jahr 2014 belegten sie beim großen internationalen Wettberwerb den dritten Platz.

Es begann 2012 mit dem Plastikmüllproblem. Polyethylenterephthalat (PET) ist fester Bestandteil des alltäglichen Lebens. In Verpackungen, Textilien und Plastikflaschen wird der Kunststoff eingesetzt. Ein Recycling ist zwar möglich, doch trotzdem landen weltweit tonnenweise Plastikabfälle in der Natur. Über 300 Jahre dauert der natürliche Abbau von PET, nach und nach werden dabei die Teile in immer kleinere Bausteine zerlegt und gelangen in die Nahrungsketten vieler Tiere. »Es gibt bereits Enzyme, die PETähnliche Stoffe verwerten«, sagte im Jahr 2012 iGEM-Mitglied Marie Burghard. Also versuchten die Studierenden die DNA von Bakterien so zu kombinieren, dass sie PET-Abbauenzyme herstellen und die Abbauprodukte dann zur Gewinnung neuer Produkte nutzen: . Recycling auf kleinster Ebene
Was heute daraus geworden ist? »Die meisten iGEM-Projekte haben einen viel höheren Anspruch als das, was am Ende dabei herauskommt«, gibt Daniel Sachs zu, der seit 2012 dabei ist. Es gehe jedoch auch nicht darum, einwandfrei umsetzbare Konzepte zur Weltverbesserung zu entwickeln. »Die Studierenden sollen etwas lernen und versuchen, ein Problem mit den Mitteln der synthetischen Biologie zu lösen«, sagt Professor Heribert Warzecha, der das Projekt betreut.
Lernprozesse für die Problemlösung
Und auch Rückschläge einstecken gehört zum Lernprozess, denn in der Forschung gibt es zahlreiche davon. Einer der größten war sicherlich das : »Wir wollten Bakterien so verändern, dass sie Gifte von Schimmelpilzen per Lichtsignal anzeigen«, erinnert sich Carmen Klein. Dieses Lichtsignal sollte dann von einem Sensor aufgenommen und auf ein Smartphone mit einer eigens dafür entwickelten App übertragen werden. iGEM Projekt 2013
Die Vision: Kontaminierte Lebensmittel schnell erkennen. Das mit der App klappte. Aber: »Leider konnten wir das Projekt nie vervollständigen«, sagt Carmen Klein. Die Bakterien sendeten nicht das erforderliche Lichtsignal. »Wir stützten uns auf eine wissenschaftliche Veröffentlichung, konnten deren Ergebnisse jedoch nicht reproduzieren«, erklärt Sachs. Eine Erfahrung mit Lerneffekt: »Genau diese Situationen bereiten uns aufs Forscherleben vor. Man wird stets im Unbekannten arbeiten, es ist ganz normal, dass nicht alles funktioniert«, sagt Klein.
Pflanzenfarbstoff als Antrieb
In diesem Jahr hat am Ende alles funktioniert. Das iGEM-Team hat es geschafft, – und dieser kann eine Solarzelle antreiben. »Ein Tag ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Als wir unsere Zellen aus dem Brutschrank genommen haben und sie wegen des erfolgreich hergestellten Farbstoffes rot waren«, erinnert sich Bastian Wagner. Bakterien so zu konzipieren, dass sie einen Pflanzenfarbstoff herstellen
Auch der Moment, als das Team beim Wettbewerb in Boston ins Finale kam, hat sich eingeprägt. »Ich war total fertig – vor Freude, aber auch weil wir nochmal vor über 2.000 Menschen unser Projekt präsentieren mussten«, erzählt Thomas Dohmen. Die Anstrengungen wurden belohnt, das Team erreichte den dritten Platz. Und wo bis vor Kurzem ein ausgestopfter Kormoran in der Vitrine stand, glänzen im Gebäude am botanischen Garten heute die erkämpften Trophäen – und dort ist noch Platz für weitere.
Der Coach
Tuning mit synthetischer Biologie
Der Biologieprofessor Heribert Warzecha betreut das iGEM-Team Darmstadt. Im Interview spricht er über synthetische Biologie, motivierte Studierende und die Zeit nach dem Erfolg.
hoch3: Herr Herr Warzecha, bei iGEM dreht sich alles um die synthetische Biologie. Was muss man sich darunter vorstellen?
In der Biotechnologie werden die Eigenschaften von Organismen genutzt, um beispielsweise Brot zu backen oder Bier zu brauen. Die synthetische Biologie geht einen Schritt weiter. Wissenschaftler verändern Organismen so, dass sie anders als durch die Evolution vorgegeben auf die Umwelt reagieren. Organismen vom Reißbrett planen – das wäre die Königsdisziplin der synthetischen Biologie. Dafür reichen unser Verständnis und die Möglichkeiten aber bisher nicht. Wir kennen die Funktionen der ganzen Gene noch nicht, und es ist bisher unmöglich, eine Zelle aus unbelebter Materie zu erschaffen. Die Hülle muss nach wie vor noch irgendwoher kommen.