Effizienter und schadstoffärmer fliegen

TU Darmstadt und Rolls-Royce arbeiten an Weiterentwicklung von Triebwerken

22.03.2016

Blick auf die Drallgeber des Turbinenprüfstands der TU Darmstadt, die die Strömung einer Brennkammer nachempfinden sollen. Bild: Rolls-Royce Deutschland
Blick auf die Drallgeber des Turbinenprüfstands der TU Darmstadt, die die Strömung einer Brennkammer nachempfinden sollen. Bild: Rolls-Royce Deutschland

Die TU Darmstadt und Rolls-Royce arbeiten an der Weiterentwicklung von Flugzeugtriebwerken, die immer strengeren gesetzlichen Normen genügen müssen. Im Forschungszentrum „Combustor and Turbine Aerothermal Interaction“ im Fachbereich Maschinenbau auf dem Campus Lichtwiese geht es um die kombinierte Optimierung von Brennkammer und Turbine, um neue Verbrennungstechnologien und um Turbinen-Design. Und zwar sowohl an einem experimentellen Turbinenprüfstand der Superlative als auch mithilfe von Simulationsverfahren. Felix Raynaud und Verena Klapdor haben im Forschungszentrum die Basis für ihre beruflichen Erfolge gelegt. Zwei Porträts.

Begeisterter Nachwuchswissenschaftler

Félix Raynaud. Bild: Rolls-Royce Deutschland
Félix Raynaud. Bild: Rolls-Royce Deutschland

Félix Raynaud möchte das Fliegen umweltfreundlicher machen

Félix Raynaud gehört zu den jungen begeisterten Nachwuchswissenschaftlern, die dazu beitragen wollen, das Fliegen sparsamer und weniger umweltbelastend zu machen. Er promovierte bis 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Energie- und Kraftwerkstechnik (EKT) der TU Darmstadt. Thema: „Entwicklung von numerischen Verfahren zur Simulation von Brennkammer-Turbine-Interaktionen.“ „Bedingt durch mein Studium in Frankreich, wo die Ingenieurausbildung industrienah verläuft, wollte ich eine Promotion, die die Anwendbarkeit von Ergebnissen in den Mittelpunkt meiner Forschung stellt. Deshalb habe mich dazu entschlossen, im Rahmen des Rolls-Royce University Technology Center am Fachgebiet EKT zu promovieren.“

Raynaud hatte zuvor von 2005 bis 2007 ein Ingenieurstudium an der École Centrale de Lyon absolviert. 2009 schaffte er das Doppeldiplom an der TU Darmstadt im Fachbereich Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Aerodynamik und Strömungsmechanik. „Im Rahmen meiner Arbeit am Fachgebiet EKT konnte ich ausführliche Kompetenzen im Bereich Verbrennungsmodellierung und Numerik gewinnen“, sagt der Forscher. „Zu meinen Aufgaben zählte aber auch die Koordination eines von Rolls-Royce initiierten und fachübergreifenden Forschungsprojekts im Rahmen eines Graduiertenkollegs mit dem Thema „Instationäre Systemmodellierung von Flugtriebwerken“. Dadurch konnte ich Einblicke in weitere Aspekte der Entwicklung von Flugtriebwerken bekommen und Fähigkeiten sammeln, die ich in meiner heutigen beruflichen Position jederzeit nutzen kann.“

Seit knapp einem Jahr ist Raynaud als Ingenieur bei Turbo Science GmbH, einer Ausgründung aus der TU Darmstadt, beschäftigt. Sein Schwerpunkt liegt auf der Simulation von Verbrennungssystemen. „Ich bearbeite zurzeit ein Projekt für Rolls-Royce Deutschland mit dem Thema „Brennkammer-Turbine Interaktion“. Sein nächstes Ziel: Die Akquise weiterer Aufträge und den Aufbau einer neuen Gruppe in seiner Firma im Bereich Verbrennung, „die ich dann leiten werde.“

feu

Ingenieurin mit ganzheitlichem Blick

Verena Klapdor. Bild: Siemens AG
Verena Klapdor. Bild: Siemens AG

Alumna Verena Klapdor bringt die Entwicklung von Verbrennungssystemen voran

Neues ausprobieren, einen Blick über den Tellerrand wagen und immer im Auge behalten, welchen Beitrag neue Technologien zum Wohl der Gesellschaft leisten können: Dies motiviert Verena Klapdor seit Beginn ihres Ingenieurstudiums und treibt sie auch jetzt als Teamleiterin in der Entwicklungsabteilung der Siemens AG an.

Die Initialzündung zur Entscheidung für den Maschinenbau gab eine Vorlesung zu Abfalltechnologien und deren Einsatzmöglichkeiten im Umweltschutz: „Da habe ich gemerkt, dass man damit eigentlich alles machen kann“, erzählt die 33-jährige Verena Klapdor. In Mathematik und Physik war sie ohnehin immer sehr gut und die naturwissenschaftlich-technischen Fächer lagen ihr am meisten. Dennoch hatte sie ein Ingenieursstudium zunächst nicht im Blick und entschied sich für Jura: „Physik galt als zu schwierig für Frauen und in technischen Berufen gab es in meinem direkten Umfeld keine weiblichen Vorbilder.“ Ihr heutiges Engagement für den Verein „Femtec.Alumnae e.V.“, ein Netzwerk von MINT-Frauen zur Förderung junger Naturwissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen, rührt aus diesen Erfahrungen.

Nach dem Bachelorstudium „Science in Mechanical Engineering“ an der Universität Duisburg-Essen zog es sie zunächst für sieben Monate nach China, wo sie unter anderem ein Praktikum bei der Siemens Dampfturbinenfertigung in Shanghai absolvierte. Im Anschluss daran wählte Klapdor die TU Darmstadt für ein Masterstudium im Bereich Strömungsmaschinenbau.

„Ich habe mich immer gefragt, wie aus der Grundlagenforschung, die wir betreiben, ein Produkt wird und wie man dieses Produkt optimieren kann.“ Nach ihrer Masterarbeit am Fachgebiet Energie- und Kraftwerkstechnik (EKT) konnte sie dann richtig kreativ werden und mit Hilfe der numerischen Methoden zur Simulation von Brennkammern, die sie im Zuge der Arbeit erforschte, selbst Formeln entwickeln und implementieren. Ihre Doktorarbeit entstand im Rahmen des Forschungszentrums „Combustor and Turbine Aerothermal Interaction“ (CTI), das die TU Darmstadt und der Triebwerkshersteller Rolls-Royce gemeinsam betreiben und an dem auch das EKT beteiligt ist.

Optimal für umfassendes Know-how

So erhielt sie frühzeitig Einblick in die späteren Anwendungsgebiete ihrer Wissenschaft. „Das EKT ist sowohl numerisch als auch experimentell breit aufgestellt. Das war optimal, um ein umfassendes Know-How in der Verbrennungstechnologie aufzubauen“, sagt Klapdor. Und gefördert vom Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft eignete sie sich im Austausch mit den anderen Doktoranden auch „passives Hintergrundwissen“ zu den anderen Triebwerks-Komponenten an.

Diese „perfekte Kombination aus Wissenschaft und Industrie“ hilft ihr bis heute, die komplexen technischen Herausforderungen bei der Weiterentwicklung von Gasturbinen über die Brennkammer hinaus zu verstehen. Ihre Karriere im Bereich der Gasturbinenentwicklung der Siemens AG in Mülheim an der Ruhr begann sie 2011 als Performance Ingenieurin. Nach einer weiteren Station als Technische Assistentin der Dampfturbinen-Leitung übernahm sie 2014 Führungsverantwortung in der Abteilung für Verbrennung. Seitdem sind an der Schnittstelle zum Kunden und zum Komponentendesign auch ihre Fähigkeiten im Management und in der Personalführung gefragt. „Ich gehe jetzt den nächsten Schritt“, sagt sie, „und bringe mein technisches Wissen nicht nur in die Entwicklung ein, sondern auch in strategische Fragen.“

Jutta Witte