„In die Umgebung hineingedichtet“

Ausstellung: Der Architekt und Hochschullehrer Friedrich Pützer (1871-1922)

04.09.2015 von

Vielen Darmstädterinnen und Darmstädtern ist er ein Begriff: Friedrich Pützer, der Architekt des Darmstädter Hauptbahnhofs, der Pauluskirche oder eines Institutsgebäudes der TU Darmstadt. Anlässlich der Sanierung des von ihn entworfenen Hörsaalgebäudes in der Hochschulstraße erinnert die TU mit einer Ausstellung an Pützer, den Architekten des Gebäudes.

Die Postkarte von 1930 zeigt das von Pützer geplante Paulusviertel. Bild: Stadtarchiv Darmstadt

Die Ausstellung „In die Umgebung hineingedichtet. Friedrich Pützer – Bauten und Projekte des Architekten, Städtebauers und Hochschullehrers“ findet vom 6. September bis zum 11. Oktober 2015 in der Kunsthalle Darmstadt statt. In den dortigen Studioräumen werden Pützers wichtigste Lebensstationen und exemplarische Werke präsentiert.

Die Ausstellung zeigt wichtige Meilensteine seines architektonischen Schaffens anhand von Modellen im Maßstab 1:100. Sie erlaubt anhand von Fotos, Skizzen und privater Korrespondenz sogar einen kleinen Blick auf den Privat- und Familienmenschen Friedrich Pützer, der mit gerade 50 Jahren, am 31. Januar 1922 starb.

Die vom Präsidium der TU Darmstadt finanzierte Ausstellung erschließt erstmals Pützers Gesamtwerk und ordnet es zum ersten Mal in seinen architekturhistorischen Zusammenhang ein. Die Ausstellung wird organisiert vom Universitätsarchiv der TU Darmstadt unter der Leitung von Dr. Annegret Holtmann-Mares und von der Architekturhistorikerin Dipl. Ing. Mona Sauer kuratiert. Zur Ausstellung ist ein von Prof. Dr. Regina Stephan herausgegebener Ausstellungskatalog erschienen, der zahlreiche Beiträge von ausgewiesenen Architekten, Kunsthistorikern und Historikern vereint.

In die Umgebung hineingedichtet
Friedrich Pützer – Bauten und Projekte des Architekten, Städtebauers und Hochschullehrers

Ausstellung vom 6. September bis zum 11. Oktober 2015 in der Kunsthalle Darmstadt, Steubenplatz 1,
64293 Darmstadt

Vorträge

Donnerstag, 10.09.15, 19.00 Uhr
Harmonie und sinnberückende Wirkung – Friedrich Pützer als Städtebauer“, Prof. Werner Durth

Donnerstag, 17.09.15, 19.00 Uhr
„Friedrich Pützer im Wettbewerb um öffentliche Bauaufträge“, Dr. Ralf Dorn

Donnerstag, 24.09.15, 19.00 Uhr
… in kultureller Hinsicht von größter Bedeutung … – Professor Pützer als Denkmalpfleger für Rheinhessen“, Dr. Joachim Glatz, Landeskonservator i.R.

Donnerstag, 01.10.15., 19.00 Uhr
Die Sanierung des Uhrturms der Technischen Universität Darmstadt“, Anette Hochberg

Donnerstag, 08.10.15., 19.00 Uhr
Um 1900. Ideen und Konzepte für das Wohnen auf der Mathildenhöhe“, Prof. Regina Stephan

Ein erfolgreicher und beliebter Hochschullehrer der TH Darmstadt

Der Pützerturm der Firma Merck um 1905. Bild: Merckarchiv
Der Pützerturm der Firma Merck um 1905. Bild: Merckarchiv

Pützer war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein hoch geschätzter Architekt und Städtebauer. Als erfolgreicher und beliebter Hochschullehrer der damaligen TH Darmstadt bildete er in seiner über 20-jährigen Lehrzeit ganze Generationen von Architekten aus, nahm maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Fachs Architektur und brachte nach dem Ersten Weltkrieg als Rektor wichtige strukturelle Hochschulreformen auf den Weg.

Weitere Akzente setzte Pützer als Denkmalpfleger der Provinz Rheinhessen. Der Katholik Pützer prägte zudem als langjähriger Kirchenbaumeister der evangelischen Landeskirche Hessens deren Erscheinungsbild in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Folgerichtig machen Kirchenbauten einen bedeutenden Anteil an seinen über 70 realisierten Bauprojekten aus, die er als freischaffender Architekt verwirklichte.

In zahlreichen Wettbewerben konkurrierte er erfolgreich mit anderen Architekten, darunter auch mit dem gleichfalls in Darmstadt tätigen Joseph Maria Olbrich. Nicht Olbrich, sondern Pützer erhielt den Auftrag für den 1912 fertiggestellten Bau des Darmstädter Hauptbahnhofs.

Von Aachen nach Darmstadt

Pützer wurde am 25. Juli 1871 in Aachen geboren und studierte von 1889 bis 1894 an der dortigen Technischen Hochschule Architektur. Sein zeichnerisches Talent stellte Pützer als Mitarbeiter seines maßgeblichen Lehrers Karl Henrici unter Beweis, als dieser ihn 1893 mit den Zeichnungen zu seinem Städtebauentwurf für München beauftragte. Es folgten Entwurf und Bau einer Evangelischen Kirche für Herzogenrath (1897-1998) und mit dem Burghaus Ficht-Classen (1899-1901) ein großes Privathaus für einen Aachener Unternehmer.

1897 erhielt Pützer vermutlich auf Empfehlung des ebenfalls aus Aachen stammenden Architekturprofessors der TH Darmstadt, Georg Wickop, eine Stelle als Assistent für Baukunst an der TH. Nach seiner Habilitation 1898 lehrte Pützer über zwanzig Jahre, seit 1900 als außerordentlicher und seit 1902 als ordentlicher Professor für Baukunst. Als beliebter Lehrer insbesondere für Städtebau und Kirchenbau, als jahrelanger Abteilungsleiter für Architektur, als Architekt des Institutserweiterungsbaus und als Rektor machte sich Pützer in vielfacher Weise um die TH Darmstadt verdient.

Im Bewusstsein seiner Zeitgenossen war Pützer nicht nur ein Kirchenbauer, der so bedeutende Kirchen wie die Darmstädter Pauluskirche sowie die Wiesbadener und die Wormser Lutherkirche baute. Deutschlandweit war er einer der bedeutendsten Vertreter des so genannten „Malerischen Städtebaus“. Dies manifestiert sich in seinen Planungen für das Darmstädter Paulusviertel und die Arbeiterkolonie der Firma Merck, für die Villenkolonie Buchschlag und das Mainzer Zitadellengebiet.

Der private Wohnungsbau kann exemplarisch anhand Pützers eigenem Wohnhaus auf der Mathildenhöhe (1908-1909) beleuchtet werden. Als Teilnehmer an Wettbewerben für öffentliche und Industriebauten war Pützer beispielsweise beim Kreishaus in Hanau (1901-1903) oder beim Darmstädter Hauptbahnhof (1907-1912) erfolgreich.

Die Pauluskirche in Darmstadt, errichtet von 1905 bis 1907 nach den Entwürfen von Pützer. Bild: Stadtarchiv Darmstadt
Die Pauluskirche in Darmstadt, errichtet von 1905 bis 1907 nach den Entwürfen von Pützer. Bild: Stadtarchiv Darmstadt