Handwerker, Anatom und Künstler
TU-Beschäftigte im Porträt: Berend Koch, zoologischer Präparator
03.08.2016 von Bettina Bastian
Seit 28 Jahren ist Berend Koch zoologischer Präparator am Fachbereich Biologie. Über die Jahre hat er eine beeindruckende Lehrsammlung, bestehend aus den verschiedensten Tierarten, aufgebaut. Ein Besuch am Arbeitsplatz.
Der Weg zu führt vorbei an vielen Augen. Manche mustern den Vorübergehenden bedrohlich, andere sind halb geschlossen und blicken in die Ferne. Die Augen gehören zu Fischotter, Iltis, Adler, Waldkauz, Fuchs oder Wolf, die hinter Vitrinenglas unbeweglich und doch verblüffend lebensecht verharren. Sie sind Kochs Werk. Er ist wissenschaftlicher Präparator am Berend Koch. Fachbereich Biologie
Seit 1988 ist es Kochs Aufgabe, eine Lehrsammlung für die Studierenden aufzubauen, zu ergänzen und in Schuss zu halten. Die präparierten Tiere aller Art dienen als Anschauungsobjekte für Studierende am Studienanfang, sie geben Aufschluss über Artenvielfalt und Anatomie. Die Studierenden sollen auch lernen, die Tiere anhand eines Bestimmungsschlüssels sicher zu benennen. Tierfilme oder Modelle am Computer sind dafür nicht so gut geeignet wie Tierpräparate, ist Koch überzeugt: „Die genaue Größe eines Tieres wird im Film zum Beispiel gar nicht deutlich.“
Koch hat seine Leidenschaft schon früh entdeckt: Als Kind sammelte er Schneckenhäuser und Schmetterlinge, die er in einem kleinen Museum der Nachbarschaft präsentierte. Neben dem Herumstromern in der Natur besuchte er oft Museen. Ihn faszinierte die Frage, wie die tierischen Exponate hergestellt werden. Nach einem Präparations-Volontariat in Mainz besuchte Koch die Fachschule in Bochum. Wenn er über seinen Beruf spricht, beginnen seine Augen zu glänzen: „Man ist zugleich Biologe, Anatom, Künstler und Handwerker.“
Die Vorgehensweise beim Bau eines Präparats ist im Grunde immer die gleiche, egal ob Vogel oder Säugetier, großer Wolf oder kleiner Maulwurf: Dem toten Tier, das im Idealfall gefroren bei Koch ankommt, werden Haut und Fell, Federn oder Schuppen in einem Stück entfernt – Abbalgen heißt das Prozedere im Fachjargon. Die Haut wird dann gegerbt und Koch stellt aus Polyurethan den Unterbau her, auf den die Haut mitsamt Fell wieder aufgezogen wird.
Hier beginnt die künstlerische Arbeit des Präparators: Er entscheidet, in welcher Pose er ein Tier präsentieren möchte. Stehend, liegend, in Lauerstellung, bei der Nahrungsaufnahme – die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Ein Grundsatz gilt allerdings immer: „Es muss lebendig aussehen, eine typische Position des Tieres sein.“
Seltene Funde
Für Kochs Arbeit wird kein Tier eigens getötet. Er erhält verstorbene Tiere aus Zoos oder bekommt Funde – zum Beispiel vom Straßenrand – vorbeigebracht. Studierende haben sich einmal den Spaß erlaubt, ihm ein Exemplar, von dem nach dem Kontakt mit einem Auto nicht mehr viel übrig war, zu überreichen. Koch bedankte sich erfreut: Er hatte in dem „Flachmann“, wie er solche Funde nennt, eine Nachtigall erkannt. „Die bekommt man fast nie zum Präparieren“, erklärt der 53-Jährige. Und so lohnte sich auch die Mühe, die Koch in die Nachtigall steckte, um daraus ein Präparat zu machen, dem man sein tragisches Ende nicht mehr ansieht.
Mit seinen Fertigkeiten hat Koch auch international überzeugt: An der Wand seines Büros prangen Urkunden mit der Aufschrift „Best in Europe“ und „Best in World“ – der TU-Präparator war Welt- und Europameister in seiner Profession, mittlerweile organisiert er gemeinsam mit einem Kollegen aus der Schweiz die Europameisterschaften.
Besonders gerne präpariert der Ornithologie-Begeisterte Vögel. Sein Steckenpferd ist aber ein anderes. Flügel hat es zwar auch, es gehört aber zur Klasse der Säugetiere: Zur Präparation von Fledermäusen hat Koch eine eigene Methode entwickelt. „Fledermäuse wurden früher oft wie Schmetterlinge aufgespießt auf einer Nadel ausgestellt. Das war für mich wie ein Verbrechen an der Kreatur.“ Man könne Fledermäuse aber genauso schön präsentieren wie andere kleine Säugetiere. Zum Beweis zeigt er das Präparat einer Fledermaus, die im Flug erstarrt zu sein scheint. Die Flügel weit ausgebreitet, steckt ihre Zunge in einer Blüte, um Nahrung aufzunehmen. Ein flüchtiger Moment, festgehalten für die Ewigkeit.